Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
Krutor, der die Uniform eines tarpolischen Prinzen trug, stand auf und überragte Lodrik um mehr als einen Kopf. Er kam auf ihn zu und schloss ihn mit der üblichen Tapsigkeit in
    die starken Arme. Der Nekromant musste, umgeben von so viel Kraft und Körper, unwillkürlich an einen Bären denken.
    »Schön, dich zu sehen.«
    Lodrik drückte ihn an sich und freute sich. Die Menschlichkeit in seinem Herzen war demnach nicht gänzlich erloschen. »Du hast nicht geschrieben, dass du kommst. Und warum hast du auf dem Boden gesessen?«
    »Wenn ich geschrieben hätte, dass ich komme, wärst du nicht da gewesen. Genau wie bei Norina.« Er zwinkerte schelmisch, die Freude über das Wiedersehen stand ganz deutlich in seinem schiefen Gesicht. »Sie lässt dir ausrichten, dass du sie mit deinem Versteckspiel verärgerst.« Krutor zeigte verschämt auf den zerstörten Stuhl, der im Kamin verbrannte. »Ich habe mich zuerst darauf gesetzt, aber er ist kaputt gegangen. Ganz kaputt. Da habe ich ihn genommen, um ein Feuer zu machen.«
    Lodrik schmunzelte. »Es ist nicht schlimm. Nimm das Sofa, es wird dich tragen.« Er setzte sich in den zerschlissenen Sessel, den ein wütender Mensch mit einem Messer behandelt hatte, sodass die Füllung hervorquoll. »Was möchtest du?«
    Krutor senkte seinen Hintern langsam auf das Sofa und belastete die Federn mit viel Gefühl, bis sein volles Gewicht darauf ruhte, ohne dass etwas zu Bruch ging. Er entspannte sich sichtlich. »Was ich möchte?«, wiederholte er erstaunt. »Ich will dich sehen, Vater. Du fehlst mir.« Er faltete die Hände und legte sie in den Schoß, schaute ihn aus seinen großen Augen an. »Mehr nicht. Nur dich sehen.«
    Lodrik vergaß immer wieder, dass sein Sohn bei all der Kraft und dem unheimlichen Wuchs nichts anderes als ein
    großes Kind war. Gerührt stand er auf und stellte sich neben
    Krutor, strich ihm durch das Haar, woraufhin sein Sohn glücklich lächelte.
    »Was hast du denn in Ulsar gemacht, Vater? Warst du bei
    Norina?«
    »Nein, ich bin durch die Stadt gefahren und habe mir die
    Menschen und ihre Häuser betrachtet«, log er.
    »Bei diesem Wetter? Warum machst du es nicht, wenn es Tag ist und die Sonne scheint?«, wunderte sich Krutor. »Weil
    du dich verändert hast?«
    Lodrik nickte. »Richtig, mein Sohn. Die Menschen hätten Angst vor mir, und ihr Gerede würde Norinas Stellung als
    Kabcara nicht gut tun.«
    Krutor schüttelte den deformierten Schädel. »Das verstehe ich nicht, Vater. Schau, wie hässlich ich bin, und die Menschen mögen mich. Warum soll es bei dir anders sein?« Er richtete den Blick auf Lodrik.
    »Komm zurück nach Ulsar«, bettelte er.
    »Ich kann nicht, Krutor.«
    »Dann begleite mich, Waljakov und Stoiko«, unterbreitete er einen anderen Vorschlag. »Sie gehen morgen auf Fahrt durchs Land, und ich folge ihnen bald. Wir schauen, dass die Änderungen, die Norina erlässt, auch befolgt werden.« Er lächelte stolz.
    Lodrik erwiderte das Lächeln. »Du hast die besten Lehrer dabei, die es auf Ulldart gibt, mein Sohn. Was soll ich bei dieser Reisegesellschaft? Ich würde nur stören.«
    »Nein!«, begehrte Krutor auf. »Waljakov und Stoiko würden sich freuen, dich zu sehen, aber sie ... res... reps. .«, er rang mit dem ihm ungeläufigen Wort und wich schließlich doch aus, »aber sie kommen nicht vorbei, weil du ihnen
    gesagt hast, dass sie es lassen sollen.« Er senkte den Kürbisgroßen Kopf. »Ich soll es dir nicht erzählen, Vater, aber sie machen sich auch große Sorgen um dich. Wie Norina und ich.«
    »Das müsst ihr nicht. Sag ihnen, dass es mir gut geht und dass ich meine Ruhe benötige, um mir Gedanken über Tarpol zu machen und meiner Gemahlin ein guter Berater zu sein.«
    Krutor betrachtete seinen Vater mit kindlichem Misstrauen. »Ich finde, dass du noch dünner geworden bist. Dein Gesicht besteht fast nur noch aus Knochen, und deine schönen blauen Augen liegen so tief in deinem Kopf, dass ich sie fast nicht mehr sehen kann.« Er erhob sich. »Bitte, komm aus dem alten Palast. Oder begleite uns.«
    Lodrik seufzte. »Na, schön, Krutor. Sag Norina, dass ich sie in zwei Wochen, wenn die Feierlichkeiten zu ihrer Thronbesteigung vorüber sind, besuchen und einen Gast mitbringen werde, auf den sie sich freuen darf.«
    »Erst in zwei Wochen?«, rief er enttäuscht. »Dann werden Waljakov und Stoiko schon unterwegs sein.«
    »Du bist jederzeit willkommen, Krutor. Verrate es den anderen nicht. Sonst werden sie hoffen, ebenso ohne

Weitere Kostenlose Bücher