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Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition)

Titel: Trügerischer Spiegel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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sie dadurch mehr beachtet werden. Mandy hat sich in sich selbst zurückgezogen, weil sie sich für unbedeutend hält.«
    Tate senkte den Kopf und sah zu Avery hinüber, der die Tränen über die Wangen liefen. »Das tut mir so leid«, entschuldigte sie sich für Carole, die seine Vergebung nicht verdiente.
    »Das ist nicht nur deine Schuld. Ich war auch da und habe so manches zu sehr sich selbst überlassen.«
    »Unglücklicherweise«, sagte Dr. Webster, und sie sahen ihn
wieder an, »hat der Flugzeugabsturz Mandys Unsicherheit nur noch erhöht. Wie hat sie sich auf dem Flug hierher verhalten?«
    »Sie hat sich mit allen Mitteln gewehrt, als wir ihr den Sicherheitsgurt anlegen wollten«, sagte Tate.
    »Ich hatte selbst große Schwierigkeiten«, bekannte Avery. »Wenn Tate mir nicht gut zugeredet hätte, hätte ich den Start nicht überstanden.«
    »Verständlich. Wie ging es Mandy nach dem Start?«
    Sie sahen sich an. »Eigentlich gut, so betrachtet.«
    »Das dachte ich mir. Sehen Sie, sie kann sich daran erinnern, wie Sie sie angeschnallt haben, Mrs. Rutledge, aber alles danach ist weg. Sie erinnert sich nicht daran, daß Sie sie gerettet haben.«
    Avery legte eine Hand auf die Brust. »Sie meinen, sie macht mich dafür verantwortlich, daß sie den Absturz erleben mußte?« Schaudernd preßte sie eine Hand auf den Mund.
    »Bis zu einem gewissen Grad ja, fürchte ich. Der Durchbruch wird kommen, wenn sie es ihren Gedanken erlaubt, die Explosion noch einmal durchzustehen. Dann wird sie sich auch daran erinnern, daß Sie sie gerettet haben.«
    »Das wird höllisch für sie.«
    »Aber es ist nötig, damit sie wirklich wiederhergestellt wird, Mr. Rutledge. Sie kämpft gegen ihre Erinnerung an. Ich nehme an, daß ihre Alpträume sie jedesmal wieder bis zum Augenblick des Aufpralls führen.«
    »Sie hat gesagt, daß das Feuer sie auffrißt«, sagte Avery leise. »Können wir irgend etwas tun, um ihre Erinnerung zu wecken?«
    »Hypnose ist eine Möglichkeit«, sagte der Arzt. »Ich würde jedoch eher abwarten, bis sich ihr Erinnerungsvermögen auf natürliche Weise wiederherstellt. Wenn sie das nächste Mal einen solchen Alptraum hat, wecken Sie sie nicht, so grausam das auch klingen mag. Sie mußt in ihrer Erinnerung den Schrecken überwinden und die Sicherheit in den Armen ihrer Mutter wiederfinden, sonst überwindet sie ihre unterbewußte Angst vor Ihrer Frau nicht, Mr. Rutledge.«
    »Ich verstehe«, sagte Tate betroffen. »Aber es wird hart werden.«
    »Ich weiß.« Dr. Webster stand auf. »Ich beneide Sie nicht
darum, danebenstehen und zusehen zu müssen, wenn sie diese schreckliche Erfahrung noch einmal durchlebt. Ich würde sie gern in zwei Monaten wiedersehen, wenn es möglich ist.«
    »Wir werden es möglich machen.«
    Tate half Avery beim Aufstehen. Sie war nicht die Mutter, vor der Mandy unterbewußt Angst hatte, aber sie hätte es sein können. Alle würden sie für Caroles Vergehen verantwortlich machen. Ihr fiel das Stehen trotz Tates Unterstützung schwer.
    »Viel Glück bei Ihrem Wahlkampf«, sagte der Doktor zu Tate. Dann nahm er Averys Hände zwischen die seinen und sagte: »Machen Sie sich nicht zu viele Vorwürfe. Ich bin davon überzeugt, daß Sie Ihre Tochter sehr lieben.«
    »Ja, das tue ich. Hat sie gesagt, daß sie mich haßt?«
    Das war eine typische Frage für eine Mutter mit Schuldgefühlen. Diesmal konnte er eine positive Antwort geben. »Sie spricht sehr gut von ihrer Mami und wird nur befangen, wenn es um Ereignisse vor dem Absturz geht. Das sollte Ihnen schon so manches klarmachen.«
    »Nämlich?«
    »Daß Sie schon eine deutlich bessere Mutter geworden sind.« Er tätschelte ihre Schulter. »Mit Ihrer Zärtlichkeit und Liebe wird Mandy alles überwinden und ein außergewöhnlich intelligentes, problemloses Kind werden.«
    »Das hoffe ich, Dr. Webster«, sagte sie mit Nachdruck. »Vielen Dank.«
    Er begleitete sie zur Tür und öffnete sie. »Wissen Sie, Mrs. Rutledge, Sie haben mich wirklich verblüfft, als ich Sie sah. Letztes Jahr hat eine junge Frau, die sogar aus Ihrer Gegend stammt, ein Fernsehinterview mit mir gemacht. Sie sieht Ihnen bemerkenswert ähnlich. Kennen Sie sie vielleicht? Ihr Name ist Avery Daniels.«
     
    Avery Daniels, Avery Daniels, Avery Daniels.
    Die Menge sang im Chor ihren wirklichen Namen, als sie und Täte auf die Tribüne zugingen.
    Avery Daniels, Avery Daniels, Avery Daniels.
    Überall waren Leute. Sie wurde von Tate getrennt, er wurde
von der Menge verschluckt.

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