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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Kragen, »warum setzen Sie sich nicht irgendwohin und lassen mich meine Arbeit tun?«
    Aber auch der alte Mann hatte nun schlechte Laune. Wahrscheinlich war er hungrig, auch wenn er das Gegenteil beteuerte. Und er redete nun auch wieder wirres Zeug … bald werde Fanny kommen, mit ihren Eltern, er erwarte sie zu Weihnachten. Der Major wusste nicht, wer Fanny war. Aber er nahm an, dass es sich um die Frau des Doktors handelte, seit vierzig oder noch mehr Jahren tot. Und niemand kam – was unter den Umständen auch nur gut so war.
    Aber dann ging dem Doktor offenbar doch auf, dass er unhöflich war, er trottete davon und kehrte gleich darauf mit zwei Weingläsern und einer Flasche Sherry zurück. Sie tranken gemeinsam und wünschten einander Frohe Weihnacht … Während jedoch das Hühnchen im Ofen brutzelte und sie mit knurrendem Magen warteten (auch der Major hatte jetzt einen entsetzlichen Hunger, als hätte er schon seit Tagen nichts mehr gegessen), dass das verdammte Ding endlich gar war, brummte der alte Arzt, auch wenn er sich sichtlich Mühe gab, freundlich zum Major zu sein, immer wieder »verfluchter Engländer!« vor sich hin, was den Major doch einigermaßen aus der Fassung brachte.
    Bald erfüllte ein verlockender Duft die Küche, der Duft von Brathuhn – aber davon wurden sie nur noch hungriger und noch reizbarer, und es blieb auch immer noch eine Menge zu tun. Es war Zeit, beschloss der Major, dass sie die Gemüse ansetzten. Tat man das Salz gleich zu Anfang in den Topf?
    »Verfluchter Engländer!«, schnaubte der Doktor. Doch dann schlug seine Stimmung plötzlich um, beinahe behutsam sagte er, der Major solle sich keine Sorgen machen, das Leben sei eine flüchtige Angelegenheit, bestenfalls, er müsse das wissen, er sei seit sechzig Jahren Arzt … Dann schlurfte er zur Toilette, denn das kalte Wetter und der Wein setzten seiner Blase zu, und als er zurückkehrte, sagte er, dass Menschen nicht von Dauer seien, sie hielten nicht. Er selbst werde nicht mehr lange da sein, aber das sei der Lauf der Natur, der Körper vergehe … Auch der Major werde nicht mehr lange da sein, und damit müsse man sich abfinden, man müsse Platz machen für Kinder und Enkelkinder … er selbst hatte sich damit abgefunden, es war ihm nichts anderes übriggeblieben, schon als er noch ein junger Bursche war, so alt wie der Major jetzt. Doch seine Blase unterbrach ihn von Neuem, auch wenn er gerade erst auf der Toilette gewesen war, und der Major stocherte verzweifelt in den kochenden Kartoffeln und dem Rosenkohl, beides noch hart wie Stein. Seltsam, sagte der Doktor bei seiner Rückkehr, dass eine junge Frau, die einem doch wie etwas Festes, Solides vorkomme, hart wie Granit, nicht beständiger sei als ein Streichholz, das aufflammte, ein kurzer Lichtschein, das Dunkel vorher und das Dunkel danach … Menschen sind nicht beständig, sie halten nicht … So redete er vor sich hin, und der Major knirschte mit den Zähnen und stocherte mit der Gabel im Gemüse.
    Endlich war aber doch alles fertig, und sie setzten sich zu ihrer Mahlzeit an den Küchentisch. Noch einmal prosteten sie sich zu, und tatsächlich, dachte der Major, nun, wo sie aßen – wenn man die Umstände berücksichtigte, dann war es gar nicht schlecht, auch wenn die Kartoffeln noch ein wenig hart waren. Der Doktor war allerdings müde und aß nur wenig – wahrscheinlich hatte der Wein ihn schläfrig gemacht. Der Major geleitete ihn zu seinem Lehnstuhl im Nebenzimmer und schürte das Feuer, dämmte es mit feuchter Schlacke ein, damit es noch den Abend über hielt. Dann schnitt er ein Stück Hühnerbrust ab und stellte es dem alten Mann zusammen mit einem Glas Portwein zur Seite, für den Fall, dass er später hungrig war. Dr. Ryan döste bereits, den Kopf gegen ein Ohr des Sessels gelehnt. Der Major verabschiedete sich und sagte noch, dass er morgen wieder vorbeischauen und vielleicht Padraig mitbringen werde. Ohne noch einmal die Augen zu öffnen murmelte der alte Mann leise eine Antwort, die womöglich »verfluchter Engländer!« lautete.
    Edward hatte mit seiner Flinte auf Murphy geschossen! Er hatte die Nerven verloren und versucht, den alten Hausdiener umzubringen. Die Belastung war zu groß für ihn gewesen.
    Schon den ganzen Nachmittag über goss es, und der Regen peitschte die Pfützen an den Straßenrändern auf; die Räder des Standard schleuderten große Bugwellen hoch, die auf Hecken und Mauern spritzten. Doch der Blick des Majors war ganz auf die

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