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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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den Bäumen Vögeln und Schmetterlingen nachjagten, trunken von Freiheit. Oft kam Rover ihnen misstrauisch nach, blieb stehen und rannte wieder los wie eine Zeitung im Wind, mit dem jetzt nicht mehr so weißen Huhn um den Hals, sodass er kaum Schritt halten konnte, und dann und wann blieb er mit dem Huhn in einer Hecke hängen oder man musste ihm über eine Mauer helfen.
    Edward war unberechenbar. Manchmal sagte er während eines ganzen Spaziergangs kein Wort. Dann wieder hielt er flammende Reden über alle erdenklichen Themen, meistens etwas, das mit Irland zu tun hatte, dessen Zukunftsaussichten, der Unmöglichkeit jeden Fortschritts in einem Land, das mit Priestern, Aberglauben und Faulenzerei geschlagen war, über »diesen verfluchten Redmond«, der den Leuten Schnapsideen ins Hirn setzte, die zynische Gleichgültigkeit Westminsters bei allem, was die Union anging, dem großartigen Beispiel, das Sir Edward Carson und seine Truppen im Norden gegeben hatten … Wollte die irische Bevölkerung die Selbstverwaltung? Das wollte sie mit Sicherheit nicht. Die wussten, was gut für sie war. Da könne er jeden anständigen Irländer fragen, und von jedem werde er die gleiche Antwort bekommen. Nur die Ganoven, die Fanatiker, die Verbitterten hatten ein Interesse daran, Unruhe zu stiften. Ich frage Sie, wäre Murphy fähig, sich selbst zu regieren? Der wäre nicht mal fähig, seinen eigenen Hintern zu regieren! »Anständige Iren« (und das waren neunundneunzig Prozent, wenn man Edward glauben wollte) waren den Briten wohlgesonnen wie eh und je und genauso entsetzt über die Bluttaten, die immer wieder geschahen, wie sie.
    Doch am Tag, nachdem er sich das von Edward hatte sagen lassen, las der Major in der
Irish Times
:
    Dramatische Szenen, bei denen Schlagstock und Bajonett zum Einsatz kamen, ereigneten sich in Newtonbarry, Grfsch. Wexford, nach der Verhaftung von John Mahon, einem Kleinbauern aus Gurteen, etwa eine Meile außerhalb der Stadt. Als die Beamten mit dem Gefangenen an der Kaserne anlangten, wurden sie von einer Menschenmenge aus über dreihundert Personen mit Pfiffen und Buhrufen begrüßt; anwesend war auch die örtliche Blaskapelle, die dazu spielte … Einige Zivilisten ergriffen die Flucht, doch die Mehrzahl blieb, und es kam zu Tätlichkeiten zwischen der Menge und der Polizei. Letztere machte ausgiebig Gebrauch von ihren Schlagstöcken, während die Mitglieder der Kapelle mit ihren Instrumenten auf die Beamten einschlugen
.
    Der Major lächelte, als er das las, und dachte: »Wie wunderbar irisch! Die Blaskapelle schlägt mit ihren Instrumenten auf die Polizei ein! Da wäre ich gern dabeigewesen.« Aber es lag doch die Folgerung auf der Hand, dass Edward die Zahl der »anständigen« Iren überschätzte. Und da Newtonbarry gar nicht weit von Kilnalough lag, konnte doch die Lage auch hier nicht ganz ungefährlich sein? Aber der Major machte sich keine Sorgen, jedenfalls vorerst nicht. Erst einmal war er gut unterhalten von der Vorstellung, dass die Iren sich benahmen, wie Iren sich nun einmal benehmen sollten.
    Der Major lachte laut. Aber ein oder zwei Tage später klang es doch schon düsterer in dem Bericht darüber, wie die Masse gejohlt hatte, als Bezirksinspektor Hunt sterbend auf der Straße in Thurles lag, nach einem Schuss aus dem Hinterhalt. Aber der Major war beschäftigt und warf nur einen flüchtigen Blick darauf. Er hatte beschlossen, sich bei Edward nach Angela zu erkundigen.
    Dass sie krank war, stand außer Frage, aber vielleicht war es ja nichts allzu Ernstes. Anderseits aß sie so wenig, dass sie sich damit zu Tode hungern würde. Er musste wissen, was los war. Eben wollte er ganz unverblümt danach fragen, da brummte Edward: »Hören Sie, Brendan, ich möchte Ihnen danken für all das, was Sie unter diesen … nun, schwierigen Umständen für uns tun. Nein, nein, sagen Sie nichts … ich weiß, wie das ist. Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich das zu schätzen weiß, nichts weiter.«
    Der Major starrte ihn verblüfft an.
Was
tat er für sie? Und was waren das für »schwierige Umstände«? Wieder wollte er ihn geradeheraus fragen, wollte der Geheimniskrämerei ein Ende bereiten, endlich zur Sache kommen … Aber Edward war sichtlich gerührt; die scharfen Kanten seines Gesichts waren sanfter geworden, und der Major musste wieder daran denken, wie er ein paar Abende zuvor draußen im Regen gestanden hatte, mit allen Anzeichen der Verzweiflung. Wie hilflos man ist, wenn man alt wird in

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