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Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser

Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser

Titel: Trügerisches Bild: Ein Auftrag für Spenser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert B. Parker
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wir reden hier über etwas, das zwanzig Jahre her ist. Aber jedenfalls immer noch, ja.“
    „Der Holocaust wirft einen langen Schatten, nicht wahr.“ „Ja. Ich konfrontiere diesen Mann also, und er ist praktisch unerschütterlich. Streitet nichts ab. Gibt nichts zu. Und ist dabei total charmant. Ich habe viel Zeit mit ihm verbracht, ihn bearbeitet. Aber mehr und mehr verbrachte ich sie mit ihm, weil ich wollte. Ich fing an, mich auf das Wiedersehen zu freuen. Und ich glaubte zu merken, dass es ihm auch so ging.“
    „Bis dann eines Tages …“
    „Ja. In einem Zimmer im Park Hyatt in der Nähe des Wasser turms hinter der Michigan Avenue.“
    „Ich weiß, wo das ist.“
    „Es wurde unser Ort. Wir gingen nicht jedes Mal dorthin. Das konnten wir uns nicht leisten. Aber an besonderen Tagen. Sie wissen schon, um zu feiern, dass wir eine Woche zusammen waren. Dass wir einen Monat zusammen waren …“
    Sie hörte für eine Weile zu reden auf und sah durch mein Fenster auf den weichen Schnee.
    „Jämmerlich“, sagte sie.
    „Nein. Eine solche Affäre ist nicht jämmerlich. Sie ist vielleicht unklug. Vielleicht sogar trügerisch. Vielleicht Objektbesetzung anstatt Liebe. Aber die Gefühle sind echt, wenn man sie hat. Und sie zählen was.“
    „Objektbesetzung?“
    „Mit libidinöser Energie. Sorry. Ich bin in eine Therapeutin verliebt.“
    „Und das ist was anderes als Liebe?“
    „Die Therapeutin, in die ich verliebt bin, sagt das jedenfalls.“
    „Ich frage mich, wie viel Therapeuten über Liebe wissen.“ „Meine weiß eine Menge darüber. Aber nicht, weil sie Therapeutin ist, glaube ich. Wie schnell sind Sie schwanger geworden?“
    „Sie wissen, worauf das hier hinausläuft.“
    „Glaube schon.“
    „Vielleicht entwickeln Sie und ich ja gerade ein bisschen libidinöse Energie?“
    „Auf jeden Fall. Aber das lässt meine Therapeutin nicht zu.“
    „Ich wurde im zweiten Monat schwanger, den wir zusammen waren.“
    „Ich nehme an, die Ermittlungen sind während dieser Zeit kaum vorangekommen.“
    „Schlimmer. Ich habe ihm erzählt, was wir hatten.“
    „Wie hat er auf die Schwangerschaft reagiert?“
    „Er wollte, dass ich abtreibe.“
    „Und?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich hatte schon für ihn das Bureau verraten. Ich konnte nicht … ich konnte nicht auch noch das Baby für ihn töten.“
    „Wie hat er darauf reagiert?“
    „Er hat gesagt, dass es Dinge gäbe, die er tun müsste, und darin hätten Ehe und Kinder keinen Platz.“
    „Hatte er Ziffern auf den Unterarm tätowiert?“ „Ja.“
    „Und das Baby war Missy?“
    „Ja.“
    „Und der Vater war Ariel Herzberg“, sagte ich. „Ja“, sagte sie.

53
    Ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. Ich gab ihr eine Schachtel Kleenex, nahm ihre Tasse und goss ihr noch einen Kaffee ein. Ich sah auf meine Uhr; es war zwei Uhr nachmittags. Spät genug am Tag. Ich holte eine Flasche Irish Whiskey aus einer Schublade meines Aktenschranks und hielt sie hoch. Winifred starrte sie einen Moment lang ausdruckslos an, dann nickte sie. Ich goss etwas Whiskey in die Tasse und gab sie ihr.
    „Sie haben das Kind allein aufgezogen.“
    Sie nahm einen Schluck von ihrem Kaffee mit Schuss. „Ja.
    Das Bureau durfte natürlich nicht erfahren, was los war. Also habe ich eine Auszeit genommen. Meine Ärztin, eine wunderbare Frau namens Martha Weidhaus, ließ sich eine medizinische Begründung einfallen. Ich bekam das Kind, engagierte ein Kindermädchen und fing wieder an zu arbeiten.“
    „Weil Sie das Geld brauchten?“
    „Ja klar. Ariel schickte mir ab und zu etwas, wofür ich dankbar war. Aber ich konnte mich nie darauf verlassen.“
    „Haben Sie ihn wiedergesehen?“
    „Nein. Nachdem ich schwanger geworden war, ist er verschwunden.“
    „Was weiß Missy über ihn?“
    „Ich hab ihr erzählt, er wäre tot. Und sie hat es geglaubt, auch wenn sie immer noch mehr über ihn wissen wollte; wie er hieß, wie er so war, was für einen Beruf er gehabt hat, wie wir uns kennengelernt haben. Ich habe mir über die Jahre eine richtige Romangestalt einfallen lassen.“
    „Hat Sie je jemand nach diesem Fall damals in Chicago gefragt?“
    „Öfters. Der hat mich immer wieder mit der Nase angestupst. Wie ein Hund zur Essenszeit. Das ist einer der Gründe, warum ich aufgehört habe und jetzt hier arbeite.“
    „Und die bessere Bezahlung. Und dass Sie keine schweren Lasten heben müssen.“
    Sie nickte.
    „Missy trifft sich mit Ariel. Weiß sie, wer er

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