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Trügerische Ruhe

Trügerische Ruhe

Titel: Trügerische Ruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Sie hörte den Unterton der Erregung in seiner Stimme. »Das müssen Sie gesehen haben, um es zu glauben.«
    Fern Cornwallis sah zu dem Spruchband auf, das von den Deckenbalken der Sporthalle herabhing, und sie seufzte.
    KNOX HIGH SCHOOL – IHR SEIT DIE BESTEN!!!
    Wie paradox: Da hatten sich die Schüler so viel Mühe mit dem Transparent gegeben, waren auf schwindelerregend hohe Leitern geklettert, um es an diesen Balken zu befestigen, hatten es aber versäumt, noch einmal einen Blick auf die Rechtschreibung zu werfen. Das rückte die Schule in ein schlechtes Licht, die Lehrer und auch Fern selbst, aber es wäre zu viel Aufwand gewesen, das Transparent jetzt noch abzunehmen und zu verbessern. Niemand würde es bemerken, wenn erst einmal das Licht heruntergedreht war, die Musik stampfte und die Luft sich allmählich in einen schwülen Dunst aus Teenager-Hormonen verwandelte.
    »Für heute nacht ist Schnee angekündigt«, sagte Lincoln. »Bist du sicher, daß du diese Veranstaltung nicht absagen willst?«
    Apropos Hormone. Fern drehte sich um, und sie spürte dieses Flattern in der Magengrube, wie jedesmal, wenn sie ihn ansah. Es war ein Wunder, daß er das Verlangen in ihren Augen nicht sehen konnte. Männer sind so blind.
    »Wir haben diesen Tanz schon zweimal verschoben«, sagte sie. »Die Kids brauchen irgendeine Belohnung, wenn auch nur dafür, daß sie diesen furchtbaren Monat durchgestanden haben.«
    »Es heißt, es wird zehn bis fünfzehn Zentimeter geben, und um Mitternacht wird es am schlimmsten sein.«
    »Bis dahin ist der Tanz vorbei. Sie werden alle zu Hause sein.«
    Lincoln nickte, aber es war deutlich zu sehen, daß ihm nicht wohl dabei war, als er sich in der Sporthalle umsah, die mit blauen und weißen Girlanden aus Kreppapier und mit silbernen Luftballons dekoriert war. Die kalten Farben des Winters. Ein halbes Dutzend Mädchen – warum waren es immer Mädchen, die die Arbeit machten? – war dabei, den Tisch mit den Erfrischungen zu decken; sie schleppten die Schüssel mit dem Punsch heran, die Tabletts mit den Keksen, die Pappteller und Papierservietten. Am anderen Ende der Halle war ein langhaariger Schüler damit beschäftigt, die Musikanlage einzustellen. Aus dem Verstärker drang ohrenbetäubendes Gequietsche.
    »Nicht so laut, bitte!« rief Fern und hielt sich die Hände an den Kopf. »Diese Kinder machen mich noch taub.«
    »Das wäre vielleicht ein Segen – bei der Musik, die sie machen.«
    »Ja, Großstadtrap auf dem Lande. Vielleicht können sie einen Laubhaufen fürs Stage-Diving benutzen.«
    »Weißt du, wie viele heute abend kommen werden?«
    »Beim ersten Tanz des Jahres? Ich rechne mit einem vollen Haus. Vier Jahrgänge, minus die achtunddreißig Unruhestifter, die suspendiert worden sind.«
    »Schon so viele?«
    »Ich gehe hier präventiv vor, Lincoln. Eine falsche Bewegung, und sie sind für eine Woche weg vom Fenster. Dürfen nicht einmal das Schulgelände betreten.«
    »Das wird mir die Arbeit erleichtern. Ich habe sowohl Dolan als auch Pete Sparks für die Streife heute abend eingeteilt, so daß mindestens zwei von uns hiersein werden, um die Dinge im Auge zu behalten.«
    Das laute Krachen eines Tabletts ließ sie beide herumfahren, und sie sahen eine Ladung Kekskrümel über den Boden kullern. Ein blondes Mädchen starrte ungläubig auf die Bescherung. Sie wirbelte herum und fauchte ein schwarzhaariges Mädchen an, das in der Nähe stand. »Du hast mir ein Bein gestellt!«
    »Nein, hab ich nicht!«
    »Du hast mich schon den ganzen Nachmittag ständig angerempelt!«
    »Hör mal, Donna, gib nicht mir die Schuld, wenn du nicht normal gehen kannst, ohne über deine eigenen Füße zu stolpern.«
    »Das reicht!« rief Fern. »Wischt das sofort auf, oder ihr werdet beide suspendiert!«
    Zwei zornige Gesichter starrten sie an. Fast gleichzeitig setzten sie an: »Aber Miss Cornwallis, sie –«
    »Ihr habt verstanden, was ich gesagt habe.«
    Die Mädchen tauschten giftige Blicke aus, und Donna stürmte aus der Sporthalle.
    »So weit ist es gekommen«, seufzte Fern. »Das ist es, womit ich fertigwerden muß.« Sie sah zu den hohen Hallenfenstern auf. Zu dem schwindenden Tageslicht.
    Die ersten Schneeflocken hatten zu fallen begonnen.
    Die Abenddämmerung war die Zeit, die sie am meisten fürchtete, denn mit dem Einbruch der Dunkelheit schienen all die Ängste, die Doreen Kelly plagten, wie Dämonen aus ihren sonst fest verschlossenen Gefängnissen hervorzubrechen. Im hellen Tageslicht

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