Troubles (German Edition)
noch weiter in den Süden.«
Edwards Miene verfinsterte sich, ganz als denke er »Er lässt uns im Stich«, aber er sagte nichts. Der Major lauschte, wie seine eigenen Worte nach- und widerhallten, und dachte dabei, wie verlogen sie klangen, wie hohl! Er hatte nicht mehr den Willen dazu, Kilnalough ohne Sarah zu verlassen; das Einzige, was ihm noch blieb, war, sich mit dem Gang der Ereignisse treiben zu lassen. Ein fremdes Insekt hatte sich in seiner Willenskraft eingenistet, auf die er immer so stolz gewesen war, hatte unbemerkt daran genagt wie ein Wurm an einem Apfel.
Auf dem Golfplatz erfuhren sie von dem Wunder. Keiner spielte Golf, und dieses eine Mal bot sich niemand als Caddie an. Doch an der Bar für Mitglieder drängten sich die Leute, und ganz anders als sonst herrschte eine ausgelassene Stimmung mit Gelächter und Scherzen. Nur die Ecke der Bar, wo sich sonst die Hilfstruppen aufhielten, blieb leer. Die waren im Einsatz und wollten ihr eigenes Wunder wirken, meinte einer.
Boy O’Neill erzählte ihnen, was geschehen war. Am späten Samstagabend hatte ein junger Seminarist, der im Gebet vor einem Kruzifix kniete, gesehen, wie Blutstropfen aus den Wunden der Christusfigur quollen. Mehrere Stunden lang hatte er dort im Zustand der Ekstase verharrt und hatte nicht sprechen und sich nicht regen können.
Dies war eindeutig ein antibritisches Wunder. Ein Verwandter des Seminaristen war der Mittäterschaft an einem Überfall auf einen Konstabler der königlich-irischen Polizei angeklagt. In Kilnalough hieß es, die Familie des jungen Burschen sei beschimpft und bedroht worden, die Schwarzbraunen hätten sie aus ihrer Hütte gezerrt und an die Wand gestellt, als sollten sie erschossen werden; seine Schwester hatte man gezwungen, im Nachthemd vor ihrem Vater zu tanzen, und die Braunen hätten dazu gejohlt und anzügliche Bemerkungen gemacht. Angesichts einer solchen Bedrängnis gläubiger Menschen sei ein Wunder nur zu erwarten gewesen.
»Was halten Sie davon, Boy?«
»Fauler Zauber.«
»Natürlich ist es fauler Zauber, das liegt auf der Hand … Ich meine: wird es Ärger mit diesem Pack geben? Die Dinge sind ja weiß Gott schon schlimm genug, auch ohne dass wir es mit einem Glaubenskrieg zu tun bekommen.«
»Ach, das ist nur albernes Zeug. In ein oder zwei Tagen haben sie das wieder vergessen. Aber schau mal, wer da gerade gekommen ist, Ted. Man hätte ja doch gedacht, er verbringt den Tag auf den Knien und betet das Wunder an.«
Der Major drehte sich um. Mr. Devlin war eben eingetreten und stand verlegen an der Tür, lächelte beflissen in Richtung einer Gruppe an der Theke, die ihm, ob nun aus Zufall oder mit Absicht, den Rücken zukehrte. Sarah stand neben ihrem Vater. Einen Moment lang trafen sich ihr Blick und der des Majors, doch ihre Miene blieb ausdruckslos. Mr. Devlin hingegen hatte den Blick des Majors bemerkt und grüßte mit überschwänglichem Respekt: Ob der Major und seine Freunde ihm wohl die Ehre erweisen und ihm gestatten würden, sie auf eine Erfrischung einzuladen? Der Major nickte knapp.
O’Neill sagte: »Ich glaube, der grässliche Kerl kommt tatsächlich hier herüber.«
»Ich habe ihn hergebeten«, sagte der Major kühl.
»Also wirklich, Sie wollen doch nicht…«
Sarah, mürrisch, die Augen niedergeschlagen, zögerte einen Moment lang, dann kam sie mit ihrem Vater. Sie bewegte kaum die Lippen, als der Major sie grüßte. Captain Bolton war schweigend nach den Devlins eingetreten und folgte ihnen zu Edward, O’Neill und dem Major an die Bar. Boy O’Neill hatte sich bereits an Mr. Devlin gewandt und erkundigte sich hämisch, was er von dem Wunder halte. Finde er nicht auch, dass es fauler Zauber sei? Mr. Devlin antwortete besonnen; er wisse wirklich nicht, was er davon halten solle, es sei alles so merkwürdig.
»Aber Sie glauben doch besser an das, was Sie vorgeschrieben bekommen, oder, Devlin? Sonst schickt Sie der Priester noch ins Fegefeuer, was?« Erst jetzt fiel dem Major auf, dass O’Neill, der sich vor Lachen schüttelte, ein wenig betrunken war. »Sie finden also, das ist kein fauler Zauber?«
Nun, in solchen Dingen dürfe man natürlich nicht vorschnell urteilen, denn eventuell sei doch mehr daran als man auf den ersten Blick erkenne; so sehe er das jedenfalls …
»So sehen Sie das. Ich nicht. Wenn Sie mich fragen, ein eindeutiger Fall von Hysterie.«
»Also da bin ich mir nicht so sicher …«, hob Devlin hilflos an.
»
Wenn
jemand hysterisch ist, dann weil
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