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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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etwas anderes gewesen, aber das war nun schon so viele Jahre her. Jahre vor dem Aufstieg des neuen Irland. Im neuen Irland würde es keine alten Frauen mehr geben. Sie würden verboten. Seine Frau hatte nach Haut geduftet, wie ein junges Mädchen, nicht nach Lavendelwasser und Pfefferminz. Oh, sie war anders, dachte er schläfrig; »Menschen sind nicht beständig. Sie halten nicht. All dieses Aufhebens, all dieses Aufhebens um nichts. Wir sind eine Weile hier, und dann sind wir wieder fort. Die Menschen halten nicht. Sie sind nicht beständig.« Als die runzligen alten Augen sich schlossen, murmelte er gedankenverloren noch: »Aber ich hatte doch gerade etwas tun wollen …«
    Das Gesicht des Majors in der Küche war grau wie Hafermehl, das Blut strömte schneller denn je, und die alten Damen waren außer sich vor Verzweiflung. Der Anblick des Blutes überall hätte jeden in Angst und Schrecken versetzt, und allemal alte Damen, die so etwas nicht gewöhnt waren. Aber sie ließen nicht locker, fest entschlossen, dass sie den Major retten würden, egal was geschah. Inzwischen waren sie selbst bleich und bebten am ganzen Leibe. Mrs. Rice war bereits in Ohnmacht gefallen, wiederbelebt worden, erneut in Ohnmacht gefallen, und nun trank sie eine Tasse Tee, die ihr Stärke und Mut verleihen sollte. Und wo blieb denn nur dieser grässliche Arzt?
    Es dauerte nicht lange, bis der Doktor wieder aufwachte, erfrischt von seinem Nickerchen, und ihm fiel ein, dass er nach einer Nadel gesucht hatte und diesen jungen Dummkopf, den Major, zusammenflicken musste, der Prügel bezogen hatte. Er hatte diesem Traumtänzer gesagt, dass er sich davonscheren sollte, solange er noch konnte! Er hatte gewusst, dass so etwas kommen würde. Nur junge Dummköpfe brachten sich sinnlos in Gefahr. Und Sinn, dachte er griesgrämiger denn je, hatte doch nichts! Wozu war denn das Leben da? Es endete ja doch auf dem Friedhof. Er musste das wissen. Er war im Lauf der Jahre auf genug Beerdigungen gewesen. Und mürrisch tappte er zurück zur Küche, murmelte: »Die Menschen sind vergänglich. Sie halten nicht, sie halten nicht …«
    »Natürlich nicht!«, fuhr Miss Johnston ihn an. »Wenn Sie sie alle so behandeln!«
    »Alte Frauen!« schnaubte der Doktor verächtlich, und mehr denn je sah er nun tatsächlich wie ein Greis aus. Doch die Hände, mit denen er sich an die Arbeit machte, waren bemerkenswert ruhig und sicher für einen so alten Mann.
    Bald darauf hatten sie den Major, genäht und bandagiert und nachdem sie ihm noch eine Bouillon eingeflößt hatten, ins Bett gesteckt, und endlich, nach so Langem, konnte sein Körper sich an die Aufgabe der Heilung machen. Die vier Damen hatten sich alle zusammen in ein Schlafzimmer im oberen Stock eingeschlossen, aus Angst, dass dieser grässliche alte Mann sie belästigen könnte. Der Doktor seinerseits hatte sich aus ähnlichen Gründen in sein Arbeitszimmer eingeschlossen, und bald schliefen sie allesamt fest. Inzwischen war die Sonne untergegangen, und es war stockfinster geworden. Doch etwa eine Stunde später, um die Zeit, zu der unten am Strand der junge Cockney sein drittes Bad nahm, erleuchtete ein zweiter Sonnenuntergang den Himmel, denn Murphy hatte inzwischen gemerkt, dass die Wolke, hinter der die Sonne verschwunden war, in Wirklichkeit ein Hügel im Westen gewesen war. So hatte er dann schließlich doch noch zu Streichhölzern gegriffen, nachdem er in einem alten seidenen Morgenmantel von Edward eine Schachtel gefunden hatte.
    Bis die Bewohner von Kilnalough den Feuerschein am Himmel bemerkt hatten und per Wagen, per Pferd, per Fahrrad oder zu Fuß hinausgekommen waren, stand das Majestic lichterloh in Flammen. Feuersäulen so groß wie Eichenstämme schlugen aus den Fenstern der oberen Stockwerke. Wie brennende Raupen schlängelten sich die Flammen die abgetretenen, fadenscheinigen Läufer hinunter, leckten an Geländern und Vertäfelungen, bis all die Gesellschaftsräume im unteren Stock in Flammen standen. Bald war die Hitze so glühend, dass die Zuschauer mit geröteten Gesichtern zurückweichen mussten, zuerst an den Rand des Kieswegs, dann weiter und weiter zurück über den Rasen, der binnen Kurzem du Bast verdorrt war – bis sie schließlich ganz hinten zwischen den Bäumen standen, ihre Augen mit den Händen beschatteten und die blendende Pracht des brennenden Majestic bestaunten. Inzwischen waren nur noch die Mansarden zu erkennen, ihre Fenster unter dem Dach schwarz und leer.
    Und aus

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