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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Miene hellte sich auf.
    »Von meiner lieben Frau gepflanzt.« Und gleich darauf, als wolle er einem möglichen Missverständnis vorbeugen: »Als sie noch lebte.«
    Lautlos hob der Spaniel an einem der spitzen Enden des Beetes das Bein, dann ging es weiter. Der Major blickte an der türmchenbesetzten Wand, die über ihnen aufragte, in die Höhe. Aber sie standen so dicht davor, dass man ihre Größe nicht ermessen konnte. Nach einigen Schritten drehten sie sich noch einmal um, und jetzt konnte er die Rückseite des Hotels betrachten – die in Wirklichkeit die Vorderseite war, denn das Gebäude war ganz zum Meer hin ausgerichtet. Hinab zur Irischen See (und nicht nach Irland) führte die prachtvollste unter den großen Treppen, und diese Treppe befand sich im Mittelpunkt der geschwungenen Front, deren Seitenflügel wie gebreitete Arme die ferne walisische Küste jenseits des windgepeitschten Wassers willkommen hießen. Der Major war sprachlos, als er nun zum ersten Mal die andere Seite des halbmondförmigen Komplexes sah: die unglaubliche Masse an Türmchen und Zinnen und Laufgängen, die inmitten von rostigen Eisenbalkonen und verglasten Türen, vor denen schief die Läden hingen, aus dem Gebäude vorsprangen. Im Mittelpunkt des Bogens, oberhalb der Treppe aus weißem Stein, erstreckte sich zwischen den Schieferdächern der einen Seite und den Schieferdächern der anderen ein großes Gebilde aus Glas, in dem sich gerade in diesem Augenblick ein verirrter Sonnenstrahl fing, sodass es ein paar Sekunden lang golden aufflammte.
    Dies, erklärte Edward eben, sei der Ballsaal, den der Major vielleicht schon von innen gesehen habe; ein Ort, den man im Winter wegen des Glasdaches einfach nicht warmbekam. Dieses Glasdach, fuhr er fort, den Blick auf die eigenen Schuhspitzen geheftet, sei auch im Sommer nicht unproblematisch. Aber in den alten Tagen (hier hellten sich seine Züge wieder ein wenig auf) müsse es wirklich großartig gewesen sein: die großen Jagdgesellschaften, die Karnevalsfeiern, die Regatten (wenn man sich das vorstellte: Laternen funkelten, Jachten schwankten an der Landungsbrücke) … die ganze Nacht wurde getanzt, bis das Licht der Kronleuchter bei Sonnenaufgang verblasste und die Kellner mit silbernen Tabletts kamen, auf denen Speck und Nieren und gebratene Eier dampften und im Sonnenlicht schimmerten, und silberne Kaffeekannen, aus denen Dampfwolken aufstiegen wie … wie bei alten Männern, wenn sie im Winter draußen miteinander reden, genau das; aber das Großartige war, dass man all das durch das Glasdach von oben verfolgen konnte, fast so, als fände es im Freien statt … Kinder und Gouvernanten drängten sich auf den Balkonen, sahen zu und lauschten dem Spiel der Geigen, bis ihnen (den Kindern) die Augen zufielen oder sie womöglich sogar ganz eingeschlafen waren und ins Bett getragen werden mussten, und sie wachten nicht einmal mehr auf, wenn die blassen, erschöpften, doch zufriedenen Erwachsenen zum Gutenachtkuss ins Zimmer kamen, bevor sie sich dann selbst bis zum Nachmittag schlafen legten, ungestört bis auf die Erinnerungen an die Geigen und das Schimmern der Kronleuchter und die seidenen Kleider und vielleicht einmal den Ruf eines Pfauen (denn damals gab es auch Pfauen hier – die gebe es übrigens immer noch), die in ihren schlafenden Verstand einsanken, sanft wie Rosenblätter …
    »Donnerwetter!«, rief der Major, verblüfft von diesem Höhenflug der Phantasie.
    »Hm-hm … na ja, einer von unseren Gästen hat eine Art Gedicht darüber geschrieben, darüber wie das Haus in der guten alten Zeit wohl ausgesehen hat. Ein schönes Gedicht. Angela hat für mich ein Kissen mit ein paar Zeilen davon bestickt. Ich zeige es Ihnen nachher. Das wird Ihnen gefallen.«
    »Mit Sicherheit wird es das«, stimmte der Major zu.
    Der Hund bellte, als wolle er Zweifel anmelden.
    »Was gibt es, Séan?«
    Ein gutaussehender, gutgelaunter junger Mann war auf der Treppe erschienen. In seiner Hand baumelte etwas Weißes, Gefiedertes, das sich als totes Huhn erwies.
    »Ach je, hat er schon wieder eins gerissen?« Edward packte den renitenten Spaniel am Kragen und hielt ihm das Huhn unter die Nase. Der Hund jaulte ängstlich und wandte den Blick ab. »Ich weiß, wie wir ihn davon kurieren. Holen Sie ein Stück Schnur, Seán, und binden Sie ihm das Huhn um den Hals.« Schon wenige Augenblicke später war das Huhn an Beinen und Hals zusammengebunden, und der Hund – er hieß Rover – schüttelte sich heftig,

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