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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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fristete eine junge
Palme ein trauriges Dasein.
    Gut zwei Dutzend Klingelknöpfe ließen
vermuten, dass man hier offenbar ziemlich anonym wohnen konnte. Doch so sehr
sie sich auch anstrengten, den gesuchten Namen ›Vollmer‹ gab’s hier nicht.
Allerdings waren fünf Klingelknöpfe ohne Beschilderung. Häberle entschied, dass
sie wenigstens den Versuch unternehmen sollten, sich bei einem der anderen
Bewohner nach ihm zu erkundigen. Der Kriminalist suchte sich neben all den
italienisch klingenden Namen die deutschen aus. Erst beim vierten hatte er
Glück. Eine Männerstimme krächzte in der Sprechanlage. Beinahe hätte sich
Häberle mit »Kriminalpolizei« gemeldet, verkniff es sich aber im letzten
Augenblick. »Entschuldigung. Wir kommen aus Deutschland und suchen einen
Bekannten, der hier wohnen müsste«, erklärte er und bückte sich zu dem Lautsprecher,
»dürfen wir uns einen Moment mit Ihnen unterhalten?«
    »Wie heißt er denn?«, krächzte es zurück.
    »Vollmer. Jens Vollmer.« Häberle musste
lauter sprechen, weil ein Klein-Lkw vorbeischepperte.
    »Okay, zweiter Stock, links«, sagte die
Stimme und der Türöffner summte. Häberle nickte seinem Begleiter aufmunternd zu
und drückte die Tür nach innen auf. Sie standen in einem kühlen unpersönlichen
Treppenhaus. Weißgekalkte Wände, graue Fliesen, keine Farbe. Diese Atmosphäre
wollte so gar nicht zu dieser Umgebung passen. Die beiden Männer hetzten zwei
Stockwerke nach oben und traten links in den langen Flur hinein. An der dritten
Tür auf der linken Seite lehnte ein junger Mann in kurzen Hosen, T-Shirt und
Badeschlappen lässig am Rahmen.
    »Willkommen«, sagte er locker in astreinem
Hochdeutsch, »Sie suchen den Vollmer?«
    Häberle hatte sich eine Geschichte
ausgedacht: »Ja, wir sind gerade auf Durchfahrt und haben gedacht, wir könnten
uns mit ihm treffen. Doch er meldet sich seit gestern auch auf seinem Handy
nicht. Und nun stellen wir fest, dass er hier gar keinen Klingelknopf hat. Aber
wir sind doch richtig?«
    Der junge Mann, Kaugummi kauend,
verschränkte die Arme. »Klar doch. Noch eine Treppe höher, rechter Flur, zweite
Tür rechts.«
    Häberle bedankte sich. Während sie sich
umdrehten, um ins Treppenhaus zurückzugehen, rief ihnen der Mann hinterher: »Komischer
Typ übrigens. Spricht nie was, wenn man sich im Flur trifft.«
    Auch an der beschriebenen Wohnungstür fand
sich kein Namensschild, obwohl eine entsprechende Vorrichtung angebracht war.
Der Kommissar klingelte – ein-, zwei-, dreimal. »Wo der Kerl bloß ist?«, fragte
Brobeil und schaute auf die Armbanduhr. Halb zehn am Samstagvormittag.
Eigentlich wäre anzunehmen gewesen, dass er noch pennte. Die beiden Männer
blickten sich um. Dann vergaß Häberle, dass er nicht in amtlicher Mission hier
war. Er griff zur Klinke, drückte sie nieder – und öffnete die nach
innenführende Tür. Dass dies möglich sein würde, damit hatte er nicht
gerechnet. Er stutzte und blieb stehen, während die Tür halb geöffnet war. »Herr
Vollmer, sind Sie da?«, rief er in die fensterlose dunkle Diele, die auf den
ersten Blick unbewohnt wirkte. Keine Tasche, kein Kleidungsstück, keinerlei
persönlichen Gegenstände.
    Häberle trat einen Schritt hinein. »Herr
Vollmer«, noch einmal lauschte er auf Geräusche. Dann sah er, dass alle
abzweigenden Türen weit geöffnet waren. Aus den Zimmern fiel das Tageslicht
herein.
    »Sie bleiben hier«, forderte er Brobeil
auf, der augenblicklich verharrte. Ihm war nicht wohl dabei.
    Der Kommissar schrie noch einige Male den
Namen Vollmers und ging langsam auf die nächstgelegene Tür zu. Es war das
Schlafzimmer, dessen beide Betten akkurat gemacht schienen. Auch hier nichts,
was auf einen Bewohner hindeuten würde. Daneben das Wohnzimmer: Eine leere
Regalwand. Kein Buch, kein Gerät. Der Raum wirkte mit der einfachen,
dunkelblauen Couchgarnitur, als gehöre er zu einem dieser Mitnahme-Möbelhäuser.
    Brobeil beobachtete von der Eingangstür
aus, wie der Kommissar ein Zimmer nach dem anderen betrat. Selbst im Bad gab es
nichts, was auf einen Bewohner hindeuten würde. Keine Zahnbürste, kein
Handtuch.
    »Leer«, stellte er schließlich fest, als
er auch noch in die enge Küche und in die Toilette geschaut hatte. »Absolut
leer. Als ob hier keiner gewohnt hätte.«
    »Da muss die Spurensicherung her«, meinte
der Theologe, bemerkte aber im gleichen Moment, dass sie eigentlich
widerrechtlich in die Wohnung eingedrungen waren.
    »Das lassen wir lieber mal

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