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Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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versohlen.«
    »Das hast du nur einmal gemacht, damals, als ich meiner Mutter ein Schimpfwort nachgerufen habe. Danach hast du dann mehr und länger geweint als ich.« Sie streichelte seine Wange. »Du bist ein Softie, Irish McCabe.«
    Er sah kummervoll und zornig zugleich aus. »Was ist passiert? Hast du dein Gedächtnis verloren?«
    »Nein.«
    »Was dann?« fragte er und betrachtete genau ihr Gesicht. »Du siehst irgendwie anders aus. Du siehst aus — wie...«
    »Carole Rutledge.«
    »Das stimmt. Tate Rutledges Frau — verstorbene Frau.« Plötzlich schimmerte ein Licht in seinen Augen. »Sie war auch in dem Flugzeug damals.«
    »Hast du meine Leiche identifiziert, Irish?«
    »Ja. Durch dein Medaillon.«
    Avery schüttelte den Kopf. »Das war ihre Leiche, die du gesehen hast. Sie hatte mein Medaillon.«
    Die Tränen stiegen ihm wieder in die Augen. »Du warst verbrannt, aber es war dein Haar, dein –«
    »Noch kurz vor dem mißglückten Start hielt uns jemand für Schwestern. Wir sahen uns ähnlich.«
    »Wie —«
    »Hör zu.« Avery legte ihre Hände auf die seinen, als schweigende Bitte, daß er sie nicht mehr unterbrechen sollte. »Als ich im Krankenhaus wieder zu Bewußtsein kam — ein paar Tage nach dem Absturz —, hatten sie mich von Kopf bis Fuß verbunden. Ich konnte mich nicht rühren. Ich sah nur undeutlich — ein Auge war verbunden, und ich konnte nicht sprechen.
    Alle sprachen mich mit Mrs. Rutledge an. Zuerst dachte ich,
ich hätte wirklich mein Gedächtnis verloren, weil ich mich nicht erinnern konnte, eine Mrs. Rutledge noch sonst jemandes Frau gewesen zu sein. Ich war verwirrt, hatte Schmerzen, wußte nicht, wo ich war. Und als ich mich dann wieder erinnerte, wer ich war, wurde mir klar, was geschehen war. Wir hatten im Flugzeug die Plätze getauscht, verstehst du.«
    Sie erzählte ihm von all den qualvollen Stunden, in denen sie versucht hatte, jedem Menschen in ihrer Umgebung mitzuteilen, was nur sie wußte. »Die Rutledges haben Dr. Sawyer beauftragt, mein Gesicht wiederherzustellen – Caroles Gesicht –, mit Hilfe von Fotos von ihr. Und ich konnte ihnen nicht sagen, daß sie einen Fehler begingen.«
    Er entzog ihr seine Hände und strich sich über die lose Haut auf seinen Wangen. »Ich brauche einen Drink. Willst du auch einen?«
    Kurze Zeit später kam er mit einem Glas Whisky zurück. Avery sah das Glas vielsagend an. Trotzig nahm er einen großen Schluck.
    »Also, bis jetzt konnte ich dir noch folgen. Sie haben einen unglaublichen Fehler gemacht, als du dich noch nicht mitteilen konntest. Aber als du es dann wieder konntest , warum hast du es nicht getan? Andersrum gefragt: Warum spielst du immer noch Carole Rutledge?«
    Avery stand auf und ging in dem unordentlichen Zimmer auf und ab. Es würde schwierig sein, Irish davon zu überzeugen, daß ihre Maskerade sinnvoll und berechtigt war. Er hatte immer auf dem Standpunkt gestanden, daß Reporter Schlagzeilen schrieben, aber nicht machten. Ihre Rolle bestand darin, zu beobachten, nicht teilzunehmen. Das war schon der Punkt gewesen, an dem er und Cliff Daniels sich immer in die Haare bekommen hatten.
    »Jemand hat die Absicht, Tate Rutledge zu ermorden, bevor er Senator wird.«
    »Wer?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Warum?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Wie?«
    »Ich weiß es nicht, Irish«, sagte sie und hob dabei die Stimme. »Und ich weiß auch nicht, wann und wo, also kannst du dir diese Fragen sparen. Laß mich einfach ausreden.«
    Er drohte ihr mit einem Finger. »Vielleicht werde ich dir doch noch den Hintern versohlen. Stell meine Geduld nicht auf die Probe. Du hast mich schon genug geplagt.«
    »Für mich war es auch nicht gerade das reine Vergnügen«, erwiderte sie scharf.
    »Was soll der Blödsinn, daß jemand angeblich Rutledge umbringen will? Wie, zum Teufel, willst du das denn wissen?«
    Seine Gereiztheit war ein gutes Zeichen. Mit diesem Irish kam sie wesentlich besser klar als mit dem Häufchen Elend, das er vor ein paar Minuten gewesen war. »Jemand hat mir gesagt, er wolle Tate umbringen, noch bevor er sein Amt antreten kann.«
    »Wer?«
    »Wenn du mir eine Chance gibst, erkläre ich es dir.«
    Er nahm noch einen Schluck, schlug sich mit der rechten Faust in die linke Handfläche und lehnte sich schließlich zurück, um zum Ausdruck zu bringen, daß er jetzt zuhören werde.
    »In der Annahme, ich wäre Carole, kam jemand zu mir, als ich noch auf der Intensivstation lag. Ich weiß nicht, wer es war. Ich konnte es nicht

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