Troubles (German Edition)
sich noch von Mr. Spencer verabschieden wollen, Sir.« Lady Devereux war anscheinend bereits gegangen. Die ganze Smiley-Sippschaft war angetreten und stand erwartungsvoll da. Ihr Aufbruch würde sicher das Signal zu einem allgemeinen Exodus werden. Zwei oder drei Paare konferierten bereits miteinander.
»Ich will sehen, dass ich Edward finde. Aber müssen Sie denn wirklich schon gehen? Die Party fängt doch gerade erst an.«
Gegen halb drei hatte die Zahl der Gäste, die ungeduldig auf den Aufbruch wartete, deutlich zugenommen, und noch immer war Edward nirgendwo zu finden. Die Damen hatten schon vor Langem ihre leichten Tanzschuhe gegen solideres Schuhwerk getauscht und warteten in ihre Pelze gepackt. Die Männer hatten Edwards Telefon gefunden und von dort aus ihre Fahrer angerufen und standen nun, in dicken Mänteln, Seidenhut in der Hand, an der Tür zum Ballsaal, spähten ungeduldig hinein und hofften, dass sie, wenn schon nicht Edward, dann wenigstens den Major entdecken würden. Doch inzwischen war auch der Major verschwunden.
Die Anwesenheit dieser Gäste vor der Tür (die offensichtlich gingen, aber so lange dafür brauchten) untergrub die Entschlossenheit derjenigen im Ballsaal, die willens gewesen waren zu bleiben, bis das Frühstück kam … denn schließlich hat nicht jeder so oft Gelegenheit, auf Abendgesellschaften zu gehen, wie die Devereux’ und die Smileys. Immer wieder einmal drehte sich jemand um, um zu sehen, ob die Abtrünnigen im Mantel noch da waren (und sie
waren
noch da!), und dann nachdenklich den Blick zurück zur Tanzfläche zu wenden, wo der alte Mr. Norton, gebeugt, Schweißperlen auf der Stirn, doch die Füße emsig wie immer, weiterhin seine einsame Furche beackerte. Er wäre ganz allein gewesen, hätte nicht noch eine Handvoll der weniger angesehenen Gäste ausgeharrt (die jungen Finnegans zum Beispiel, deren Großvater den Kurzwarenladen besaß), Leute, für die ein Tanz einfach nur ein Tanz war und die ihn nahmen, wann immer sich die Gelegenheit bot.
Inzwischen war eine ganze Reihe von Gästen darauf gekommen, dass es zwar peinlich war, wenn man so früh ging, aber noch peinlicher, wenn man blieb und sich am Morgen allein mit den Spencers an einem Frühstückstisch fand, der für zweihundert gedeckt war.
»Wo
steckt
dieser verdammte Kerl?«, fragte, schon im Mantel, Captain Ferguson, der nie ein Blatt vor den Mund nahm, mit lauter Stimme von der Tür her. Und dabei meinte er nicht einmal mehr Edward, den sie inzwischen aufgegeben hatten, sondern den ebenso flüchtigen Major.
»Na, wir können nicht die ganze Nacht hier warten!«
Und so setzten sich die Abtrünnigen nun endlich in Bewegung, Richtung Foyer, eine ganze Karawane aus Pelz, Parfüm, Seidenhüten und Zigarrenrauch. Als sie die schwere Haustür aufzogen (die Dienerschaft war offenbar inzwischen bei ihrer eigenen, amüsanteren Feier im Untergeschoss), blickten sie in das Gesicht von genau dem Mann, den sie gesucht hatten, das des Majors. Im Arm hatte er ein sehr großes Bündel aus triefnassem schwarzem Samt, aus dem zwei bläulich weiße Füße und ein bleiches, klagendes Gesicht hervorschauten.
Der Major trat sofort ein und sah genauso überrascht und verwirrt aus wie die nach draußen strebenden Gäste. Hinter ihm, im Dunkel der Auffahrt, hie und da erhellt von den Lampen der wartenden Wagen, beobachtete eine Anzahl uniformierter Chauffeure teilnahmslos diese kuriose Szene.
Der Major zögerte einen Moment, lange genug, dass sein Bündel eine kleine Lache auf den schimmernden Kacheln bildete, lang genug, dass den aufbrechenden Gästen die Ranke von einer Wasserpflanze auffiel, die wie eine Schlange an einer der schlanken Fesseln baumelte.
»Ah, ich sehe, Sie gehen«, murmelte der Major schließlich ein wenig grimmig. »Ich hoffe, der Abend hat Ihnen … oh!« Der Satz endete mit einem unbestimmten Laut, denn das Samtbündel zappelte nun heftig, wodurch die Ranke der Wasserpflanze zu Boden fiel. Die Damen im Pelz starrten sie an, als wäre es eine Natter.
Der Major hatte sich abgewandt und ging raschen Schritts mit seinem tropfenden Bündel die Treppe hinauf. Kurz vor dem Absatz hielt er jedoch noch einmal abrupt inne und drehte sich um.
»Ich verabschiede mich von Ihnen in Edwards Namen. Er fühlt sich leider nicht wohl.«
Und damit war er verschwunden und ließ als einziges Zeichen, dass er dagewesen war, die sinister geschlängelte Ranke zurück. Vorsichtig tasteten sich die Gäste hinaus in die
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