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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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palestanischen Offiziers am Tisch stand, die Hand mit dem Glas zur Decke gereckt, um es danach zum Mund zu führen und zu leeren.
    »Ich hoffe, Ihr seid betrunken«, sagte er leichthin. »Sonst müsste ich Euer Verhalten als absichtliche Beleidigung verstehen.«
    Der Palestaner verneigte sich und zog den Hut. »Gestattet mir, dass ich mich im Gegensatz zu Euch wenigstens vorstelle. Mein Name ist Sotinos Puaggi, Adjutant von Commodore Roscario, dessen Seele in Frieden und umgeben von goldenen Hallen im Jenseits ruhen mag, und derzeitiger Befehlshaber der Erhabenheit.« Seine auffallend schmalen Züge wurden durch den Dreispitz unterstrichen. Er sah keinesfalls wie ein bewährter Fechter, sondern vielmehr wie ein Lehrling an der Klinge aus. »Ich wollte Euch nicht beleidigen, sondern mein Land ebenso ehren wie Ihr das Eure.«
    Torben schätzte ihn höchstens achtzehn Jahre. Seine eigenen achtzehn Jahre waren schon lange her.
    »Dann tut das bitte mit Eurem eigenen Getränk, aber gewiss nicht mit dem Branntwein, den ich bezahlt habe.«
    »Eine Runde für alle, die mit mir auf Palestan trinken möchten«, rief Puaggi unverzüglich zum Wirt und hielt sein Glas hin.
    »Euer Schiff wurde ja reichlich zerlegt«, meinte Torben fröhlich und deutete Walgar an, dass er mit dem Gießen nicht aufhören sollte, bis es bis zum Rand gefüllt war. Vorsichtshalber füllte der Wirt dreißig weitere Gläser.
    »Eures wäre gesunken.« Puaggi hob das volle Glas. »Auf Palestan!«
    Niemand stimmte mit ein. Die Gläser blieben unangetastet auf dem Tresen stehen, und die Männer schauten den Offizier gleichgültig an.
    Puaggi zuckte mit den Achseln, schüttete den Alkohol die Kehle hinab und sammelte die übrigen Gläser ein, um sie an seinem Tisch zu horten.
    »Was tut Ihr da?«, erkundigte sich Torben amüsiert. Er hatte damit gerechnet, dass der Mann, dessen Uniform am dünnen Leib etwas zu groß wirkte, nach bewährter palestanischer Theatralik laut fluchend aus dem Spundloch stürmte.
    »Ich habe bezahlt, und es wird nichts vergeudet.« Tapfer
    leerte er das nächste Glas und schüttelte sich kaum merklich. »Dieser Branntwein soll zum Wohl meiner Heimat getrunken werden, wie ich es gesagt habe«, erklärte er und hustete unterdrückt. Torben lachte freundlich. »Das, junger Puaggi, wird ein
    Schauspiel.« Er deutete auf die gefüllten Gläser. »Diese Ration vor Euch auf dem Tisch reicht aus, um eine Mannschaft besoffen zu machen und einen Wal zum Kotzen zu bringen. Palestan wird sich sicherlich nicht sehr geehrt fühlen, wenn Ihr Eurer Heimat zu Ehren all Euer Essen von Euch gebt.«
    »Ihr werdet sehen, dass ein palestanischer Offizier mehr verträgt als Ihr annehmt.« Puaggi gab sich redliche Mühe, einen standhaften Eindruck zu machen, doch zu seinem Leidwesen begannen die Leute jedes Glas, das er trank, laut mitzuzählen.
    »Auf ein Wort, bevor Ihr zu besoffen seid: Dieses rogogardische Schiff, das Ihr versenkt habt, bevor es Euch beschädigt hat...«
    »Es hat uns nicht beschädigt.« »Sieben«, grölte das Spundloch.
    Torben hob die Augenbrauen. »Ich habe die Schäden bei der Einfahrt in den Hafen deutlich gesehen.«
    »Die Rogogarder konnten nicht einen Schuss abfeuern«, sagte Puaggi abfällig, warf das leere Glas weg und fischte nach dem nächsten. »Sie hatten die Geschützluken offen, doch es hat ihnen nichts gebracht. Ich habe sie mit einem Manöver getäuscht und sie genau in meine Breitseite gelockt.«
    »Acht«, schrie das Spundloch anfeuernd. »Ihr habt das Feuer zuerst eröffnet?«
    »Verdammt!«, rief Puaggi gereizt und begann eine Aufzählung, die er mit den Fingern unterstützte.
    »Die Tzulandrier haben uns den Commodore mit ihren Bombarden von der Brücke geschossen, uns die Rahen zu Kleinholz gemacht und uns beinahe zu den Fischen geschickt. Ich hatte ihre Flotte von Bombardenträgern im Genick. Und da soll ich mir noch Gedanken um die Absichten eines Rogogarders machen, der unter Vollzeug mit ausgerannten Geschützen auf mich zuläuft?« Er fuchtelte mit den vier Fingern vor Torbens Gesicht, stieß die Luft aus und kippte den nächsten Branntwein. »Nein, diese Nerven hatte ich beim besten Willen nicht.«
    »Neun«, zählte das Spundloch begeistert.
    Torben war gleichzeitig erleichtert und beunruhigt. Der Angriff auf seinen Landsmann war demnach mehr oder weniger unabsichtlich geschehen, doch der Begriff »Flotte« alarmierte ihn. Er setzte sich an den Tisch des jungen Mannes und zog ihn am Rock auf den

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