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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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betreten
werden darf, nämlich der frühere Ort Gruorn oder das, was heute noch davon
übrig ist. Das Kirchlein und einige zerschossene Gebäudereste.«
    Blühm nickte. Er hatte regelmäßig davon
gehört. Eine ganze Ortschaft war 1939 der Erweiterung des Militärgeländes zum
Opfer gefallen.
    »Ja«, machte die Frau weiter, »da war ich
dort, aus reiner Neugier – und dann hat mich vor der Kirche plötzlich dieser
Stefan angesprochen, ein attraktiver Typ.« Sie lächelte wieder und dachte an
die schöne Zeit mit ihm. Alles war so aufregend, abenteuerlich und heimlich
gewesen – während Norbert über sein Perpetuummobile gebrütet hatte.
    »Kirchner also«, stellte Blühm nur der
Vollständigkeit halber fest, um den Faden nicht zu verlieren.
    »Und jetzt haben sie ihn umgebracht«, fuhr
die Frau fort, »kaltblütig gekillt.«
    »Man sagt, es sei ein Autounfall gewesen.«
Blühm wandte dies ein, obwohl er an diese Version auch nicht glauben wollte.
    »Quatschen Sie doch nicht rum«, zeigte
sich seine Gesprächspartnerin verbittert, »die geh’n über Leichen. Denen ist
ein Menschenleben schnurzpiepegal. Als ich das gemerkt hab, Herr Blühm, da
hat’s bei mir geklickt. Ich hab vieles getan, was man von mir wollte. Sehr viel
sogar.« Sie fingerte an den Fransen der abgeschnittenen Jeans. »Ja, ich hab
sogar Sie tyrannisiert – und Sie wissen, wie sehr ich das bedauere.« Die Frau
hielt inne und spürte, wie sie ein beschämendes Gefühl überkam. Sie vermied es,
dem Mann in die Augen zu sehen. »Geld macht blind und süchtig – glauben Sie mir
das. Da tut man Dinge, die man nicht für möglich gehalten hätte.« Sie stockte. »Ja,
und da kriegt man Einblick in Bereiche, dass einem das Blut in den Adern
gefriert.«
    Er nickte verständnisvoll. »Das ist mir
inzwischen auch klar geworden. Diese Skrupellosigkeit kennt keine Grenzen. Ich
hab ja mitgekriegt, wie sie mich fertig machen und ausschalten wollten. Mit
meinem Auto – und den Spuren … Bis hin, dass es ihnen gelungen ist, mir Mord
und Totschlag anzudichten.«
    Er wurde wieder ernst. »Und jetzt haben
sie’s sogar schon geschafft, hier rumzuschnüffeln, wie wir gesehen haben.«
    Die junge Frau machte ein nachdenkliches
Gesicht und fuhr sich durchs Haar. »Ich bin so froh, dass jetzt bald alles
vorbei ist – und dann wird sich alles aufklären.«
    Blühm runzelte die Stirn. »Da hab ich aber
erhebliche Zweifel.« Doch wie zum Trost merkte er an: »Aber wenn wir glauben,
dass alles im Leben seinen Sinn hat, vielleicht seine Vorbestimmung – dann
sollten wir nach vorne blicken.« Er holte tief Luft und ergänzte charmant: »Wären
wir beide uns auf diese Weise begegnet, wenn es diese ganze Geschichte nicht
gegeben hätte?« Ihm wurde mit einem Schlag schmerzlich bewusst, dass diese Frau
auch seine Tochter sein könnte.
    Ihre Blicke trafen sich. Er brachte das
Gespräch wieder in eine andere Richtung.
    »Und Sie sind jetzt einfach mit Ihrem
Feuerstuhl hier runtergedonnert …« Blühm wollte sich jetzt nicht von seinen
Gefühlen ablenken lassen.
    Die junge Frau nickte. »Wollte sowieso mal
wieder hierher. Entweder Gardasee oder Tessin – der Wunsch eines jeden Bikers,
wenn das Frühlingserwachen losbricht.«
    Blühm hatte diese Frau vor vier Tagen
drüben in Morcote getroffen – in diesem kleinen Lokal, wohin sie in ihrer
Verzweiflung gegangen war, nachdem es keinerlei Kontakte zu ihrem bisherigen
Ansprechpartnern, diesem Armstrong, mehr gegeben hatte.
    »Ja«, seufzte sie jetzt, um an Blühms
Frage nach ihrer Motorradfahrt anzuknüpfen, »in den vergangenen Monaten ist mir
viel bewusst geworden. Sehr viel. Vor allem aber …« Sie schluckte. »Vor allem
aber möchte ich nicht mitverantwortlich sein für den Tod von Menschen.«
    Blühm blieb kühl. »Und was haben Sie sich
von der Fahrt hierher versprochen?«
    Sie lehnte sich ratlos zurück. »Ich wollte
einfach raus – und gucken, was sich hier abspielt. Stefan – also Herr Kirchner,
mein ich – hat schon ein halbes Jahr vor seinem Tod gesagt, dass die
Schaltzentrale am Flughafen von Lugano eingerichtet sei. Na ja …« Sie versuchte
ein Lächeln. »Den Rest wissen Sie ja schon. Weil Stefan mal dieses Lokal in
Morcote erwähnt hat, wo er sich einige Male mit Joe und Armstrong getroffen hat,
wenn er hier zu tun hatte, da hab ich gedacht, vielleicht findet sich dort eine
Spur. Und jetzt sitzen ausgerechnet Sie da drin.« Die junge Frau schaute ihn
an, als wolle sie sich für alles, was sie getan hatte,

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