Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser

Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser

Titel: Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert B. Parker
Vom Netzwerk:
Melissa sich wie eine Künstlerin anzog, dann wie eine erfolgreiche Künstlerin. Die Stiefel kosteten mehr als alles, was ich am Leib trug, Pistole mit eingerechnet. Über den linken Arm hatte sie einen Ledermantel mit Fleecekragen und Fleecefutter hängen. Sie hatte weder Bücher noch ein Notebook dabei. Sie unterhielt sich mit den anderen beiden Mädchen, als ich unterbrach.
    „Entschuldigen Sie. Melissa?“
    „Missy.“ Die Korrektur schien automatisch zu kommen. „Missy Minor. Klingt nett, nicht?“
    „Wer sind Sie?“
    „Mein Name ist Spenser. Ich ermittle gerade hier.“
    „Geht es um Dr. Prince?“
    Die beiden anderen Mädchen waren kleiner als Missy. Die eine trug ein Sweatshirt mit dem Logo der Red Sox. Die andere hatte einen kurzen Rock mit Schottenmuster und Cowboystiefel an.
    „Ja“, sagte ich und wandte mich an ihre Begleiterinnen. „Wie heißen Sie beide?“
    „Sandy Wilson“, sagte die in dem Sweatshirt.
    „Bev DeCarlo“, sagte die andere.
    „Ich weiß nichts“, sagte Missy.
    „Ich auch nicht“, sagte Sandy.
    „Ich hab doch schon dem anderen Polizisten gesagt, dass ich nichts weiß“, sagte Bev.
    „Nun seien Sie mal nicht so selbstkritisch“, sagte ich. „Sie sind fast ein Semester lang in seinem Seminar gewesen. Ich wette, Sie wissen eine ganze Menge.“
    „Ich muss los“, sagte Missy. „Ich hab noch ein Seminar.“ „Nachmittags um fünf ?“, fragte ich.
    „Ich muss eben“, sagte Missy und ging davon.
    „Der andere Cop ist einfach ins Seminar gekommen, nachdem Dr. Prince ermordet worden ist, und hat dort mit uns geredet“, sagte Bev. „Er hat uns rein gar nichts verraten.“
    „Wir haben davon in der Zeitung gelesen“, sagte Sandy. „Total schrecklich.“
    „Ja“, sagte ich. „Wenn wir uns mal unterhalten würden, könnten Sie mir vielleicht helfen.“
    „Helfen?“, fragte Bev.
    „Je mehr ich weiß, desto höher sind die Chancen, dass ich diese Mistkerle erwische.“
    „Wir wollten gerade in die Kneipe“, sagte Sandy. „Wollen Sie mitkommen?“
    „Wenn Ihnen das recht ist, Bev?“, fragte ich.
    „Klar“, sagte sie. „Eigentlich sehen Sie irgendwie ganz knuffig aus.“
    „Das“, sagte ich, „höre ich immer wieder.“

18
    Die Kneipe lag im Gebäude der Student Union, hinter der Mensa. Ein Schild am Eingang besagte: Ausschank nur bei Vorlage eines gültigen Ausweises. Sie war sauber und ordentlich, mit jeder Menge Glas und Edelstahl. Sie sah überhaupt nicht wie eine Kneipe aus. Sie sah aus wie die Cocktailbar eines Flughafens. Es lief Musik, die mir nicht gefiel. Aber sie war leise genug, dass wir uns unterhalten konnten. Es war noch nicht viel los, der Raum war zu zwei Dritteln leer. Bev und ich nahmen ein Bier. Sandy nahm ein Glas Chardonnay.
    „Endlich haben wir den Tag hinter uns“, sagte Bev.
    Wir tranken. Sie tranken schneller. Sie waren fast mit ihrem ersten Drink fertig, als ich zu meiner Befragung kam.
    „Konnten Sie Dr. Prince gut leiden?“
    „Ja, klar“, sagte Sandy. „Ich meine, der arme Mann.“
    „Sie müssen ihn ja nicht gut leiden können, nur weil er ermordet worden ist. Konnten Sie ihn gut leiden, als er noch am Leben war?“
    Sie sahen einander an. Die Frage war anscheinend schwerer, als ich gedacht hatte. Während sie sich ansahen, winkte ich der Kellnerin und bestellte noch eine Runde.
    „Ich hatte immer das Gefühl“, sagte Sandy, nachdem die Drinks gekommen waren, „dass er mir quasi durch die Kleidung guckte.“
    Sandy war zierlich, mit braunen Haaren und Brille und freundlichen Augen.
    „Machen wir uns nichts vor“, sagte Bev. „Er war ein geiler Bock.“
    Bev war dunkelhaarig und ein bisschen mollig. Ihre Augen hatten eine leichte Mandelform.
    „Hat er sich Ihnen je in eindeutiger Weise genähert?“, fragte ich.
    „Er hat sich allen in eindeutiger Weise genähert“, sagte Sandy.
    „Und auch Erfolg gehabt?“, fragte ich.
    „Nicht bei mir“, sagte Sandy entschieden.
    Ich sah zu Bev. Sie grinste mich an. Beide Mädchen hatten schon wieder ausgetrunken. Wir bestellten noch eine Runde. Manchmal ging es mit Alkohol leichter.
    Als die Kellnerin wieder weg war, sagte ich: „Wie sieht’s mit Ihnen aus, Bev?“
    Sie nickte langsam. „Wir hatten eine gemeinsame Nacht. Er schien es ziemlich eilig zu haben.“
    „In welcher Hinsicht?“
    „Na ja, als ob … Sie wissen schon, ohne viel Vorspiel.“ „Ein kurzes Vergnügen“, sagte ich.
    Bev lachte. „Genau das. Er hatte mich kaum im Bett, da wollte er es

Weitere Kostenlose Bücher