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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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dringenden Geschäften anderswo gebraucht werde und nach England (wenn nicht an einen ferneren Ort) zurückkehre. Doch Edward sah so niedergeschlagen aus, als er auf seine Abreise zu sprechen kam, er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und sagte: »Ja natürlich, viel Spaß haben Sie ja nicht bei Ihrem Besuch hier …«, ging gar nicht auf seine Beteuerungen ein, dass er ja nicht deswegen abreise (obwohl er es natürlich deswegen
tat
), dass er nun doch wieder seine vorgefasste Rede hastig abwandelte und erklärte, dass er ja nur für eine Woche nach Dublin wolle, und zwar … Verzweifelt hielt er inne; es fiel ihm partout kein Grund ein. Doch das war der Punkt, an dem ein Wunder geschah. Edwards Miene hellte sich auf. Er klopfte dem Major auf den Rücken und sagte: »Aber natürlich, mein Lieber, natürlich, das kann ich mir denken. Sie wollen bei der Friedensparade am Neunzehnten dabei sein; wünschte, ich könnte mitkommen. Würde sie ja selber gern sehen, aber ich fürchte, ich kann die Stellung hier nicht verlassen. Marschieren Sie mit? Nein? Wie ich höre, nimmt French die Parade ab. Er sollte schon mit Haig in London marschieren, hat aber abgelehnt. Ganz richtig von Ihnen. Aber dann muss ich sehen, ob ich nicht ein Zimmer für Sie bei Jury organisieren kann. Von da sollten Sie eine gute Aussicht haben. Wenn Sie unten stehen, sehen Sie nämlich überhaupt nichts …« So kam es, dass der Major durch und durch unzufrieden mit sich selbst war, als er den Zug bestieg, der schon zischend im Bahnhof Kilnalough wartete; jetzt musste er wie ein Feigling per Brief erklären, dass der Ausflug nach Dublin eine Abreise für immer gewesen war.
    Als es schon fast Zeit zur Abfahrt war, hallten aufgeregte Rufe über den Bahnsteig – ein zu spät gekommener Reisender kam aus dem Schalterraum gestürmt, beladen mit Aktentasche und dicken Paketen, bei denen ihm der Bahnhofsvorsteher und ein Träger halfen. Der Major erhaschte nur einen kurzen Blick auf ein paar abgewetzte Koffer und das hagere Gesicht, die weit aufgerissenen Augen des »Freunds von Parnell«, als er vorüberhastete. Doch der alte Bursche kletterte in ein Dritte-Klasse-Abteil, und der Major sah ihn nicht mehr wieder. Aber ihm fiel jetzt wieder ein, dass er am Vorabend aus der Ferne die Anzeichen eines heftigen Streits vernommen hatte, als er mit den Kätzchen auf dem Schoß in der Empire-Bar gesessen hatte – Edwards harte, wütende Stimme war in der Stille des Abends durch Wände und Fußbodendielen gedrungen. Zweifellos war dies der Grund für die Abreise.
    Den ganzen Nachmittag über schien die Sonne beständig auf salatgrünes Laub. Der Major saß am offenen Fenster und döste angenehm vor sich hin, ließ sich das Haar vom Wind zerzausen, schnupperte dann und wann einen Hauch von warmem Gras oder die kühle Frische eines munteren Bachs. Bald machte die Wärme ihn schläfrig, und er ließ sich ganz in diesen goldenen Nachmittag hineingleiten. Jetzt schlief er halb, das Sonnenlicht glitt wie geschmolzenes Gold über den Boden seines Abteils, dann und wann kräuselte sich blauer Rauch aus seiner Pfeife in der milden Luft, und jetzt endlich gestattete er sich Entspannung und fühlte sich zufrieden mit sich selbst. Bald darauf klopfte er die Pfeife aus, steckte sie in die Tasche und schlief ein. Langsam löste der Eindruck des Friedens sich auf. Im Schatten seiner geschlossenen Lider krochen abgerissene Gestalten auf ihn zu, bleich und schweigend, durch verwüstetes Land.
    Am Sonntag, dem Tag, der im ganzen Empire der Feier des »Friedens« vorbehalten war, füllten die Straßen von Dublin sich schon am frühen Morgen. Während der vergangenen drei Tage hatte der Major mit angesehen, wie die grauen Bauten der Stadt allmählich Farbe bekommen hatten; Fahnen wurden aus Fenstern gehängt, Bänder mit Wimpeln über die Hauptstraßen gespannt. Jetzt bauschten sich in der Sackville Street der Union Jack, das Sternenbanner und die italienische Flagge an den zerschossenen Wänden der Hauptpost; ein weiterer, riesiger Union Jack wehte hoch oben auf Trinity College, und vor den Bank- und Börsenmaklerhäusern am College Green stand eine ganze Tapisserie aus Bannern. Hier vor der Bank von Irland (eine Anzahl Soldaten war bereits im Einsatz und sicherte das Dach) war die Tribüne für den Vizekönig aufgebaut, unter einem rot-weiß gestreiften Zeltdach, das Stangen mit goldenen Spitzen hielten. Hier würden binnen Kurzem der Lordleutnant, sein Stab sowie Vertreter der

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