Troubles (German Edition)
diesem Tag ganz besonders verwöhnt, zum Trost wegen der erlittenen Kränkung.
Eines strahlend kalten Dezembernachmittags traf der Major Padraig auf einem der oberen Treppenabsätze, wo er kummervoll am Fenster stand. Er trug ein schimmerndes Abendkleid aus blassblauem Satin mit passenden Handschuhen und einer Perlenkette um den Hals. Er tat dem Major leid. Er sah sehr einsam aus, wie er so ganz allein dort stand. Mit einem Seufzer trat der Major selbst ans Fenster, um zu schauen, was er betrachtete. Der Ausblick hier war fast der gleiche wie von Angelas Zimmer: da standen ihre »zwei Ulmen und eine Eiche«, letztere dem Vernehmen nach hundertundfünfzig Jahre alt, ein Stückchen von einem Pfad, auf dem die Hunde manchmal trotteten … und jenseits, jenseits dessen, was Angelas trüber werdende Augen noch sehen konnten, fiel das Gelände zu einem Wäldchen hin ab. Und aus diesem Wäldchen kamen die Zwillinge und Viola in Begleitung einiger junger Soldaten der Hilfstruppen, die sie lachend umschwärmten und ihre Kappen in die Luft warfen wie Schuljungen. Die Mädchen hatten sich dicht zusammengedrängt, aber es schien ihnen doch zu gefallen. Sie hatten ein neues Spiel gefunden.
Im Laufe der folgenden Tage sah der Major sie noch ein oder zwei weitere Male alle zusammen, wie sie lachend in einer der entlegeneren Ecken des Parks spazierengingen. Manchmal war auch Padraig in der Nähe, nicht bei ihnen, doch hoffnungsvoll schmollend ein Stück abseits (er tat jedoch, als höre er sie nicht, wenn sie ihn riefen). Der Major schnalzte mit der Zunge. Er sollte Edward wirklich informieren, dass die Zwillinge sich mit jungen Männern von den Hilfstruppen herumtrieben. Aber dieser Tage war es ja aussichtslos, Edward überhaupt etwas zu sagen! Außerdem nutzte Edward seine Gutmütigkeit aus, daran konnte kein Zweifel bestehen; er ließ ihn die ganze Arbeit tun, während er sich daran delektierte, im Ballsaal Ratten in Stücke zu schneiden. Niedergeschlagenheit senkte sich über den Major wie eine Nebeldecke und erstickte ihn. Was für grässliche Tage das waren! Seit Zeiten der römischen Eroberung konnte die Zukunft der britischen Inseln nicht mehr so düster ausgesehen haben; es gab Unruhen überall. Der letzte und schwerste Schlag kam gerade zwei Tage vor dem Fest mit der Nachricht, dass England trotz heldenhafter Verteidigung durch Hobbs und Hendren das erste Testmatch in Australien mit einem erschütternden Rückstand von dreihundertsiebenundsiebzig Runs verloren hatte.
Und schon war Weihnachten, und zumindest zu Anfang war es ein weitaus fröhlicherer Tag als man hätte erwarten können. Edward, von dem jedermann gedacht hatte, dass er den Tag im Ballsaal verbringen und sich gar nicht um die Festlichkeiten kümmern würde, überraschte sie alle mit seiner umtriebigen Art, grüßte munter jeden, der ihm über den Weg lief. Seine gute Laune hielt auch in der Kirche beim vormittäglichen Gottesdienst noch an: Aus vollem Halse sang er die Weihnachtslieder mit, und bei der Predigt konnte man ihn mehrfach zustimmend nicken sehen (wie wohltuend und tugendhaft es sei, wenn man die andere Wange hinhalte). Mit leuchtenden Augen blickte er sich nach den benachbarten Bänken um und lächelte selig die kleinen Kinder an, die ungeduldig neben ihren Eltern hampelten. Anschließend an der Kirchentür unterhielt er sich noch und sprach dabei eindeutig zu laut, ebenso bei dem geselligen Beisammensein mit Sherry im großen Salon vor dem Mittagessen; aber im Vergleich zu dem was man hätte erwarten können … ! Der Major stieß einen großen, wenn auch vorläufigen Seufzer der Erleichterung aus.
Nach dem Essen kam der Major irgendwie darauf, dass er schon lange nichts mehr von Dr. Ryan gehört hatte, und er fragte Padraig, wie es dem alten Mann gehe.
»Ach, immer so.«
»Und er hat sich noch nicht wieder mit deinen Eltern versöhnt?«
»Nein.« Padraig schüttelte den Kopf. Ihm war nicht wohl in seiner Haut. Seine Eltern hatten ihm Boxhandschuhe zu Weihnachten geschenkt, die er jetzt an ihren Bändern wie aufgedunsene abgeschlagene Hände um den Hals hängen hatte. Ein wirklich unglücklicher Zufall wollte es, dass ein kleiner dicker Junge in kurzen Hosen, Dermot, der zwei Tage zuvor mit seinen Eltern für die Feiertage eingetroffen war, ebenfalls Boxhandschuhe bekommen hatte. Die Zwillinge, denen zwei lockige Jünglinge in Zivil (in denen der Major nichtsdestoweniger zwei Soldaten der Hilfstruppen aus dem Garten wiedererkannte) zur
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