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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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später am Abend für mich hier die Stellung halten, Brendan? Ich habe ein paar Sachen zu erledigen … ein Wort mit Ripon und so weiter …« Er beugte sich noch näher an das Ohr des Majors, klopfte auf seine Brusttasche und fügte hinzu: »Ich habe einen Scheck für ihn. Der Gauner ist doch mittlerweile mit Sicherheit klamm.« Er zwinkerte dem Major zu und zog weiter. Charity war währenddessen wieder gegangen und zog Padraig am Ärmel zu der Horde der jungen Männer hin. Dem Major mit seinem gebrochenen Herzen war nicht im Mindesten danach zumute, für Edward die Stellung zu halten, und er überlegte gereizt, ob er ihm das nicht einfach sagen sollte. Edward war nicht weit von dem Tisch mit den ausländischen Käsesorten stehengeblieben. Er stand für sich allein, die Hände hinter dem Rücken, in der »Rührt euch«-Haltung, was wahrscheinlich in Anbetracht seiner zwickenden Jacke die bequemste Position für ihn war. Er ließ einen schwermütig zufriedenen Blick über seine Gästeschar schweifen. »So«, dachte er wohl gerade, »war es in den alten Zeiten.« Doch dann erforderte die massige, joviale Gestalt von Bob Russell seine Aufmerksamkeit, dem Holzhändler aus Maryborough, der zu ihm herüberkam und ihn beglückwünschte. Arm in Arm, zigarrenschmauchend, schlenderten sie zurück zum Ballsaal, wo Kaffee und Liköre serviert wurden.
    »Warum haben Sie denn Ihre schönen Töchter nicht mitgebracht?«, fragte Edward herzlich, als sie am Major vorüberkamen. »Aber natürlich! Die sind ja noch in England auf der Schule!«
    Er drehte sich noch einmal kurz um, bevor er den Speisesaal verließ, und seine Miene verdüsterte sich einen Moment lang. Vielleicht überlegte auch er, dass entschieden zu wenig junge Damen da waren.
    Und schon im nächsten Augenblick wurde das Ungleichgewicht noch größer, denn unter fröhlichem Kreischen zerrten die Zwillinge Padraig irgendwo nach draußen. Nun, wo sie alleine trinken mussten, ließ die Laune der Männer von den Hilfstruppen deutlich nach, und sie schlossen sich dem allgemeinen Zug in Richtung Ballsaal nicht an, sondern blieben mürrisch, wo sie waren. Da die Diener nicht mehr nachschenkten, holten sie sich Flaschen mit Champagner, gossen sich selbst ein und gingen mit ihren Gläsern durch die Terrassentüren nach draußen. Der Major folgte ihnen, blieb jedoch auf der Türschwelle stehen und sah sich um. Der Mond war inzwischen aufgegangen und tauchte die steinerne Brüstung in ein bleiches Licht; ein Stück weiter, bei den offenen Ballsaaltüren, schaukelte eine ganze Galaxie bunter Laternen in der milden Abendluft. Das Orchester spielte jetzt wieder, und der Klang der Geigen mischte sich melancholisch in das Donnern der Wellen von irgendwo draußen im Dunkel. Ein Schauder überlief den Major, und er ging wieder nach drinnen. Mit den Händen in den Taschen stand er mitten im Speisesaal, in dem nun niemand mehr war bis auf die Diener, die die Tische abräumten. Er wünschte sich, der Ball wäre vorüber, damit er allein sein konnte.
    Unschlüssig stand der Major am Eingang zum Ballsaal. Es gab immer noch ein paar alte Damen, denen er einen Tanz versprochen hatte. Doch da er wusste, dass er dann wieder Sarah ins Gesicht blicken musste, brachte er es nicht über sich hineinzugehen. Stattdessen stieg er wieder die Treppe hinauf und wollte zu dem Balkon hoch über dem Saal zurückkehren, wo er früher am Abend gestanden hatte.
    Der Raum war nach wie vor dunkel, doch nun stand die Tür offen. Leise kam eine Stimme vom Balkon jenseits des Fensters. Er blieb stehen – fürchtete, dass Sarah mit jemand anderem hierher zurückgekehrt sein könnte –, doch jetzt wurde die klagende Stimme lauter; ein wirrer Strom von Obszönitäten drang an die Ohren des Majors. Die Stimme kannte er nicht, aber plötzlich hatte er ein Bild vor Augen – ein Mann, den er tödlich verwundet in einem Bombenkrater gesehen hatte, seine Eingeweide in den Händen wie ein Schlangennest, und von den blauen Lippen war noch bebend eine unendliche Kette von Verwünschungen gekommen, selbst als seine Augen schon glasig wurden.
    Polternd ging der Major ins Zimmer und weiter zum Balkon. Es war nur eine einzelne Person dort draußen: ein Mann, der über die Balustrade gelehnt stand, sein Gesicht beleuchtet von dem großen Lichtermeer in der Tiefe. Es war Evans. Neben sich auf dem steinernen Geländer hatte er eine Flasche stehen. Er achtete nicht auf den Major, hatte seine Schritte vielleicht nicht einmal gehört,

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