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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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auf den Kaminsims, ein in seiner Naivität beunruhigendes Bild des Heiligen Herzens stellte sie auf den Bücherschrank, aus dem sie zur Stütze ein paar Bücher genommen hatte. Es blieb noch ein zweites hölzernes Kruzifix, das sie direkt auf den Teetisch legte. Der Major verfolgte all dies verwundert, sagte jedoch nichts und ließ sich gern mehr Tee und mehr Kirschkuchen geben (der wirklich ausgezeichnet war). Er verzehrte ihn bedächtig unter den Blicken der Heiligen.
    »Ich verpachte ihnen das Land so billig, dass sie mich hinter meinem Rücken dafür auslachen. Ich halte ihre Dächer instand und gebe ihnen Saatgut und Setzkartoffeln, und dafür bekomme ich einen lächerlichen Anteil an ihrer Ernte. Ich schicke ihnen den Tierarzt, wenn ihre Kühe krank sind. Ich helfe ihnen aus, wenn sie ihr gesamtes Geld im Wirtshaus versoffen haben. Kann ich da nicht ein wenig Loyalität erwarten, Major? Sagen Sie mir das.«
    Der Major hatte Edward mit einer Hacke in der Hand angetroffen, tief in Gedanken reglos an einem Rosenbeet. Jetzt stach er mit der Hacke in den Horizont in Richtung Süden, wo auf einem Hügelkamm in der Ferne eine Reihe grauer Bauernhäuser stand. Der Major beschattete mit der Hand seine Augen, denn gerade war zum ersten Mal an jenem Tag aus der dichten grauen Wolkendecke die Sonne hervorgekommen, und bestätigte ihm, dass jemand, der solche Dinge tue, tatsächlich Loyalität erwarten könne.
    »Wissen Sie, was ich getan habe, um ›meinen Pächtern zuzusetzen‹, wie der alte Ryan das nennt? Ich wollte, dass sie ein Blatt Papier unterzeichnen, in dem sie ihre Loyalität versichern, nicht zu mir, wohlgemerkt, nicht zu mir, aber zum König … und dass sie sich nicht in die Umtriebe von dieses Sinn-Fein-Leuten hineinziehen lassen. Ist das etwas so Schlimmes? Setze ich ihnen zu, wenn ich sie auffordere, sich an das Gesetz zu halten? Aber was glauben Sie – diese Kerle weigern sich rundheraus zu unterschreiben. Da steckt Donnelly dahinter, ein alter Bursche, kein Zahn mehr im Mund … ›Was hat das zu bedeuten, Donnelly?‹, frage ich ihn. ›Bestimmt‹, sagt er, ›haben wir den Schaden davon.‹ ›Was für ein Schaden ist das?‹ Darauf hat er keine Antwort. ›Das weiß man nie‹, sagt er. ›Also, Donnelly, eins kann ich Ihnen sagen‹, antwortete ich ihm. ›Wenn sie das hier nicht auf der Stelle unterzeichnen, dann haben Sie Ihren Schaden von mir!«‹ Energisch, gebieterisch setzte Edward in diesem Bericht die Satzzeichen mit der Hacke.
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Zu seiner Verblüffung sah der Major, dass Edward, der gerade noch so finster dreingeblickt hatte, jetzt ein kummervolles Lächeln zeigte. Mit einem Seufzer ließ er die Hacke fallen und schloss sich dem Major an, der sich die Gegend an der Südecke des Hotels ansehen wollte. »Das Verrückte daran ist, dass es mir eigentlich vollkommen gleichgültig ist. Ich verpachte ihnen das Land nur, weil es nicht anders geht; ohne mich würden sie verhungern. Aber es interessiert mich nicht, und ich habe nichts als Ärger damit. Ich bin kein Bauer, bin ich nie gewesen. Ich würde ihnen das Land auf der Stelle verkaufen, aber sie können mir nicht einmal die Hälfte von dem zahlen, was es wert ist. Ich bin ja nun auch nicht mehr der Jüngste, aber ich denke oft, dass ich noch etwas mit meinem Leben anfangen sollte. Und zwar etwas vollkommen anderes … vielleicht noch einmal zurück auf die Universität gehen, ein paar Forschungen anstellen (Sie müssen wissen, ich beziehe nach wie vor zwei Fachzeitschriften, aber in Kilnalough ist es unmöglich, auf dem Laufenden zu bleiben). Haben Sie sich das je überlegt, Brendan, wie grundverschiedene Leben man leben könnte, wenn man die Wahl dazu hätte? Und ich würde mit Sicherheit nicht das eines Landbesitzers in Irland wählen, das können Sie mir glauben. Keiner dankt es einem. Aber das ist nun einmal der Platz, an den das Leben mich gestellt hat, und da muss ich das Beste daraus machen.«
    Unterwegs gesellte sich ein zottiger Spaniel zu ihnen, der aus einem Rhododendrongebüsch hervorkam und nun hinter Edward hertrottete.
    »Versteht der alte Ryan wenigstens sein Handwerk? Ehrlich gesagt, ich zweifle daran. Als er studiert hat, da kannten sie nichts außer Blutegeln und Aderlass. Aber er ist der einzige Arzt in Kilnalough, und alle behandeln ihn wie Gott höchstpersönlich.« Jetzt blickte Edward wieder finster drein. Abrupt blieb er an einem rautenförmigen Lavendelbeet stehen, und die

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