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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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schüttelte sich und nahm die Öllampe, damit sie ihm auf sein Zimmer leuchten konnte. In ein oder zwei Tagen würde er sich um die Spencers nicht mehr kümmern müssen. Erst als er schon halb die Treppe hinauf war, fiel ihm wieder ein, dass er nach wie vor keine Laken für sein Bett hatte. Und wieder war es zu spät, um noch etwas zu tun.
    Doch ein Tag oder zwei vergingen, und der Major war noch immer im Majestic. Inzwischen war es ihm gelungen, ein paar Dinge zu regeln, die ihn besonders gequält hatten (er hatte Bettzeug bekommen, und das Morgengebet vermied er, indem er sich das Frühstück aufs Zimmer bringen ließ), aber es hing eine Melancholie in diesen leeren Räumen und Gängen wie ein unsichtbares Gas, und durch nichts konnte man vermeiden, dass man sie in sich aufnahm.
    Angela blieb hinter ihrer verschlossenen Tür (unmöglich zu sagen welche; es gab so viele) und war mit Sicherheit krank, auch wenn niemand davon sprach. Ja, keiner erwähnte sie in seiner Gegenwart auch nur. Vielleicht dachten sie, dass er »Verständnis hatte«; vielleicht war das die Art, auf die man bei den Spencers mit Unglück fertigwurde, indem man es einfach nicht erwähnte, wie in Angelas Brief, in dem der Hund namens Spot (der vermutlich an Staupe gestorben war) mit einem Mal in der Liste fehlte. Ja, der Major konnte sich vorstellen, dass Edward jetzt in diesem Augenblick eine Liste der Bewohner des Majestic aufstellte, in der seine Tochter Angela nicht vorkam.
    Einmal, als er auf dem Weg zur Empire-Bar, die er sich nun mit der gescheckten Katze teilte, durch das Palmenhaus kam, hörte er eine alte Dame, die eben erst angekommen war, laut flüsternd fragen, ob dies der unglückliche Verehrer der armen Angela sei. Unwillkürlich hatte er sich umgedreht und sah eine ganze Batterie mitleidsvoll forschender Augenpaare auf sich gerichtet.
    Ein oder zwei Mal (oder, um genau zu sein, mehrere Male) war er auch wieder vor oder nach den Mahlzeiten auf der Treppe der Köchin mit dem Tablett für das Krankenzimmer begegnet. Aber ob sie sich nun hinauf- oder hinunterquälte – bei dem, was sie auf dem Tablett hatte, machte das, wie der Major sah, kaum einen Unterschied. Höchstens dass auf dem Weg nach unten Fleisch oder Gemüse ein wenig unordentlich sein mochten, zusammengeschoben, konnte man sich vorstellen, von einer lustlosen Hand. Manchmal lag eine Gabel auf dem Teller, doch das Messer war so gut wie nie benutzt; in der Regel lag es auf dem Rückweg noch genauso sauber und glänzend neben dem Geschirr wie es hinaufgegangen war. Ebenso kehrte der Apfel auf dem Tablett zurück, seine Schale unberührt; wenn es ein Bratapfel war, mit Vanillesoße, war er vielleicht ein wenig zerdrückt, oder etwas von dem Fruchtfleisch war herausgebohrt und mit der gelben Flüssigkeit vermengt; gedämpft, mit braunem Zucker besprenkelt, fehlte sogar einmal die Hälfte davon. Äpfel – schließlich gab es einen ganzen Berg davon im Apfelhaus, und die wollten verzehrt sein – spielten eine große Rolle in der Küche des Majestic. Einmal fiel ihm allerdings ein frischer Apfel unterwegs nach oben auf, der so prall und glänzend war, dass es sich womöglich um einen ersten Vertreter der neuen Ernte handelte. Auf dem Rückweg lag er nach wie vor auf dem Tablett, aber ein verzweifelter Bissen fehlte. Er sah die Spuren kleiner Zähne, die eine flache, ovale Furche in die Seite geschlagen hatten, und das offene weiße Fleisch wurde bereits braun, wie eine alte Fotografie oder ein alter Liebesbrief. Von diesem einzelnen Bissen war er außerordentlich gerührt und wollte etwas sagen. Er blieb stehen und hob schon zum Sprechen an, doch die Köchin, als fürchte sie sich vor ihm, polterte bereits hastig weiter die Treppe hinunter und von ihm fort. Wenn sie sich jetzt auf der Treppe begegneten, wandte sie jedes Mal verlegen den Blick ab, und ein- oder zweimal errötete sie sogar tief, als hätte sie ihn bei etwas Unanständigem ertappt. Und es stimmte schon, mittlerweile faszinierte ihn dieses Tablett, und oft richtete er es so ein, dass er im Treppenhaus war, wenn es nach oben ging oder zurückkehrte. Meist beschränkte er sich jedoch auf einen kurzen, gierigen Blick, der alles auf einmal aufnahm.
    An den Nachmittagen machte er meistens einen Spaziergang mit Edward, irgendwo auf dem unglaublich großen Gelände des Majestic und von vier oder fünf der Hunde begleitet, die aus diesem Anlass hinausdurften und begeistert umhertollten und über die Wiese oder zwischen

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