Trübe Wasser sind kalt
kurzen Überblick und verzichtete dabei auf so viele wissenschaftliche Details wie möglich. »Du willst mir erklären, daß jemand atomaren Abfall in deinen Benz geschleppt hat?« fragte er verdutzt.
»So sieht es aus. Ich muß noch mal anhalten und mit Lucy sprechen.«
»Warum? Was hat sie damit zu tun?«
»Das ist mir noch nicht ganz klar«, sagte ich, als er den Hügel hinabfuhr. »Ich habe eine ziemlich verrückte Idee.«
»Ich hasse es, wenn du diese Ideen kriegst.« Janet sah besorgt aus, als ich wieder an ihrer Tür war, diesmal mit Marino. »Ist alles in Ordnung?« fragte sie und ließ uns herein.
»Ich glaube, ich brauche eure Hilfe«, sagte ich. » Das heißt, wir beide brauchen sie.«
Lucy saß auf dem Bett, ein Notebook auf dem Schoß. Sie sah Marino an. »Schieß los. Aber wir verlangen Beraterhonorar.« Er setzte sich zum Feuer, und ich zog mir einen Stuhl neben ihn.
»Diese Hacker, der in den Computer von CP&L eingedrungen ist«, fing ich an, »wißt ihr, worin er noch eingedrungen ist, außer in die Kundenrechnungen?«
»Ich kann nicht behaupten, daß wir alles wissen«, erwiderte Lucy. »Aber das mit den Rechnungen ist sicher. Und Kundeninformationen allgemein.«
»Was heißt das?« fragte Marino.
»Das heißt, daß die Kundeninformationen die Rechnungsadressen, Telefonnummern, Sonderdienste, den durchschnittlichen Energieverbrauch beinhalten, und einige Kunden besitzen auch Aktienanteile…«
»Reden wir von den Aktien«, unterbrach ich sie. »Ich mache bei diesem Programm auch mit. Ein Teil meines monatlichen Schecks dient zum Kauf von CP&L-Aktien, und deshalb hat die Firma einige Finanzinformationen über mich, einschließlich meiner Konto- und meiner Sozialversicherungsnummer.« Ich hielt inne und dachte nach.
»Könnte so etwas für den Hacker interessant sein?«
»Theoretisch ja«, sagte Lucy. »Denn du mußt bedenken, daß eine riesige Datenbank wie die von CP&L nicht nur an einem Platz ist. Sie haben andere Systeme, zu denen Datenleitungen führen, was das Interesse des Hackers an der Zentrale in Pittsburgh erklären könnte.«
»Vielleicht sagt dir das was«, meinte Marino, der bei Lucys Computer-Kauderwelsch immer ungeduldig wurde. »Aber mir sagt das einen Scheiß.«
»Wenn du die Datenleitungen als größere Zugangswege auf einer Karte ansiehst - wie etwa die 1-95«, erklärte sie geduldig, »dann kannst du theoretisch, wenn du von einem zum anderen dich bewegst, im globalen Netz herumkurven. Du könntest dic h in alles mögliche einklinken, was immer Du willst.«
»Gib mir ein Beispiel, das ich verstehe.«
Sie klappte das Notebook auf ihrem Schoß zu und zuckte mi t den Achseln. »Wenn ich in den Pittsburgh-Computer eindringe, wäre ich mit dem nächsten Schritt bei AT&T drin.«
»Dieser Computer hat einen Zugang zum Telefonsystem?« fragt ich.
»Das ist nur einer davon. Aber Jan und ich haben immer mehr den Verdacht, daß dieser Hacker Möglichkeiten ausprobiert, um Strom und Telefoneinheiten zu stehlen.«
»Natürlich ist das im Augenblick nur eine Theorie«, sagte Janet. »Bislang ist noch nichts aufgetaucht, was uns etwas über das Motiv des Hackers verrät. Aber aus der Sicht des FBI sind die Einbrüche gesetzwidrig. Das allein zählt.«
»Wißt ihr, welche Kundenregister der CP&L angezapft wurden?« fragte ich.
»Wir wissen, daß diese Person Zugang zu allen Kunden hat«, erwiderte Lucy. »Und das sind Millionen. Aber was die individuellen Aufstellungen betrifft, die genauer studiert wurden, so waren das nur wenige. Und die haben wir.«
»Ob ich sie sehen könnte?« fragte ich. Lucy und Janet schwiegen.
»Wozu?« fragte Marino, der mich die ganze Zeit ansah. »Worauf willst du hinaus, Doc?«
»Ich will darauf hinaus, daß mit Uran Atomkraftwerke betrieben werden, und CP&L hat zwei davon in Virginia und eins in Delaware. In ihren Hauptdatenspeicher ist eingebrochen worden. Ted Eddings hat mein Personal über Radioaktivität ausgefragt. Auf seinem PC daheim hatte er alle möglichen Dateien über Nordkorea und die Vermutungen, daß dort versucht wird, waffenfähiges Plutonium in einem Atomreaktor herzustellen.«
»Und sobald wir in Sandbridge Nachforschungen anstellen, schleicht jemand ums Haus herum«, fügte Lucy hinzu. »Dann schlitzt uns jemand die Reifen auf, und Detective Roche bedroht dich. Und Danny Webster fährt nach Richmond und kommt zu Tode, und nun sieht es so aus, als habe der Mörder Uran in dein Auto geschleppt.« Sie schaute mich an. »Sag
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