Trügerisches Spiel (German Edition)
sich mit der Hand durch die wieder einmal viel zu langen Haare. »Außerdem habe ich den Hunter-Charme.«
Dave lachte laut auf. »Entschuldige, aber ich habe deinen Bruder Clint kennengelernt. Er hat ungefähr so viel Charme wie eine Konservendose.«
»Das mag sein, aber er hat Karen trotzdem bekommen.« Jay zuckte zusammen, als er seinen beinahe eifersüchtigen Tonfall bemerkte. Karen war eine tolle Frau, genauso wie Autumn, die Frau seines Bruders Shane. Er konnte wirklich nicht sagen, welche von beiden er mehr bewunderte. Und welchen seiner Brüder er mehr beneidete.
»Denk daran, auf was du verzichten müsstest, wenn du an nur eine Frau gebunden wärest.«
»Ja, ja, ich weiß. Ist das nicht normalerweise mein Spruch?«
»Du färbst eben ab.«
»Das …« Jay brach ab, als sein Kollege Berman seinen Kopf ins Zimmer steckte.
»Hey Hunter, deine Freundin ist hier!«
»Welche?« Erregung durchzuckte ihn, als er sich vorstellte, dass Vi ihn abholte, um dann mit ihm im Auto …
Berman lachte. »Na, an die solltest du dich noch erinnern mit ihrem Bauch.«
Jays Stuhlbeine knallten auf den Boden. »Bauch?«
»Mindestens sechster Monat, wenn du mich fragst.«
»Verdammt.« Ruckartig schob Jay den Stuhl zurück und erhob sich. Hitze und Kälte schossen abwechselnd durch seinen Körper, und sein Magen fühlte sich an, als hätte jemand hineingeboxt. Wie durch eine Watteschicht hörte er, wie Dave den Kollegen mit dem Versprechen wegschickte, dass Jay gleich nachkommen würde. Dann schloss er die Tür und trat neben Jay.
»Setz dich lieber wieder hin, bevor du umkippst.«
Da ihm gerade nichts Besseres einfiel, tat Jay, was sein Partner sagte. Es schien so, als wäre das gesamte Blut aus seinem Kopf gewichen und hätte einem allumfassenden Schwindelgefühl Platz gemacht. Es konnte einfach nicht stimmen, was Berman gesagt hatte. Sicher hatte er keine Frau geschwängert. Er benutzte immer ein Kondom, er war sogar dermaßen fixiert darauf, dass er schon mehrere Freundinnen fast in den Wahnsinn getrieben hatte. Nein, er hatte alles getan, was man tun konnte – außer ein Keuschheitsgelübde abzulegen. Trotzdem war da draußen eine Frau, eine schwangere Frau, die behauptete, seine Freundin zu sein.
»Weißt du, wer das sein könnte?«
»Nein, ich habe immer …«
»Gummis können reißen, das ist dir schon klar, oder?«
»Ja, natürlich.« Mit zitternden Händen rieb Jay über sein Gesicht.
»Oder es ist gar nicht dein Baby.«
Jay stürzte sich förmlich auf diese Idee. Genau, er würde da rausgehen und feststellen, dass es einfach nur eine Bekannte war, die ihn besuchen wollte, bevor sie ein Kind von ihrem neuen Freund bekam. Das war es sicher. Aber wenn es seines wäre … Er war nicht bereit für ein Kind – vielleicht würde er es auch nie sein. Am besten ging er nach draußen und klärte die Angelegenheit so schnell wie möglich. Es hatte keinen Sinn, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wenn hinterher alles nur ein Missverständnis war.
Schließlich schaffte er es, sich zu erheben und auf weichen Beinen den Weg zum Mannschaftsraum zurückzulegen. Das übliche Durcheinander aus Geräuschen und Gerüchen empfing ihn, doch diesmal bekam er kaum etwas davon mit. Unruhig blickte er sich um und suchte den Raum nach einer schwangeren Frau ab. Dave hatte sich neben ihm aufgebaut, die Arme vor der breiten Brust verschränkt. Es sah nicht so aus, als hätte er vor, Jay seine Privatsphäre zu lassen. Nun, vielleicht würde sein Partner ihm helfen, nicht völlig den Kopf zu verlieren, wenn sich herausstellte, dass er tatsächlich der Vater des ungeborenen Kindes war. Verdammt!
Als Jay nach längerem Suchen keine schwangere Frau entdeckte, wagte er sich in das Großraumbüro hinein. Einige Kollegen riefen ihm etwas zu, als er wie ein Schlafwandler an ihren Tischen vorbeistolperte, doch er blieb nicht stehen. Sein Blick blieb an einer schlanken Frau in einem wadenlangen Sommerkleid hängen, die mit dem Rücken zu ihm vor der Anmeldung stand. Zielsicher ging er auf sie zu. Woher er wusste, dass sie diejenige war, die nach ihm gefragt hatte, war ihm ein Rätsel. Aber er fühlte es in jeder Faser seines Körpers. Copinstinkt, möglicherweise. Als hätte sie seinen Blick auf sich gespürt, drehte sich die Frau plötzlich um. Über den halben Raum hinweg trafen sich ihre Blicke, und Jay konnte spüren, wie sein Herzschlag sich beschleunigte, während er sich gleichzeitig vor Erleichterung ganz schwach fühlte. Er kannte
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