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Trügerisches Spiel (German Edition)

Trügerisches Spiel (German Edition)

Titel: Trügerisches Spiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Raven
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durchgingen. Jay zog ihr einen Barhocker zurecht und setzte sich neben sie. Sie zog zwei Speisekarten aus dem Ständer und reichte eine an Jay weiter. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass er so tat, als würde er sich die angebotenen Gerichte durchlesen, während er die Tür im Auge behielt. Erst nach einigen Minuten entspannte er sich ein wenig und überflog das Menü.
    »Hast du etwas?«
    Sie bestellten zwei Gerichte zum Mitnehmen und kalte Getränke für die Wartezeit. Ein großer hölzerner Deckenventilator drehte sich behäbig, kühlte die Luft aber nicht wirklich ab. Vermutlich war es aber eher die Nervosität, die Jocelyn schwitzen ließ. Ihr Blick glitt zu dem Tisch, an dem sie damals mit Kevin gesessen hatte. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen.
    »Du wirst ihn bald wiedersehen, ich verspreche es.« Jays warme Stimme erklang dicht an ihrem Ohr.
    Mühsam drängte sie die Tränen zurück. »Ich vermisse ihn. Selbst als wir erwachsen waren und jeder sein eigenes Leben führte, haben wir uns alle paar Tage gesehen. Wir konnten über alles reden.« Zittrig atmete sie ein. »Hast du auch so ein enges Verhältnis zu deinen Geschwistern?«
    »Nein, leider nicht. Obwohl ich sie liebe und mich auch gut mit ihnen verstehe, mag ich es nicht, wenn wir so aufeinanderhocken. Vielleicht liegt es daran, dass ich fünf Geschwister habe und früher kaum jemals eine Minute für mich hatte. Deshalb finde ich es schön, sie ab und zu mal zu sehen oder mit ihnen zu telefonieren, sie aber nicht ständig um mich zu haben.«
    Sie lächelte. »Das kann ich mir vorstellen. Bei mir waren es nur Kevin und ich. Unsere Eltern sind gestorben, als er gerade acht Jahre alt war. Er ist sechs Jahre jünger, und da unsere Pflegeeltern sich nie richtig um uns gekümmert haben, bin ich eingesprungen.«
    »Das muss schwer gewesen sein.«
    »Gar nicht. Kevin war so lieb und aufgeweckt, ich habe die Zeit mit ihm genossen.« Jocelyn hob die Schultern. »Vielleicht brauchte ich auch jemanden, bei dem ich mir sicher war, dass er mich liebte. Auf jeden Fall würde ich es jederzeit wieder so machen.«
    »Haben eure Pflegeeltern so viel gearbeitet?«
    Wut kroch in ihr hoch. »Nicht wirklich. Sie hatten einfach keinerlei Interesse an uns. Ich glaube, sie haben uns nur genommen, weil sie für unsere Betreuung Geld vom Staat bekommen haben. Ich habe mich die meiste Zeit um Kevin gekümmert.«
    Jays Augenbrauen schoben sich zusammen. »Leben sie noch?«
    »Soweit ich weiß, schon. Sowie ich erwachsen war, habe ich mir einen Job gesucht und bin mit Kevin in eine kleine Wohnung gezogen. Ich habe sein Studium mitfinanziert, deshalb musste ich mein Medizinstudium zurückstellen, bis er fertig war.« Sie lächelte. »Ich war so stolz, als er seinen Abschluss bekam.«
    »Aber das hätten eure Pflegeeltern bezahlen müssen! Gab es keine Möglichkeit, das Geld von ihnen zu bekommen?«
    »Vermutlich schon, aber ich wollte nichts von ihnen nehmen und Kevin auch nicht. Wir hätten es nicht ertragen, uns dann auch noch bei ihnen bedanken zu müssen.«
    Jay legte eine Hand an ihre Wange. »Du bist eine bemerkenswerte Frau, Jocelyn Callaghan.«

24
    Als Jay sein Handy einschaltete, sah er, dass Dave etliche Male angerufen hatte. Sein Magen zog sich zusammen, als er sich vorstellte, dass sein Partner ihn vielleicht verraten hatte. Er konnte nicht glauben, dass Dave das für Geld tun würde, es musste etwas anderes dahinterstecken. Aber vielleicht waren ihre Gespräche auch nur abgehört worden, und sein Partner hatte nichts mit der Sache zu tun. Das erklärte allerdings nicht, warum er erzählt hatte, dass Kara krank war. Irgendetwas anderes musste da vorgehen. Während er zusah, wie Jocelyn ihren Rucksack auf das Bett ihres neuen Motelzimmers warf und im Bad verschwand, hörte er die Nachrichten auf seiner Mailbox ab.
    »Jay, hier ist Dave. Wo zum Teufel bist du? Ich warte hier schon seit einer halben Stunde auf dich. Melde dich!«
    Das klang halbwegs normal, wenn auch ein wenig besorgt. Die nächste Nachricht wurde abgespielt.
    »Länger kann ich nicht warten, Jay. Melde dich sofort, wenn du die Nachricht erhältst.«
    Diesmal klang beinahe so etwas wie Panik in Daves Stimme mit. Weil er sich Sorgen um ihn machte oder weil er Angst hatte, was mit ihm selbst passierte, wenn er Jay nicht in die Falle lockte? Der Schmerz in seiner Brust verstärkte sich. Er würde Dave nicht unbedingt als einen Freund bezeichnen, aber sie hatten gemeinsam viel erlebt und verstanden sich sehr

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