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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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den Treppenabsätzen ihren Dienst quittieren, stets erschien Edward auf die Minute genau zur Abendmahlzeit. War etwas nicht in Ordnung? Ein Unglück? Um zehn nach sieben kam ein Dienstmädchen und brachte einen Zettel, auf dem Edward den Major bat, er solle den Vorsitz übernehmen. Er sei beschäftigt. Die Damen wechselten vielsagende Blicke. Es war eine Sache (sagten diese Blicke), wenn man mit dem kommandierenden Offizier im Schützengraben saß, aber eine ganz andere, wenn man allein dort hockte und wusste, dass er sich irgendwo hinter den Linien vor dem warmen Feuer räkelte.
    Als Angela noch am Leben war, hatten die Spencers an einem eigenen Tisch am gegenüberliegenden Ende des Speisesaals gegessen, weit ab von den Gästen, doch nun hatten Tod, Niedergang und die Ankunft des Winters sie näher zueinander getrieben, und sie aßen gemeinsam an zwei großen Tischen, bei denen normalerweise Edward an einem und der Major am anderen den Vorsitz führte. Wie es das Ritual gebot, griff der Major nun zu der schweren Handglocke und läutete kräftig, und dann ging er zu der kleinen in der Eichenvertäfelung verborgenen Tür. Er hielt sie auf, damit Mrs. Rappaport heraustreten konnte. Dies tat sie auch sogleich, gefolgt von dem rotbraunen »Kätzchen« (inzwischen eine kräftige Katze). Sie hakte sich bei ihm ein und gestattete ihm, dass er sie zur Tafel führte. Schweigend half der Major ihr auf ihren Stuhl, den, der dem Kaminfeuer am nächsten stand, band ihr eine Serviette um und drückte ihr einen silbernen Löffel in die Hand. Neben ihrem Stuhl stand für die Katze ein Schemel, denn sie war jetzt zu groß und schwer, um beim Essen noch auf ihrem Schoß zu sitzen. Es war zu Unfällen gekommen; warme Suppe war auf ihren gestreiften Rücken gekleckert; einmal, als sie friedlich schlief, war eine Gabelvoll heißer Pastete in ihr Ohr gefallen wie eine Schlammpackung.
    Der Major sprach das Tischgebet und nahm dann am gegenüberliegenden Ende Platz.
    »Wo ist Daddy?«, flüsterte Faith.
    Die Lippen des Majors unter dem üppigen Schnurrbart formten schweigend die Worte: »Beschäftigt. Iss deine Suppe.«
    »Beschäftigt mit was?«
    Der Major blickte ärgerlich, antwortete aber nicht. Es spielte kaum eine Rolle, womit Edward beschäftigt war. Entscheidend war, dass er seine eigene Regel gebrochen hatte.
    »Machen Sie doch nicht so ein Gesicht, Brendan«, sagte Charity und fasste unter dem Tisch nach ihm und tätschelte ihm das Knie. Daraufhin blickte der Major umso ärgerlicher, hob einen Löffelvoll lauwarmer Suppe an die Lippen, schluckte sie wie Medizin und schüttelte sich. »Er hat seine eigene Regel gebrochen«, dachte er noch einmal, nicht ohne eine düstere Befriedigung. »Das ist der Anfang vom Ende.«
    Am nächsten Tag war Edward abwechselnd ungeduldig, reizbar und resigniert. An jeder Ecke wurden seine Experimente sabotiert. Das Hauptproblem war offenbar, dass Murphy, der als Versuchskaninchen dienen sollte, sich sträubte.
    »Der Mann versteht überhaupt nicht, was man für die wissenschaftliche Arbeit braucht«, sagte er. Der Major sah, wie jener milde selbstironische Ausdruck, der ihn bei ihrer allerersten Begegnung so überrascht hatte, über Edwards Löwenantlitz huschte. Doch dann verhärtete sich die Miene wieder, und er fügte vorwurfsvoll hinzu: »Bald kommandieren die Dienstboten
uns
herum.«
    »Was ist denn das nun für eine Apparatur?«
    Auf Edwards Tisch lag die abmontierte Trommel des Barographen. Die Schreibarme waren nun mit einem Gewirr aus Drähten und Schläuchen verbunden; einer dieser Schläuche führte zu einer Glasröhre mit Wasser und einem hölzernen Schwimmer, und am anderen Ende hing ein schlaffer Gummiballon.
    »Ich versuche einige Experimente zu wiederholen, die Cannon vor dem Krieg zum Thema Hunger und Durst angestellt hat. Das war der Bursche, der entdeckt hat, dass Hungergefühl durch periodische Kontraktionen des Magens entsteht. Er hat einen seiner Studenten überredet, einen solchen Ballon zu schlucken, und ihn dann aufgeblasen – natürlich erst, nachdem der Student ihn geschluckt hatte … jede Kontraktion des Magens drückte den Ballon zusammen, presste Luft in den Schlauch hier, durch die Speiseröhre nach oben, und der Schwimmer hob sich, weil der Wasserspiegel stieg. Wirklich gut ausgedacht. Das Problem ist nur, dass der verfluchte Murphy sich schlichtweg weigert, den Ballon zu schlucken.«
    »Ah.«
    »Es geht um Folgendes – Cannon stellte seine Versuche mit einem jungen

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