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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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um sich von seiner schweren weißen Boa zu befreien. Dann spazierten sie weiter, der Major ein wenig beunruhigt von dieser brachialen Justiz.
    Das Abendessen glich weitgehend dem trübsinnigen Mahl vom Vorabend (wieder trat die alte Mrs. Rappaport auf das akustische Zeichen hin aus dem Besenschrank), allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass Angela sich auch diesmal nicht blicken ließ. Nach dem Essen verschwanden Edward und Ripon in den Schatten, sodass der Major sich gezwungen sah, im vergleichsweise gemütlichen Salon mit Miss Porteous, Miss Archer und Mrs. Rice Whist zu spielen. Die Damen waren zwar in dicke Schals und Pullover verpackt, schauderten aber doch immer wieder einmal, wenn der unsichtbare Dolch der Zugluft sie traf, der immer wieder eine Ritze in den vielen großen Fenstern fand. Partie folgte auf Partie, bis schließlich die Partnerin des Majors nicht mehr auf den Hinweis, dass es an ihr sei auszuspielen, reagierte (er hatte für alle drei reihum gemischt und gegeben). Sie war eingeschlafen. Ihre Freundinnen deuteten dies als Zeichen, dass es Zeit zum Zubettgehen war, packten in aller Eile ihre Sachen zusammen, wünschten ihm eine gute Nacht und ließen ihn mit drei Assen in der Hand sitzen.
    Da es früh am Abend und er noch hellwach war, machte er sich zu einem Abendspaziergang durch das Hotel auf; die Hände hatte er in den Taschen, vor sich hin pfiff er eine traurige Melodie, und so schlenderte er durch die Räume des verlassenen Hauses (mittlerweile sah er sich um, wo immer er wollte, und es kümmerte ihn nicht, ob die Spencers ihn für neugierig hielten). Bald geriet er im ersten Stock in die Empire-Bar: mit zugezogenen Vorhängen lag sie stockdunkel da, allem Anschein nach nur ein weiterer leerer Raum. Vorsichtig tastete er sich hinein – unterwegs geriet ihm eine schlanke Stehlampe zwischen die ausgestreckten Arme und er stieß mit der Brust dagegen – und zog die Vorhänge auf. Draußen türmten sich die schwarzen Wolken wie eine Festung, quollen von Westen her auf das Majestic zu.
    Er hörte ein leises Miauen. Ein schwarzer Schatten glitt von der Theke und kam auf ihn zu. Es war die gescheckte Katze, die sich streckte und an seinem Knöchel rieb.
    »Hier wohnst du also, was?«
    Auf der Theke entdeckte er eine Öllampe, in der noch ein wenig Öl war. Er drehte den Docht hoch und steckte sie an. Hinter dem Tresen spiegelte sich ihr Schein in Reihen von Flaschen. Nachdem er mit seinem Taschentuch gründlich einen Schwenker entstaubt hatte, suchte er die Reihen ab und fand eine Flasche Cognac, goss sich ein und ging mit seinem Glas wieder ans Fenster.
    Inzwischen war es fast dunkel geworden. Schon seit einer Weile regnete es heftig. Nichts regte sich, von einem gelegentlichen Vogel abgesehen, kaum zu erkennen vor dem Hintergrund der Blätter, die unter den Wassermassen bebten. Die Katze sprang aufs Fensterbrett, setzte sich und sah hinaus, den Schwanz elegant um die Füße gelegt.
    Dann trat Edward aus dem regnerischen Dämmerlicht jenseits der Statue von Königin Viktoria, und in einiger Entfernung folgte ihm etwas Weißliches, das eine Zeitung sein mochte, die der Wind vor sich her blies; es rollte ein paar Fuß weit, blieb liegen, rollte wieder weiter. Der weiße Gegenstand war Rover, noch immer mit seinem Huhn um den Hals. Der Major seufzte und nahm einen kleinen Schluck Cognac.
    Edward hatte einen Hut auf, von dem das Wasser lief, und sein Mantel war ganz durchtränkt; er schien den Regen gar nicht zu bemerken. Mit Sorge und Schrecken sah der Major dies unerwartete Zeichen von Zerstreutheit: es war, als sei Edward etwas Entsetzliches widerfahren und von dem Schock wisse er gar nicht mehr, was er tat. Was um Himmels willen mochte los sein? Er klopfte laut an die Scheibe, rief zu Edward hinunter, er solle aus dem Regen und ins Haus kommen. Aber Edward hörte ihn nicht. Wie ein Schlafwandler tappte er weiter, platschte durch Pfützen, die sich hie und da auf dem Rasen gebildet hatten, dann schritt er knirschend über den Kies zu dem Lavendelbeet, das seine Frau angelegt hatte, »als sie noch lebte«. Bei dem Lavendel blieb er reglos stehen, ein Bild der Verzweiflung. Ein wenig später kam Rover nach, der offenbar glaubte, es werde etwas gejagt, und verzweifelt versuchte, sich mitsamt dem toten Huhn in Schusslinie auszurichten. Herr, Hund und Huhn verharrten reglos, und der Regen prasselte im letzten Dämmerlicht auf sie nieder.
    Der Major trank den Rest von seinem Cognac,

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