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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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kurvige Straße gerichtet, auf Ausschau nach Anzeichen für einen Hinterhalt. Natürlich würde kein vernünftiger Mensch im strömenden Regen hinter einer Hecke lauern, für den Fall, dass zufällig ein ehemaliger Offizier der britischen Armee vorüberkam. Aber waren die Iren vernünftige Menschen? Der Major hatte nicht vor, sein Leben zu riskieren, indem er das zu ihren Gunsten annahm.
    Doch er kehrte ohne Zwischenfall wieder zum Majestic zurück. Als er allerdings gutgelaunt in den Salon kam, fand er sich umgeben von blassen, aufgeregten Gesichtern, und er sah sofort, dass etwas nicht in Ordnung war. Alle redeten gleichzeitig auf ihn ein, sodass er ein paar Augenblicke brauchte, bis er herausbekommen hatte, was geschehen war. Edward hatte Murphy etwa eine Stunde zuvor gerufen. Auf einen kurzen, hitzigen Wortwechsel war ein fürchterlicher Knall gefolgt, der durch das gesamte Gebäude hallte. Wenige Minuten später war Murphy mehr tot als lebendig (wenn auch körperlich unverletzt) aus dem Ballsaal gewankt und lag nun irgendwo und erholte sich.
    »Wo ist Edward?«
    »Immer noch im Ballsaal. Aber gehen Sie lieber nicht hinein.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Wahrscheinlich war es nur ein Unfall. Ich gehe hin und spreche mit ihm.«
    Durch das große Glasdach des Ballsaals drang noch genug Licht, dass der Major Edward an seinem Tisch mitten im Raum erkennen konnte. Er schrieb hastig etwas auf das oberste Blatt eines großen Papierstapels; mehrere gewellte Blätter lagen, bereits beschrieben, neben ihm. Der Major sah zu, wie er ans Ende eines Blatts kam, es beiseitewarf, ohne zu warten, bis die Tinte trocken war, und auf dem nächsten weiterschrieb, wobei man die Feder noch gerade durch das Tosen der Regentropfen auf dem Glasdach kratzen hörte.
    Der Major trat ein paar Schritte näher. Auf dem Boden rund um Edwards Tisch standen Marmeladengläser, in die die Tropfen platschten, und zwei oder drei waren bereits randvoll. Aber es waren noch nicht genug Gläser. Hie und da schimmerten bereits Pfützen.
    »Edward.« Der Major näherte sich behutsam. »Was sind das für Geschichten, Sie hätten mit der Flinte auf Murphy geschossen?«
    »Hm? Ach Sie sind das, Brendan. Passen Sie auf, wohin Sie treten. Da kommt ein wenig Regen rein. Warten Sie, ich mache uns Licht.« Er ging zu dem Konzertflügel und kam mit ein paar Kerzenständern zurück, die er rund um die Schreibtischkante aufstellte. Er riss ein Streichholz an und zündete die Kerzen eine nach der anderen an, bis sein Tisch wie ein Leuchtturm in der zunehmenden Abenddämmerung stand.
    »Es war nur ein Experiment. Gibt es Aufregung deswegen?«
    »Na, ein wenig schon. Und da können Sie niemandem einen Vorwurf machen.«
    »Sie werden es überstehen. Bei Murphy brauchte ich den Schock. Anders wäre es nicht gegangen. Und ich habe ihm ein paar Pfund zugesteckt; ich denke, da wird er sich nicht beschweren. Ein, zwei Stunden, dann ist er wieder vollkommen in Ordnung.«
    Edward wirkte sehr ruhig und sehr mit sich zufrieden. Doch das Kerzenlicht, das die Kanten und Falten seines Gesichts hervorhob, gab ihm etwas Wildes, Irrsinniges.
    »Das hat nie zuvor jemand versucht. Niemand
gemessen
, genauer gesagt … wissenschaftlich gesehen hat es das also bisher noch gar nicht gegeben. Subjektive Berichte, das ja, aber das hat für die Wissenschaft keinen Wert. Wenn Sie meine Meinung hören wollen, Brendan, bisher hat sich niemand
getraut
, ein solches Experiment durchzuführen. In seinem Buch
Die Weisheit des Körpers
schreibt Cannon von einem Mann, der chinesischen Banditen in die Hände fiel und glaubte, er solle erschossen werden. Der hat den trockenen Mund natürlich gespürt, aber er hat nicht feststellen können
wie
trocken … Selbst Wissenschaftler, wenn ich es recht verstehe. Aber man kann es ihm nicht verübeln.«
    »Mit anderen Worten, Sie haben Murphy damit gedroht, ihn zu erschießen.«
    »Und er hat es mir geglaubt. Weiß wie die Wand. Einen Moment lang dachte ich, er wird ohnmächtig – das hätte das ganze Experiment verdorben. Ich habe ihn eine Weile reden lassen, bis er sich wieder einigermaßen in der Gewalt hatte … nicht zu sehr natürlich. Habe ihm das Erstbeste erzählt, was mir in den Kopf kam … dass ich mit seinen Diensten nicht mehr zufrieden bin und ihn nicht mehr brauchen kann. Dann habe ich gefeuert, beide Läufe. Ein Höllenlärm … hat mich selbst erschreckt. Den Schrot hatte ich natürlich herausgenommen, es waren nur die Zündkapseln. Selbst

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