Troubles (German Edition)
Staats; den Irish Volunteers wird von diesem Parlament der Status der Irisch-republikanischen Armee (I.R.A.) verliehen. Nach englischer Auffassung sind Parlament wie Armee illegal, da ja weiterhin die Selbstverwaltung umgesetzt werden soll.
Mit einzelnen, unverhohlen terroristischen Anschlägen (ideologischer und organisatorischer Kopf ist Michael Collins) destabilisiert die I.R.A. den britischen Herrschaftsapparat, vor allem die Polizei; durch Überfälle auf Polizeikasernen werden Waffen organisiert. Die Briten rekrutieren eine weitere Polizeitruppe, die der königlich-irischen Polizei unter die Arme greifen soll. Da so kurzfristig nicht genug Uniformen beschafft werden können, tragen sie eine zusammengewürfelte Kluft aus Militär-, britischen und irischen Polizeiuniformen – die
Black and Tans
(Schwarzbraunen). Diese Truppe wütet (auch nach unparteiischen Zeugnissen) grausam, erschießt in Strafmaßnahmen willkürlich Verdächtige, zerstört Häuser, sogar Städte. Wie beim Osteraufstand erhalten die Republikaner erst durch die britischen Gegenmaßnahmen größeren Rückhalt in der Bevölkerung. Die Gewalt eskaliert, was die Briten zur Aushebung einer dritten Polizeieinheit treibt, der aus Weltkriegsoffizieren bestehenden
Auxiliaries
(Hilfstruppen).
1920
Dezember:
Government of Ireland Act
unter der Regierung Lloyd George, die vierte Fassung der Home-Rule-Gesetze: Teilung der Insel; zwei eigenständige Staaten (ein auf die protestantischen Grafschaften reduziertes Ulster auf der einen, das übrige Irland auf der anderen Seite) erhalten weitgehende Selbstverwaltung unter Hoheit der britischen Krone.
1921
Wahlen zu den Parlamenten in Belfast und Dublin. Die Sinn Féin tritt mit der erklärten Absicht an, die Wahlen als Parlamentswahlen eines unabhängigen Irland zu verstehen, und gewinnt im Süden fast sämtliche Sitze; statt des im Teilungsgesetz vorgesehenen südirischen Parlamentes berufen die Abgeordneten das sogenannte Zweite Dáil ein.
Nach einer Art Waffenstillstand im Juli (die Briten sorgen sich um ihr internationales Ansehen, die Iren wissen, dass sie einen Zermürbungskrieg nicht bestehen können) tritt im Dezember der von Westminster mit Vertretern der Republik ausgehandelte anglo-irische Vertrag in Kraft: Irland erhält den Status eines Dominion, also eines selbstständigen Staates innerhalb des Empire, Staatsoberhaupt bleibt der britische König.
1922
Gründung des Freistaats Irland gemäß dem Vertrag von 1921. Dem Norden wird das Recht eingeräumt, sich als Teil des Vereinigten Königreichs abzuspalten, was in einer Volksabstimmung auch umgehend geschieht.
1922–3
Irischer Bürgerkrieg zwischen dem Freistaat (Befürwortern des Vertrags von 1921) und radikaleren Gruppen, die weiterhin eine eigenständige Republik aus beiden Teilen der Insel fordern; Teile der I.R.A. bilden die Armee des neuen Staates, der Großteil kämpft (von den Freistaatlern als
irregulars
bezeichnet) weiter für einen von Großbritannien unabhängigen Staat einschließlich Nordirlands; deren Nachfolger sind dort bis heute aktiv.
1937
Der Freistaat benennt sich in Éire um und setzt an die Staatsspitze einen Präsidenten, 1948 wird daraus die Republik Irland, die 1949 mit dem Austritt aus dem Commonwealth die letzten Verbindungen zum britischen Staat löst. Ulster bleibt Teil des (wie es seit 1921 heißt) Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland.
M. A.
Nachwort
In Derek Mahons bedeutendem Gedicht
A Disused Shed in Co. Wexford
[Ein alter Schuppen in der Grafschaft Wexford] finden sich zwei Reisende »Tief auf dem Gelände eines ausgebrannten Hotels, / Zwischen den Badewannen und den Waschbecken«, öffnen unter Mühen eine lange verschlossene Tür und kommen in einen Raum, wo im Dunkel eine Unzahl von Pilzen wuchert. Schon seit Jahrzehnten, stellt sich der Dichter vor, sind diese Pilze hier, warten darauf, dass in ihre schleimige, düstere Welt der Segen des Lichts Einzug hält:
»Rette uns, rette uns«, scheinen sie zu sagen,
»Damit nicht der Gott uns verlasse,
Uns, die wir es in Dunkelheit und Schmerz so weit
gebracht haben.
Auch wir hatten unser Leben zu leben …«
Das Gedicht ist eine Totenklage auf untergegangene Welten – »Die Verlorenen von Treblinka und Pompeji!« – und ganz besonders (wenn auch nicht ausdrücklich erwähnt) die Welt der anglo-irischen Aristokratie. Dieser zähe Menschenschlag, der sich über gut acht Jahrhunderte gehalten hatte, verschwand fast über Nacht im irischen
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