Trügerischer Friede
hinten, um nach möglichen Verfolgern Ausschau zu halten; voller Entsetzen sah er, dass sich
die Spitze der Galeere bereits aus der Einfahrt schob.
Der Magodan verstand sein Handwerk. Er wartete mit dem Beschuss nicht, bis sein Schiff in der ganzen Länge aus dem Hafenbecken gerudert war, sondern erlaubte den Bombardieren, nach eigenem Ermessen zu feuern, sobald sie das Ziel ausmachten.
Der erste Schuss grollte, eine Kugel kam herangezischt und zielte verhext genau auf das schmale Heck des Seglers, wenn sie auch etwas zu hoch flog, um in die Kapitänskajüte zu fahren oder die Ruderanlage zu treffen.
»Runter!«, schrie Puaggi und hechtete die Treppe hinab vom Achterdeck. Hart prallte er auf die Stufen, rollte sich jedoch geschickt ab und kam rasch auf die Beine, während es über ihm krachte und jemand laut schrie.
Die Kugel hatte die hinteren Aufbauten abrasiert, war durch den Aufprall abgelenkt worden und hatte den im Sprung befindlichen Roscario so unglücklich getroffen, dass er, in zwei Hälften geteilt, über die Reling geschleudert wurde. Einer seiner blutgetränkten Schuhe lag auf den Planken, wie Puaggi bei der Rückkehr auf das Deck erkannte, und erinnerte an den Commodore. So schnell war er an die Rolle des Befehlshabers gekommen.
Die Erhabenheit segelte jetzt unter Vollzeug, hielt ihre volle Geschwindigkeit bei und brauste über das Meer davon. Der Abstand zwischen ihr und den Bombarden der Galeere wuchs nun deutlich an.
»Kurs halten«, befahl Puaggi und deutete auf das abknickende Ende der Festungsmauer, die drei Mastlängen vor ihnen nach links verlief. »Da vorn hart Steuerbord, damit wir in der Verlängerung des toten Winkels nach Nordosten bleiben.« Die Steuermänner nickten. Weitere Geschosse flogen heran, stanzten Löcher ins Holz
und in die Leinwände. Glücklicherweise blieb der Erhabenheit ein verheerender Schaden am Schiff und an Leuten erspart; der Verlust eines Mastes und damit ihrer vorteilhaften Geschwindigkeit hätte sie zu einer netten Zielscheibe für die Galeere gemacht. Die bisherigen Auswirkungen der Treffer
würden die Zimmerleute in einigen ruhigen Stunden auf See ausbessern können, und bislang blieb es - bis auf den Commodore I bei einigen wenigen Verletzten, die von umherfliegenden Splittern getroffen worden waren.
Indessen war der rechte Zeitpunkt für das gewagte und nicht einfache Wendemanöver gekommen. Puaggi half den Steuermännern bei der Bedienung des Steuerrades und schaffte die Kehre derart genau berechnet, dass den Bombarden der Festung kein Ziel geboten wurde 1 eine Tatsache, die seine Leute mit lauten Jubelrufen bedachten. Sorgen bereitete ihm allerdings, dass die tzulandrische Galeere sich um den eigenen Mittelpunkt drehte, um den Palestanern eine letzte Breitseite hinterherzusenden, bevor sie außerhalb der Reichweite gelangten.
»Bombardiere, dreifache Menge Pulver stopfen«, befahl der Adjutant, »und zwei Kugeln je Lauf.« Die Männer starrten ihn ungläubig an, was sie dringend benötigte Zeit kostete. »Los! Nehmt ihren Heckmast zur Orientierung und visiert knapp oberhalb der Wasserlinie der Galeere.«
Als die Batteriemeister die Bereitschaft meldeten und Puaggi mit bangem Gefühl das Feuern verlangte, erklang ein Donnern aus den Mündungen der Bombarden, wie es noch keiner zuvor vernommen hatte. Die Sprengkraft des Pulvers zerriss drei der Geschütze.
Von den scharfkantigen Schrapnellen grausamst verstümmelt, wurden die Bombardiere und die Lademannschaften
durch das Deck geschleudert. Wer seine ersten Verwundungen weggesteckt hatte, wurde spätestens durch den Aufprall gegen die Innenstreben des Schiffes getötet. Hier und da hoben sich die Oberplanken, und durch die Ritzen rieselten
der eilig verstreute Sand und die Sägespäne nach unten. Infolge des Rückstoßes neigte sich die Erhabenheit erheblich nach Backbord. Taue, Kugeln und andere lose Gegenstände rutschten nach links.
Puaggi klammerte sich an das Geländer, um auf den Beinen zu bleiben. »Haltet durch, Männer! Es muss uns gelingen, oder wir sind gleich Futter für die Fische!«
Über den tzulandrischen Widersacher brach indessen ein Eisensturm herein, gegen den der verstärkte Rumpf und die Blechverkleidung nichts ausrichteten.
Dreizehn Geschosse erreichten ihr Ziel und trafen eine Fläche von der Größe einer Tischplatte; sie verbeulten das Blech zunächst und zertrümmerten das Holz dahinter, schließlich riss das dünn gehämmerte Metall, und die Kugeln schlugen den
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