Troubles (German Edition)
»Was für einen Grund sollten sie denn haben, Sie nicht zu mögen?«
»Sie glauben, ich hätte Máire angestiftet (Sie erinnern sich; das hässliche, fette Mädchen, das vorhin meinen Rollstuhl geschoben hat); sie glauben, ich hätte ihr geholfen, ihren Liebling Ripon ›einzufangen‹. Das ist natürlich Unsinn. Das Letzte, was ich für eine Freundin tun würde (und der Teil stimmt, sie
ist
eine Art Freundin), das wäre, ihr jemand so Widerlichen wie Ripon ›einzufangen‹.«
»Aber was haben sie denn gegen das Mädchen? Ich meine, wenn sie reich ist und so weiter. Die Spencers leben in diesem riesigen Hotel, aber sie kommen mir ganz und gar nicht wohlhabend vor. Ripon könnte mit Sicherheit eine viel schlechtere Partie machen.«
Sarah schüttelte traurig den Kopf. »Ich kann einfach nicht glauben, dass Sie so einfältig sind, Major. Wollen Sie mir wirklich erzählen, Sie begreifen nicht, warum die Spencers nicht wollen, dass Ripon dieses reiche, hässliche Ding heiratet? Gut, dann will ich es Ihnen sagen, auch wenn Sie mir nicht weismachen können, dass Sie es nicht wissen. Es liegt daran, dass Máire katholisch ist. Begreifen Sie jetzt?«
Doch bevor der Major darauf etwas antworten konnte, wurde höflich an die Tür geklopft, und ein kleiner, adretter Herr in einem grauen Anzug von zweifelhaftem Schnitt trat ein. Er kam auf den Major zu und streckte ihm beflissen die Hand entgegen. Er sei, erklärte er, Sarahs Vater (Sarah sagte nichts dazu, machte jedoch ein ärgerliches Gesicht) und habe der Versuchung nicht widerstehen können, seine Arbeit einen Moment lang liegenzulassen, um den Major zu begrüßen, von dem er schon so viel gehört habe, von seinem alten Freund Mr. Spencer und natürlich auch von Sarah selbst (hier lächelte er liebevoll, doch Sarah blickte umso verdrossener drein) …
»Ich hoffe, Sie haben Gutes über mich gehört.«
Oh, nur Gutes, selbstverständlich, und es sei so freundlich vom Major, Sarah nach Hause zu begleiten … es sei ja nicht ganz leicht für sie, von einem Ort zum anderen zu kommen, das könne er sich vorstellen, aber sie halte sich tapfer, alles in allem, und so viele liebe Freunde hülfen ihr, die Last zu tragen. Zudem hoffe er, dass das Wetter weniger wechselhaft sein werde als während der letzten Tage, gerade so lange der Major zu Besuch sei, das mache ja doch einen Riesenunterschied, besonders wenn der Major, wie zu erwarten war, ein Sportsmann war … Und dies sei Mrs. Devlin …
Eine füllige Dame war eingetreten und schob einen Teewagen, auf dem sich (wie der Major mit Erleichterung vermerkte) nur je zwei Tassen, Untertassen, Teller und Dessertmesser befanden (und ein äußerst einladender Kirschkuchen). Mrs. Devlin nickte dem Major zu, sagte jedoch kein Wort, zögerte einen Moment und zog sich dann wieder zurück. Mr. Devlin betupfte sein Haar, das mit Pomade fest an den Schädel geklebt war, lächelte und erklärte, nun müsse er aber zurück in die Tretmühle; aber es sei ihm ein Vergnügen gewesen und er hoffe, der Major werde noch oft zu Besuch kommen. Mit dem Rücken voran verließ er den Raum, lächelnd, und die Tür schloss sich sanft.
Sarahs Stimmung war umgeschlagen. Die Versuche des Majors, sich mit ihr zu unterhalten, beantwortete sie mürrisch und einsilbig, und sie blickte sich ständig im Zimmer um, als sehe sie es zum ersten Mal. Brüsk unterbrach sie ein weit ausholendes Kompliment, das der Major gerade dem Kirschkuchen machte, und sagte: »Was für ein abscheulicher Raum das hier ist. Man könnte denken, ein grässlicher Engländer wohnt hier.« Und mit diesen Worten stemmte sie sich energisch in Richtung Tür, riss sie auf und war verschwunden, bevor der Major noch recht begriffen hatte, was überhaupt geschah. Er saß da mit einem angebissenen Stück Kuchen zwischen den Fingern und fragte sich, was sie wohl mit »ein grässlicher Engländer« gemeint hatte und ob sie zurückkommen würde. Gleich darauf hörte er aus einem anderen Zimmer gedämpft die Laute eines Streites, eine Frauenstimme, zum Widerspruch erhoben. Doch dann wurde wiederum eine Tür geworfen, und im nächsten Moment war Sarah zurück, so rot im Gesicht, dass der Major besorgt fragte, was gewesen sei.
»Überhaupt nichts.«
Als sie in ihrem Stuhl wieder näherkam, sah der Major, dass sie eine Anzahl religiöser Gegenstände im Schoß hatte. Zwei buntbemalte Heilige in Gips stellte sie auf das Klavier, nur ein paar Zollbreit neben seinem Kopf. Ein hölzernes Kruzifix kam
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