Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
wir wieder im Hafen von Samtensand sind.« Torben setzte im Stillen die Bruchstücke zusammen und erhielt ein beunruhigendes Bild für die Zukunft des Kontinents. Man wartete auf eine große Flotte, die aus Tzulandrien kam. Vielleicht hatte Go-van die Verstärkung vor seinem Tod herbei befohlen, da er ahnte, dass ihm die eigenen ulldartischen Truppen davonliefen.
    Nahm er fünfzig Schiffe an und rechnete jeweils nur zwei hundert Krieger, so rollten in dieser ersten Welle zehntausend neue Feinde auf das vom Krieg geschwächte Ulldart zu, die in den tzulandrisch besetzten Gebieten Palestans und auf den drei Inseln vor Türis sicher an Land gingen und sich so tief eingruben, dass man sie in den nächsten Dekaden nicht mehr von der Erde lösen würde. Und wer sagte, dass es bei dieser ersten Welle bliebe? Die Tzulandrier konnten nach dem Verlust ihrer Fürsten Govan und Sinured beschlossen haben, sich Ulldart auf eigene Faust einzuverleiben. Ein solches Vorhaben passte sehr gut zu dem kriegerischen Volk, das unentwegt nach Eroberung drängte.
    »Geht zu Bett«, befahl Torben den dreien. »Gute Arbeit, Männer.«
    Die Gruppe löste sich auf. Einer nach dem andern verließen sie die Kajüte des Kapitäns, als der zweite Taucher auf der Schwelle stehen blieb, an den Gürtel langte, um etwas hervorzuziehen, und es Torben reichte. »Das habe ich gefunden. Es sah so gar nicht nach Tzulandriern aus, daher dachte
    ich, dass es Euch interessieren würde.«
    Torben betrachtete das zerrissene Lederstück, das einmal zu einer Unterarmschiene gehört hatte. Darauf waren Zeichen eingeritzt, die er sehr, sehr gut kannte.
    »Varia«, flüsterte er erschrocken und verlor alle Farbe aus dem Gesicht. Jetzt musste er in die Festung.
    Kontinent Ulldart, Königreich Türis, die freie Stadt Ammtara, Spätsommer im Jahr 1 Ulldrael des Gerechten (460 n. S.)
    Tot ?«, raunte eines der Versammlungsmitglieder fassungslos.
    »Alle ?«, ergänzte ein weiteres ängstlich.
    Pashtak hatte auf seinem Stuhl Platz genommen und wünschte sich aufs Innigste, ein einfacher, unbedarfter Einwohner der Stadt zu sein und nichts von den bedrohlichen Vorgängen innerhalb der Mauern Ammtaras zu wissen. Neben ihm standen Estra und Tokaro als Zeugen dessen, was sie in der Unterkunft der Kensustrianer entdeckt hatten. »Ja, die Delegation wurde ohne Ausnahme niedergemacht, und ihre Leichen wurden grässlich zugerichtet«, bestätigte er dem Gremium noch einmal den Fund.
    »Das wundert mich nicht«, grummelte Kiigass, ein kreatürlicher Vertreter der Einwohner in der Versammlung. »Die
    ganze Stadt hat gewusst, weshalb die Grünhaare gekommen
    sind. Manche von uns sind nicht eben die Gescheitesten, dafür umso heißblütiger, und ihre Wut hat sich wohl entladen. Die Delegation hätte mit einem solchen Vorkommnis rechnen müssen.«
    »Was mir äußerst merkwürdig erscheint, ist, dass es keinerlei Aufruhr um das Haus gab, in dem die Kensustrianer nächtigten«, meldete sich Estra als Inquisitorin zu Wort.
    »Keiner der Nachbarn hat etwas bemerkt.« »Sie wollen nichts bemerkt haben. Inquisitorin«, meinte Kiigass.
    Estra schüttelte den Kopf. »Nein, sie haben nichts bemerkt«, blieb sie bei ihrer Erkenntnis. »Pashtak hätte ihre Lügen gerochen. Es kann also keine aufgebrachte Horde von Leuten gewesen sein. Für mich sieht es so aus, als sei jemand in aller Stille bei ihnen eingebrochen und habe einen nach dem anderen gemeuchelt.« Sie schaute in die Runde. »Wir haben an den Waffen der Kensustrianer kein Blut gefunden. Das heißt, nicht einmal die Krieger selbst erhielten eine Gelegenheit, sich zur Wehr zu setzen und einen der Angreifer wenigstens zu verletzen.«
    Pashtak erfreute sich an Estras Anblick. Die heranreifende junge Frau verbarg ihre Aufregung äußerlich sehr gut. Kaum war sie Inquisitorin geworden, hatte sie einen Fall zu lösen, wie er gefährlicher nicht sein konnte. Sie bewährt sich, dachte er. Es war eine gute Wahl, ihr das Amt zu übergeben,
    »Das kann nur bedeuten, dass die Kensustrianer wegen eines einzigen Vorsatzes umgebracht wurden: um unsere Stadt in den Untergang zu treiben«, schloss Kiigass. »Wer kommt dafür in Frage?«
    »Die Kensustrianer selbst? Würden sie so weit gehen, um eine Rechtfertigung vor den anderen Königreichen Ulldarts
    zu haben?«, kam es aus der Runde.
    »Tzulani, die im Verborgenen unter uns leben?«, erweiterte Nechkal die Runde der Verdächtigen. »Sie könnten der Ansicht sein, dass wir besser vernichtet werden,

Weitere Kostenlose Bücher