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Trümmermörder

Trümmermörder

Titel: Trümmermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Rademacher
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weitere Menschen aus ihrer Familie hier sind.
    Ob Yvonne Delluc das junge Mädchen ist? Die ältere Frau? Das Kind? Stave wird es herausfinden – vielleicht.
    Er drückt das Gaspedal durch, der Motor brüllt, ein Reifen jault, als er um eine Kurve driftet.
    Wie mag Maschke Yvonne Delluc getroffen haben? Durch Zufall? Als Stave auf der Reeperbahn Zeugen befragte, sagte ein leichtes Mädchen, dass der Beamte von der Sitte übereifrig sei – so übereifrig, dass er sogar harmlose Frauen für Huren hielt. Ist ihm Yvonne Delluc dabei irgendwie über den Weg gelaufen? Eine elegante Frau, nicht abgearbeitet, die auf einen französischen Namen gerufen wird? Viele Prostituierte legen sich solche Namen zu, nur dass ihrer echt ist. Maschke, der glaubt, eine Hure zu überprüfen, erkennt plötzlich, dass er eine Zeugin seines Massakers vor sich hat – und bringt sie um. Und danach, um sicherzugehen, auch den Rest ihrer Familie.
    Dann meldet er sich freiwillig zur Ermittlergruppe, um immer ganz nahe bei der Fahndung zu sein. Um rechtzeitig eingreifen zu können. Um falsche Spuren zu legen. Oder um zeitig unterzutauchen.
    »1 Peter, 1 Peter. Sofort in der Zentrale melden!«
    Stave zuckt zusammen, als die Stimme aus dem Funkgerät dröhnt. Wütend, den Blick starr auf die Straße geheftet, schlägt er auf den Kasten, bis die blecherne Stimme abrupt abbricht.
    Kreischende Bremsen, der Motor stoppt mit einem dumpfen Blubbern, Stave springt aus dem Mercedes. Vor ihm ragt der düstere Monolith des Hochbunkers von Eilbek auf.
    Der Oberinspektor knallt die Stahltür auf, hastet zur ersten Wohnebene, vorbei an Bretterwänden. Die Luft ist noch klammer als bei seinem ersten Besuch vor zwei Monaten, warm nun, modrig, faul. Die gleiche zerschlissene Öljacke versperrt noch den Eingang.
    Stave atmet erleichtert auf: Anton Thumann lebt noch. Er stampft in den Verschlag. Der alte Seemann springt von der Pritsche auf, hebt die Fäuste, erkennt ihn dann.
    »Das kann man auch höflicher machen, Herr Kommissar!«, ruft er, lässt aber die Fäuste oben.
    Der Oberinspektor schluckt seine Wut hinunter. Was hätte ihm dieses Wrack von einem Mann erspart, wenn er geredet hätte! Einer der ersten Menschen, den er befragte, noch am Tag, als sie die erste Leiche fanden. Die junge Tote. Da erwähnte er eine französische Familie aus dem Verschlag nebenan, die eines Tages von einem Polizisten abgeholt worden war. Einem Polizisten!
    Stave fingert an seiner Jacketttasche herum. Thumanns Augen weiten sich.
    »Nicht schießen!«, ruft er.
    Der Oberinspektor ignoriert sein Flehen, zerrt die Fotos der Toten hervor. Thumann, erleichtert, lässt die Fäuste sinken. Stave reicht ihm die Bilder, seine Hand zittert vor Zorn.
    »Das waren die von nebenan«, sagt der alte Seemann gleichmütig. »Die Franzosen.«
    Der Oberinspektor schließt für einen Moment die Augen. »Warum haben Sie das nicht längst der Polizei gemeldet?«, fragt er, mühsam um Ruhe ringend.
    »Warum sollte ich das tun?«
    »Haben Sie denn die Plakate nicht gesehen, überall in der Stadt?«, fragt Stave fassungslos.
    Thumann starrt mit leerem Blick gegen die Bretterwand. »Ich komme ja kaum raus. Und wenn, dann sehe ich mir so etwas nie an. Kann nämlich nicht lesen. Hab es nie richtig gelernt. Brauche ich ja auch nicht.«
    Stave lehnt sich gegen die rauen Bohlen, fährt sich mit der Hand über die Augen.
    »Wissen Sie, wie die Familie neben Ihnen hieß?«
    »Die haben sich mir nie vorgestellt.«
    »Delluc?«
    »Kann sein, kann auch nicht sein.«
    »Beschreiben Sie mir die Familie: Wie viele Personen? Männer, Frauen, Kinder?«
    »Ein Alter, der immer am Stock ging. Zwei Frauen. Feine Damen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Jung und hübsch die eine, aber frech. Die andere war auch hübsch, aber nicht mehr so jung. Und noch eine Göre.«
    »Ein Mädchen?«
    »Ja.«
    »Wie alt?«
    »Keine Ahnung, ich habe keine Kinder. Klein halt.«
    Der Oberinspektor atmet tief durch. Thumann wird vor Gericht einen großartigen Zeugen abgeben, denkt er resigniert.
    »Eher sechs Jahre alt? Oder eher vierzehn?«
    »Eher sechs.«
    »Gab es noch mehr Angehörige?«
    »Nur die vier auf den Fotos, soweit ich weiß.«
    Stave zerrt noch ein Foto hervor. Ein Abzug aus Maschkes Personalakte.
    »War das der Polizist, der diese Familie abholte?«
    »Das war er. Qualmte die ganze Etage voll, gab mir aber keine Lucky Strike ab. Arroganter Hund.«
    »Ging die Familie freiwillig mit ihm mit?«
    »Wer geht schon freiwillig

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