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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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kalten
Metallstange fest. »Was verschafft uns denn die Ehre zu dieser Bergtour, Mr.
Armstrong?«
    Der Fremde lächelte gelangweilt. Auch er
klammerte sich an eine Stange, Brobeil ebenfalls. Doch dem schien es die
Sprache verschlagen zu haben.
    »Sie kennen mich?«, erwiderte der Mann
gekünstelt höflich, »schön, dann sind wir ja so etwas wie gute Bekannte. Dann
werden Sie verstehen, wenn ich sage, dass es auf dieser Welt Freunde gibt, die
es nicht mit ansehen können, wie andere …« Er schien eine passende
Formulierung. »Ja, wie andere in ihr Unglück rennen.«
    Häberle nahm ihn scharf ins Visier. Einer
dieser Typen, die eiskalt sind, konstatierte er. Eiskalt und aalglatt und – was
in solchen Fällen noch viel gefährlicher war – vermutlich mit unendlich viel
Geld, Macht und Einfluss im Hinterhalt. Die Kabine wurde ratternd und ruckelnd
den Steilhang hinaufgezogen. Häberle sah im Augenwinkel, wie ihnen jetzt ganz
Lugano und der im Sonnenlicht glitzernde See zu Füßen lagen.
    Die Kabine kam an einem »Bahnsteig«
vorbei, der an diesem Steilhang aus mehreren Stufen bestand. Niemand stieg zu.
Dafür wurde der Ausblick mit jedem Höhenmeter grandioser. Brobeil nahm dies
nicht zur Kenntnis.
    »Ob es ein Unglück ist, kommt auf den
jeweiligen Standpunkt an«, erwiderte der Kriminalist ein wenig zu langsam, wie
er sich selbst eingestand. Deshalb fügte er süffisant hinzu: »Ich denke, Sie
kennen das Prinzip bewegter Systeme.« Und um deutlich zu machen, dass er
wusste, worum es ging, wagte er eine dezente Anspielung: »Alle Systeme haben
ihre eigene Zeit – relativ zueinander. Stimmt’s?« Dem Kriminalisten war
bewusst, dass er damit möglicherweise in ein Wespennest stieß.
    Sein Gegenüber lächelte – und irgendwie
sah es mitleidig aus. »Wir brauchen uns nichts vorzumachen«, sagte er, ohne
eine Miene zu verziehen, während die Kabine über eine hochgemauerte schiefe
Ebene schepperte. »Ich kann Ihnen nicht verbieten, sich in eine Sache zu
mischen, die eine Nummer zu groß ist für einen …« Er zögerte und lächelte
wieder. »… einen Provinzkommissar und einen verkrachten Pfarrer, so sagt man
doch wohl, oder?«
    Häberles Augen wurden klein und
gefährlich. Kotzbrocken, dachte er, Großschwätzer – einer dieser Typen, die er
hasste, wie die Pest. Gleich würde die Drohung kommen, welche phänomenalen
Beziehungen er in die höchsten Ebenen des Innenministeriums habe – und wie
schnell da so ein kleiner Kommissar weg sein konnte vom Fenster. Schon gar,
wenn dieser sich widerrechtlich im Ausland als Ermittler betätigte. Häberle
überlegte, wie er dann reagieren würde. Sein Begleiter stand reglos, nicht
imstande, passende Worte zu finden.
    Draußen zogen Sträucher vorbei. Die Kabine
ruckelte wieder durch einen Einschnitt und beschrieb eine Rechtskurve. Es wurde
warm.
    »Wenn ich Ihnen aber einen guten Rat geben
darf, einen sehr guten« fuhr Armstrong fort, »dann genießen Sie dieses
Wochenende hier – aber unterlassen Sie alles, was als feindselig zu
interpretieren wäre.«
    »Soll das eine Drohung sein?«, fragte
Häberle energisch zurück.
    Der Mann zuckte lässig mit den Schultern. »Auch
das kommt auf den Standpunkt an, Mr. Häberle.« Wie er den Namen betonte, das
verriet wenig Wertschätzung. »Es hat in der Weltgeschichte schon immer
Entscheidungen gegeben, bei denen das Gemeinwohl über dem von Einzelnen stand.«
Er schaute den kreidebleichen Brobeil an: »Oder sagen wir besser: über dem von
Zweien.«
    Häberle wagte einen Frontalangriff: »Da
werden Menschen aus dem Weg geräumt, sie verschwinden spurlos – oder ihre
verkohlte Leiche taucht irgendwo auf. Andere werden eingeschüchtert, bedroht
und vielleicht sogar …« Häberle überlegte, ob er es aussprechen sollte. »… ja,
sogar umgebracht – und Sie tun hier so, als sei das alles ganz normal, als gäbe
es keine Moral und keinen Anstand. Wir jagen jeden kleinen Raubmörder – und
sollen die ganz großen Täter einfach laufen lassen! Glauben Sie im Ernst, dass
dies alles so einfach ist – mit ein paar Drohungen?« Häberle hatte die
Haltestange losgelassen und wild gestikuliert. Doch sein Gegenüber rührte sich
nicht von der Stelle.
    »Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie
keinen offiziellen Auftrag haben, hier zu ermitteln? Und dass Sie zu Hause
eigentlich eine ganz andere Aufgabe zugewiesen bekommen haben?
Terror-Bekämpfung, Objektschutz, Personenschutz.«
    Der Kerl wusste bestens Bescheid, dachte
Häberle. Vielleicht

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