Trügerischer Friede
Einladung in meinen Palast kommen zu dürfen«, sagte er mit einem verschwörerischen Blinzeln.
»Nur mein Sohn darf das.«
»Danke!« Krutor packte ihn und drückte ihn überschwänglich an sich, dann ging er zur Tür. »Ich laufe wieder zurück nach Ulsar. Ich laufe gern.«
»Richte den anderen meine Grüße aus, und bitte erzähle ihnen, dass es mir gut geht und du gesehen hast, dass ich zugenommen hätte.«
Der Blick seines Sohnes wurde unsicher. »Das hast du aber nicht, Vater. Du hast an Gewicht verloren
...«
»Sag es ihnen, bitte, damit sie sich nicht weiter sorgen, verstehst du? Norina muss sich genügend Gedanken um das Herrschen machen, da braucht sie sicherlich keine weiteren Neuigkeiten, die sie belasten und ihr schlaflose Nächte bereiten.«
Nach langem Zögern nickte sein missgestalteter Sohn. »Gut, ich tue es.« Er wollte die Tür zuziehen, als er innehielt
und sich strafend an die Stirn schlug. »Das soll ich dir geben.« Er holte einen prall gefüllten Umschlag aus seiner Manteltasche. »Darin steht alles, was sich in den letzten Wochen auf Ulldart an Wichtigem ereignet hat. Perdor hat es für dich gesammelt, hat Norina gesagt. Und wenn du damit fertig bist, sollst du ihm aufschreiben, was du dazu sagst.« Er winkte ihm zum Abschied. »Ich habe mich sehr gefreut, dich zu sehen, Vater«, betonte er noch einmal, ehe er ging.
Seine schweren Schritte waren noch lange im stillen Palast zu vernehmen. Lodrik hörte ihn über den Hof gehen und sich immer weiter vom Gebäude entfernen.
Es gibt keine ehrlichere Seele als ihn, dachte er und setzte sich neben den Kamin. Dort brach er das Siegel des Umschlags, nahm ein Schriftstück nach dem anderen heraus und las Satz für Satz. Als er die Schilderungen der Ereignisse rund um die Wahl des neuen Kabcar von Borasgotan überflog, rann ihm ein unerklärlicher Schauder über den Rücken. Ohne es zu wissen, stellte er die gleiche Frage wie der König von Ilfaris: Wer ist diese rätselhafte Gemahlin von Raspot dem Ersten? Kontinent Ulldart, Südwestküste von Türis, Herbst im Jahr i Ulldrael des Gerechten (460 n. S.) Es sollte sich bezahlt machen, dass sie die Festung zuerst ausspioniert hatten. Da es nur eine Hand voll Verteidiger gab, wie sie wussten, wagten es Torben Rudgass und Puaggi, an der Spitze von fünfzig Freibeutern in einer mondlosen Nacht durch die eisigen Fluten bis vor die Mauern zu schwimmen und zu warten, bis das Inferno losbrach.
»Wird es klappen?«, erkundigte sich der Palestaner sicherlich zum hundertsten Mal bei dem Rogogarder.
»Das werden wir sehen«, antwortete Torben ebenfalls mindestens zum hundertsten Mal und gab dem Segler das vereinbarte Zeichen.
Kurz darauf sprachen dessen Bombarden und sandten einen Hagel vernichtender Geschosse gegen die Spitze des rechten Wachturms. Die Steinfragmente und Holzstücke prasselten rings um die Freibeuter ins Wasser, glücklicherweise ohne jemanden zu verletzen.
Sie hörten die erschrockenen Rufe vom anderen Wachturm. Eine schrille Glocke wurde in Allerhöchster Hast geschlagen und rief die restlichen Soldaten zu den Waffen, während die Varia in aller Ruhe um die eigene Achse manövrierte, um ihre zweite Breitseite abzufeuern und die Tzulandrier noch wütender zu machen.
Nachdem auch die Spitze des zweiten Turms pulverisiert worden war, setzte das Schiff Vollzeug und tat so, als wollte es nach dem heimtückischen Angriff die Flucht ergreifen. 70
Torben grinste, als sich das Tor zur Hafeneinfahrt langsam zur Seite schob und den Weg für zwei der kleinen, schnellen Segler der Besatzer freigab. Er hatte die Tzulandrier richtig eingeschätzt, die sich für den Beschuss und den Tod ihrer Leute rächen wollten. Es lag nun ganz in der bewährten Hand seines Ersten Maates Hankson, den sicheren Abstand zu halten und die Angreifer dennoch im Glauben zu lassen, sie holten den Segler ein. Der erste Bug kam zum Vorschein. Die Freibeuter schwammen hinter die im Meer treibenden Trümmer des Turms und suchten Schutz, um nicht durch einen Zufall entdeckt zu werden. Ulldrael und Kalisstra sind uns gewogen, dachte Torben erleichtert. Während sich die tzulandrischen Schiffe an die Verfolgung machten, schwammen die Männer durch die Einfahrt und legten die Strecke bis zum Pier größtenteils unter Wasser zurück. Die Aufregung in der Festung war so groß, dass sich keiner der Wächter um das leise Plätschern und seltsame Kräuseln der Wellen im Hafenbecken kümmerte. Sie versammelten sich auf dem
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