Trügerischer Friede
während er sich zur Ruhe zwang. »Wie kann es angehen, dass du noch am Leben bist? Du wurdest bei Taromeel vernichtet!«
Govan schwieg. »Vater, bist du es? Ich erkenne dich.«
»Ja, ich bin es«, gab Lodrik zu. »Nenne mir einen einzigen Grund, dich nicht auszulöschen.«
»Ich teile meine unendliche Macht mit dir«, sagte Govan. »Du kannst deine alten Pläne umsetzen, wie du es schon immer wolltest.«
»Und was hast du vor?«
»Ich schwöre, dass ich nach Tzulandrien gehe und nie wieder nach Ulldart zurückkehre«, versprach Govan lockend. »Hol mich heraus.«
»Dann kann es um deine unendliche Macht nicht weit her sein. Du kannst dich nicht einmal aus einem gläsernen Block befreien.«
»Ich wurde nur eingesperrt, weil ich es zuließ. Die Schlacht war so gut wie verloren, und als ich bemerkte, dass mir keine Wahl blieb, sollten alle annehmen, dass ich tot bin. Etwas an dem Glas macht meine Magie dagegen immun.«
Lodrik streckte die Hand aus und berührte die verstümmelte Hand. »Lass mich sehen, wie viel Macht du besitzt, mein Sohn.« Er schloss den Kontakt und spürte sofort, dass Govan versuchte, die Magie seines Vaters zu übernehmen.
Doch auf das, was ihn erwartete, war Govan nicht gefasst Er schrie auf, weil die vollkommen andersartige Magie seines Vaters ihm Schmerzen bereitete und ihrerseits an seinen Kräften zog.
»Es tut weh, nicht wahr?«, meinte Lodrik ungerührt und ließ seine Kräfte gewähren. »Ich habe das Gleiche vor einem Jahr erlebt, Govan. Als du mich verraten und getötet hast.«
Die Luft knisterte und wurde durch den Kampf der Magien aufgeladen, bis sich die angestaute Energie in kleinen Blitzen entlud, die wahllos in den Strand, die Böschung und das Wasser fuhren.
»Vater, bitte, hör damit auf«, flehte Govan jämmerlich.
»Wieso sollte ich? Ich kann dich nicht ein zweites Mal töten. Ulldart hält dich für tot, und du wirst es bald wirklich sein. Von dir wird nicht einmal eine Seele übrig bleiben.«
Govan erschrak. Er versuchte, mit seiner Magie anzugreifen, aber das Glas verhinderte, dass die Attacke gelang. »Ich bin dein Sohn!«, versuchte er erneut, Mitleid zu erwecken. »Gnade!«
»Du bist nicht mehr mein Sohn. Du bist nicht einmal mehr ein menschliches Wesen. Du hast Dinge getan und geplant, für deren Grausamkeit es keine Worte gibt.« Teilnahmslos betrachtete er, wie die Fingerstummel krampfend zuckten und ihm zeigten, wie sehr Govan litt. »Für dich darf es keine Gnade geben.« Er öffnete sich und hob die letzten Schranken auf, die er seiner Nekromantie gesetzt hatte, damit sie sich auf die Magie seines Sohnes stürzen
»Dann vergeht Ulsar«, jaulte Govan. »Was hast du mit Ulsar zu schaffen ? Die Stadt hat sich von dem Schrecken, den du verbreitet hast, inzwischen befreit.
Nichts erinnert mehr an den Gebrannten j »Ich kenne das Geheimnis der Kathedrale«, ächzte Govan schwach. »Ich weiß; was in dem Loch haust, in das ich die
Menschen warf. Mortva hat es mir gesagt.« »Du lügst einmal mehr, um deine Haut zu retten. Es nützt dir nichts.«
»Ohne mich wirst du es nicht aufhalten können. Es steigt empor und streift durch die Straßen, frisst einen deiner geliebten Menschen nach dem anderen und reißt deine Stadt nieder« Govan schluchzte. Die immensen Schmerzen raubten ihm die Sprache und ließen ihn unverständliche Wörter denken. Sein Verstand driftete gänzlich in den Wahnsinn.
Lodrik tauchte in die wirrer werdenden Gedanken ein.
Er erkannte den gigantischen schwarzen Schemen einer scheußlichen Kreatur, die dem glich, was er am Rande der Schlacht hei Taromeel bekämpft hatte. Nur dass sie viermal so groß und so gewaltig und so grauenvoll daher kam wie sein einstiger Berater Mortva Nesreca in seiner wahren Gestalt Ischozar. Er «ah ihren Schattenriss, sah die vielen Horner aus dem langen Kopf ragen, die armlangen Dornen aus der Haut stehen und sieben Augenpaare in dunklem Grau aufglühen, ehe sich das Wesen in die Dampfschwaden zurückzog.
Govan hatte nicht gelogen! Vergebens versuchte Lodrik, seine magischen Kräfte zu zügeln, doch sie gehorchten Ihm nicht und labten sich an der Magie Govans, den sie dabei immer weiter entkräfteten. Als sein Sohn starb, gelang es Lodrik, die Seele aufzufangen und sie zum Bleiben zu zwingen. Es fiel ihm nicht leicht. Der Zuwachs an eigener Macht, den er erfahren hatte, machte ihn schwindlig, die Welt um ihn herum schwankte und drehte sich. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, hätte Govan sich aus dem
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