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Troubles (German Edition)

Troubles (German Edition)

Titel: Troubles (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gordon Farrell
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Majestic. Ein bisschen zu ländlich vielleicht, mit dem Strohdach und den unverputzten Wänden. Ein ekliger Biergestank schlug uns durch die offene Tür entgegen, und die Damen rümpften die Nase.
    Ich war noch nie drin gewesen, also sah ich mich erst einmal um (suchte nach einem sicheren Plätzchen, für den Fall, dass es zu Handgreiflichkeiten kam; ich bin ja kein so tapferer, männlicher Bursche wie Sie, Major). Niedrige Decke, schwarz vom Knaster; schäbig, Sägemehl am Boden, Stühle und Tische ganz aus Holz, ein gewisser Gestank von dem alten
ghuslkhana
(Vater besteht darauf, es so zu nennen), ein großer Spiegel hinter der Bar, schon ganz angelaufen, und davor stand, neben einer Gipsfigur von Johnny Walker mit Monokel und Spazierstock, ein Kalender oder so was mit einem von diesen wirklich schauerlichen Heiligen Herzen drauf. Kann sein, dass auch noch ein paar verwelkte Tulpen in einem Marmeladenglas davorstanden.
    Oh, da fällt mir ein – den habe ich vergessen, da war noch ein weiterer Mann in unserer Abordnung, Evans, der wackere Pädagoge, der sich immer irgendwo hinten im Dunkeln herumdrückt. In diesem Falle war er allerdings Feuer und Flamme. Sofort als er hörte, was der Pater familias plante, meldete er sich freiwillig; ja man konnte ihn kaum davon abhalten, sich auf den ersten Eingeborenen zu stürzen, der uns begegnete. Der stand jedenfalls da, blickte sich um, unglaublich kriegslüstern (der hätte Ihnen gefallen, Major; der alte Evans, dem reicht niemand eine weiße Feder), aber zum Glück hatte keiner unter den Einheimischen Lust auf ein paar eingeschlagene Zähne.
    Genau genommen war sogar alles ausgesprochen friedlich. Erstaunlich viele Leute da; saßen oder standen am Tresen, Männer meistens. An den Tischen am einen Ende ein paar abgerissene Schlampen, am anderen ein paar Männer, die Karten spielten; eine alte Vettel am Feuer mit einem großen Glas Porter neben sich. Offenbar hatten sich alle bestens amüsiert, bis wir uns blicken ließen. Aber jetzt stand der Pater familias da wie diese grauenhafte steinerne Statue, die am Ende von
Don Giovanni
bei dem Festmahl erscheint, um sich den Lüstling zu holen, der sämtlichen Töchtern nachgestellt hat! Es war angsteinflößend, Major, das können Sie mir glauben (ein Mann von Ihrer Charakterfestigkeit hätte sich davon natürlich nicht erschrecken lassen). Der Pater familias schreitet also waffenklirrend durch den Schankraum zu einem großen Tisch genau in der Mitte, an dem nur ein einzelner alter Mann zahnlos und verschrumpelt saß. Dieser Mümmelgreis hatte sein weißes Haupt über einen gewaltigen Krug gebeugt, aus dem er mit einem irgendwie pfeifenden Geräusch etwas schlürfte. Als er zum Atemholen auftauchte, saugte er seinen zottigen braunen Schnurrbart in den Mund und lutschte ihn aus, dann tauchte er von Neuem ein. Dieser Bursche sprang erschrocken auf, als er den steinernen Gast auf sich zukommen sah. Na, kann ich ihm nicht verdenken.
    Wir suchten uns Stühle, und alle setzten sich. ›Könnten wir bitte bedient werden‹, forderte der steinerne Gast mit einer Stimme von jenseits des Grabes. Ein rotgesichtiger Bursche – eine Schürze umgebunden, der Schweiß lief ihm in Strömen – kam hinter dem Tresen hervorgeschlurft und wischte sich die Hände.
    Noch immer, Major, war der Raum still, als läge er unter einer dicken Eisdecke. Alle an unserem Tisch wunderten sich, warum ›sie‹ denn nicht weiterredeten, natürlich in respektvollem Tonfall. Plötzlich prustete einer der Männer am Tresen in sein Glas, wodurch er seine Nachbarn mit einer braunen Sprühwolke überzog, konnte sich nicht mehr beherrschen und lachte laut auf, ein schallendes Lachen, bei dem er so verzweifelt um Atem rang, dass es eine Zeitlang nicht ganz sicher war, ob er denn wirklich lachte oder ob er einen schrecklichen epileptischen Anfall hatte. Nach und nach würgte allerdings die Atemnot seine Heiterkeit ab, und einer seiner Kumpane brachte ihn, halb erstickt, nach draußen und kehrte dann allein zurück. Jetzt hatten offenbar auch einige weitere Männer Mühe, noch weiterhin ernst zu bleiben; auf beiden Seiten waren die Gesichter streng und starr, angespannt wie die Saiten einer Violine. (Es war entsetzlich, Major, Sie können sich das überhaupt nicht vorstellen.) In dieser Schankstube schwoll unterdrücktes Gelächter an wie ein Abszess. Jeden Moment, schien es, würde dieses grässliche Ding mit einem lauten Knall zerplatzen, und wir würden allesamt

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