Trübe Wasser sind kalt
dann aus diesem Energiespektrum feststellen?«
»Weil der Germaniumkristall Uran zweifünfunddreißig aufspürt. Und da der Prozentsatz hier so niedrig ist, zeigt das an, daß die betreffende Probe abgereichertes Uran sein muß.« »Es könnte kein verbrauchter Brennstoff aus einem Reaktor sein«, dachte ich laut.
»Nein«, sagte er. »Es sind bei Ihrer Probe keine Spaltprodukte beigemischt. Kein Strontium, Cäsium, Jod, Barium. Das hätten Sie bereits im Elektronenrastermikroskop gesehen.«
»Solche Isotope sind nicht aufgetaucht«, stimmte ich zu. »Nur Uran und andere unwichtige Elemente, wie sie in Bodenbestandteilen, die an Schuhsohlen haftengeblieben sind, vorkommen.« Ich schaute auf die Gipfel und Täler, die ein beängstigendes Kardiogramm hätten sein können, während Matthews sich Notizen machte.
»Möchten Sie von alldem einen Ausdruck haben?« fragte er. »Bitte. Wozu wird abgereichertes Uran verwendet?«
»Im allgemeinen ist es wertlos.« Er drückte verschiedene Tasten. »Wenn es nicht aus einem Atomkraftwerk kommt, woher dann?«
»Höchstwahrscheinlich aus einer Einrichtung, die Isotopentrennung durchführt.«
»Wie Oak Ridge, Tennessee«, schlug ich vor. »Nun, die machen das nicht mehr. Aber sie haben es sicher jahrzehntelang gemacht und müssen ganze Lagerhallen mit Uranmetall haben. Jetzt gibt es auch Anlagen in Portsmouth, Ohio und Paducah, Kentucky.«
»Dr. Matthews«, sagte ich. »Es sieht so aus, als habe jemand an seinen Schuhsohlen abgereichertes Uranmetall gehabt, das er in mein Auto geschleppt hat. Fällt Ihnen eine logische Erklärung über das Wie und Warum ein?«
»Nein.« Seine Miene war ausdruckslos. »Ich glaube nicht.« Ich dachte an die gezackten und kugeligen Formen, die mir das Elektronenrastermikroskop gezeigt hatte, und versuchte es noch einmal. »Warum sollte jemand Uran zweiachtunddreißig schmelzen? Warum sollte er es mit einer Maschine bearbeiten?« Er schien immer noch keinen Anhaltspunkt zu finden. »Wird abgereichertes Uran überhaupt für etwas verwendet?« fragte ich dann.
»Generell wird in der Großindustrie kein Uranmetall verwendet«, antwortete er. »Nicht einmal in Atomreaktoren, weil die Brennstäbe aus keramischem Uranoxid verwenden.«
»Dann sollte ich vielleicht fragen, wofür abgereichertes Uranmetall theoretisch verwendet werden könnte«, faßte ich nach. »Früher einmal hat das Verteidigungsministerium überlegt, es zur Armierung von Panzern zu verwenden. Und es gab den Vorschlag, es zur Herstellung von Kugeln oder anderen Projektilen zu benutzen. Schauen wir mal. Ich schätze, wir wissen sonst nur noch, daß es sich gut zur Abschirmung von radioaktivem Material eignet.«
»Was für radioaktives Material?« sagte ich, mein Adrenalinpegel stieg. »Etwa verbrauchte Brennstäbe?«
»Das wäre eine Möglichkeit, wenn wir wüßten, wie wir nukleare Abfälle in diesem Land loswerden könnten«, sagte er und verzog das Gesicht. »Wissen Sie, wenn wir sie entfernen könnten, um sie beispielsweise Hunderte von Metern unter dem Yucca Mountain in Nevada zu vergraben, dann ließe sich U-238 zur Auskleidung der Transportbehälter verwenden.«
»Mit anderen Worten«, sagte ich, »wenn verbrauchte Brennstäbe aus einem Atomkraftwerk entfernt werden sollen, müssen sie in etwas hineingetan werden, und abgereichertes Uran bietet eine bessere Abschirmung als Blei.« Genau das habe er gemeint, sagte er, und übergab mir die Probe wieder, denn sie war Beweismaterial, das eines Tages vor Gericht gebraucht werden könnte. Ich konnte sie also nicht hier lassen, obwohl ich wußte, wie Marino reagieren würde, wenn ich das Zeug wieder in seinen Kofferraum tat. Als ich zum Auto zurückkam, hatte er die Sonnenbrille aufgesetzt und lief nervös herum.
»Was nun?« sagte er. »Bitte öffne den Kofferraum.«
Er langte in sein Auto und betätigte einen Hebel. »Ich sage es dir gleich jetzt, daß es in keinen Schrank in meinem Dezernat oder im Hauptdezernat kommt. Niemand wird dabei mitmachen, selbst wenn ich es wollte.«
»Es muß aufbewahrt werden«, sagte ich schlicht. »Da ist eine Kiste Bier drin.«
»Ich wollte später nicht noch einmal deshalb anhalten.«
»Eines Tages bekommst du noch Schwierigkeiten.« Ich schloß den Kofferraum seines Polizeiautos.
»Wie wär's denn, wenn du das Uran in deinem Büro lagerst?« sagte er.
»Fein.« Ich stieg ein. »Das kann ich machen.«
»Und, wie war's?« fragte er, während er den Motor anließ. Ich gab ihm einen
Weitere Kostenlose Bücher