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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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lachen hatte.
    Kontinent Ulldart, Südwestküste von Iuris, Spätsommer im Jahr 1 Ulldrael des Gerechten (460 n.S.)
    Und der Palestaner hat danach was gemacht?« Torben Rudgass stand breitbeinig vor den durchnässten Männern, die aus ihren Kleidern stiegen und sich in Decken hüllten, welche ihnen gereicht wurden. Er fuhr sich durch die kurzen blonden Haare und konnte kaum glauben, was ihm von den Seeleuten erzählt worden war, die sie eben zwischen den umhertreibenden Wrackteilen geborgen und an Deck gezogen hatten. »Er hat euch angegriffen und versenkt?«
    »Wir hatten ein altes Schiff«, versuchte sich Kapitän Froodwind zu verteidigen. »Die Kriegskogge war dem Segler unterlegen. Ein Zweimaster, Rudgass, und schneller als die Winddämonen!«
    Torben lachte ihn aus und zeigte dabei seine goldenen Zähne, die ihm anstelle der klaffenden Lücken eingesetzt worden waren. Er hatte eine Unsumme für die Konstruktion ausgegeben, die aus Draht, Eisenplättchen und Gold bestand. »Das würde dir so passen, was? Die Schuld auf deine Kogge zu schieben?« Er schüttelte vorwurfsvoll den Kopf und warf ihm eine Flasche Branntwein zu. »Früher haben wir die Palestaner mit eben diesen Kriegskoggen aufgebracht, die du alt nennst.« Die beiden Zöpfe im unteren Teil seines Vollbarts schwangen hin und her.
    Froodwind, ein typischer Rogogarder mit hellem Vollbart und kurzen Haaren, nahm einen Schluck Branntwein und pochte dann mürrisch auf die Planken. »Ja, sicher. Spuck du nur große Töne, Rudgass. Hätte ich eine Dharka so wie du, wäre mir das palestanische Prunkseepferdchen nicht entkommen.«
    »Es ist dir nicht nur entkommen, alter Plattfisch, es hat dich außerdem aus dem Wasser gepustet«, verbesserte er den Mann freundlich und schlug ihm auf die Schulter. Die Besatzung der Varia lachte. Torben ließ den Blick stolz über sein Schiff gleiten. Sicher, die Varia war etwas länger als seine tarpolische Kriegskogge, verfugte über drei leinene Segel und hohe Aufbauten, welche sie zu einem idealen Kaperschiff machten. Dennoch sollte ein Rogogarder in der Lage sein, mit jedem Schiff einen Palestaner zu besiegen. Das verlangte die Ehre als Freibeuter.
    »Wir schauen, ob wir ihn finden«, sagte er und brüllte den Befehl, einen Zickzack-Kurs anzulegen, um den Gegner aufzuspüren. Das Krähennest im Mast wurde doppelt besetzt.
    »Hieß es nicht, dass wir nach dem großen Krieg alle Verbündete sind?«, wunderte sich Hankson, der Erste Maat der Varia, und griff nach dem Branntwein. »Gerade die Palestaner sollten sich nicht dazu hinreißen lassen, die alte Feindschaft neu zu schüren. Es gibt genügend Menschen auf Ulldart, die sie für ihre Zusammenarbeit mit den Bardrics bluten sehen möchten.«
    Torben spielte versonnen mit den goldenen Ohrringen. Er
    hatte sich die gleiche Frage gestellt. »Wir werden den Palestaner rinden und fragen.« Mit diesen Worten ging er in seine Kajüte und warf sich samt seinen Kleidern auf das Bett. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und schloss die Augen, um sich seine Gefährtin Varia vorzustellen, die vor ihm nach Tarvin aufgebrochen war.
    Er sah sie genau vor sich, mit ihren kurzen schwarzen Haaren und den braunen Augen, die vor Wut Dolche verschleuderten oder in Leidenschaft entflammten. Dieses Temperamentbündel passte zu ihm, auch wenn er eingestehen musste, dass er mit seinen weit mehr als vierzig Jahren ruhiger geworden war. Wie so oft sah er sie nackt vor sich, verführerisch mit dem Rücken zu ihm auf den Laken hegend und einladend über die Schulter lächelnd. Lange ließ er sich eine Trennung von ihr nicht gefallen. Dösend lag er in seiner Kajüte, als ihn der laute Ruf weckte, dass ein Sturm aufzog. Als gefeiter Seemann hatte er die unruhige Fahrt in seinen Träumen nicht einmal bemerkt. Eilig ging er an Deck und begutachtete die schwarzen Wolken südwestlich von ihrer Position, aus denen dunkelgraue Regenschleier herabhingen. Die See steigerte sich unglaublich schnell in wütenden Aufruhr. Der Bug der Dharka tauchte in tiefe Wellentäler, Gischtwolken stoben in die Höhe, es roch nach Salz, Tang und Gewitter.
    »Wir legen besser an«, entschied Torben und deutete auf die Küste auf der Backbordseite. »Da sind die Lichter von Samtensand. Ihr Hafen wird heute unsere Heimat sein.«
    »Ich hoffe, sie haben Grog«, murmelte Hankson und schaute mit kleinen Augen in den dreckigen Himmel; die ersten
    Tropfen gingen nieder und benetzten den Schopf des Seemanns. »Es wird ein harter

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