Trust Me - Blutiges Grauen
Laut von sich zu geben, der sie verriet. Oliver hätte den Schmerz verdient, den sie ihm damit zugefügt hätte. Wenn er sich nicht von Skye Kellerman in ihr Haus hätte locken lassen, wären sie jetzt nicht dort, wo sie waren.
Doch Jane wusste, sie würde ihm oder irgendjemand anders niemals von Noah erzählen. Das konnte sie nicht. Es würde zu viele Beziehungen kaputtmachen, wenn sie dieses Geheimnis preisgab, zu viele wären davon betroffen – ihre Tochter ebenfalls. Dann war da Wendy. Jane wollte die Freundlichkeit und Unterstützung ihrer Schwägerin nicht damit vergelten, dass sie ihr von dem Betrug erzählte.
“Du hast für ein paar Jahre einen Bewährungshelfer?”, sagte Noah. “Wie wird das vor sich gehen?”
Jane stellte sich vor, wie sie und Noah aus der Vogelperspektive aussahen, und der Anblick machte sie krank. Sie, die einmal eine Mustermutter und Ehefrau gewesen war, hatte Sex mit dem älteren Bruder ihres Mannes. Sie war so eine schreckliche Person …
“Mom und Dad freuen sich auch schon, dich wiederzusehen.” Noah lächelte ihr traurig zu. Vielleicht war sie deshalb so verrückt nach ihm. Er behandelte sie, als wäre sie wichtig, als hätte sie bei ihm Vorrang. Als wenn ihre Gefühle Gewicht hätten. Außerdem war die Affäre nicht allein ihre Schuld. Sie hätte sich nicht in Noah verliebt, wenn er sie nicht so oft besucht hätte, um ihr im Haus oder mit Kate zu helfen. Oliver hatte sie in diesem Meer aus Verzweiflung und Schmerz zurückgelassen, und sie hatte sich vor dem Ertrinken retten wollen. Sich an jemanden klammern, der ihre Welt wieder gerade rückte.
“Ein Jammer mit der Zahnarztpraxis, aber du findest bestimmt was anderes”, sagte er und spielte mit ihren Haaren. “Darauf kannst du wetten. Wir treffen uns, sobald du zu Hause bist. Okay, hier ist Jane.”
Nachdem er ihr den Hörer übergeben hatte, ließ er den Kopf zurücksinken und bedeckte das Gesicht mit den Händen.
Jane bekam keinen vernünftigen Ton heraus. Sie musste sich zweimal räuspern, bevor ihre Stimme wieder da war.
“Hallo, Liebling”, sagte Oliver. “Wie geht es dir?”
Sie schob die Knie bis an die Brust, legte den Arm darum und starrte auf ihre lackierten Zehennägel, während sie sprach. “Gut.”
“Was macht Noah denn bei dir?”
“Er …” Sie räusperte sich. “… repariert nur ein paar Dinge. Er hilft mir, das Haus in Ordnung zu bringen, damit alles fertig ist, wenn du kommst.”
“Das ist nett von ihm.”
Sie hatte das Gefühl, ihr Herz würde brechen. Denn wenn Oliver zurück war, könnte sie Noah nicht mehr sehen. Sie wünschte, ihre Affäre müsste nicht zu Ende sein. Die folgenden Monate würde sie besser überstehen, wenn er da wäre, um sie zu unterstützen. Aber sie konnten das Risiko nicht eingehen und ihre Beziehung weiterlaufen lassen.
“Er weiß, dass ich für dich alles hier schön machen möchte. Er und deine Eltern waren so gut zu mir.” Sie spürte Noahs Hand auf dem Kopf und ließ ihre Stirn gegen das Knie sinken.
“Das sollten sie aber auch. Du bist meine Frau”, sagte Oliver.
Das würde sie nicht so leicht vergessen. Wegen dieser Verbindung war sie auf die schlimmste Weise gedemütigt worden. Trotzdem war er der Vater ihrer Tochter, der Mann, den sie einmal geliebt hatte. Jemand, der nie und nimmer dieses Verbrechen begangen haben konnte, das Skye Kellerman ihm anlastete.
“Kommst du nun am Freitag raus?”, erkundigte sie sich.
“Ja. Nur noch sechs Tage. Ich kann es kaum erwarten. Du?”
“Auch nicht.”
“Wenn ich erst mal zu Hause bin, vergessen wir alles, was passiert ist, und bauen uns ein neues Leben auf. Wir werden ein großes Haus kaufen, so wie vorher. Meine Familie wird uns helfen, wenn wir sie brauchen.”
Betty und Maurice hatten ihr dasselbe erzählt. Sie wussten, genauso wie Jane, dass Oliver kein gewalttätiger Krimineller war. Sicher, es hatte einen brutalen Kampf zwischen ihm und Skye Kellerman gegeben. Oliver war in jener schicksalhaften Nacht ziemlich ramponiert nach Hause gekommen. Er war so schwer verletzt gewesen, dass Jane ihn in die Notaufnahme bringen musste. Aber es war Skye gewesen, die ausgerastet und auf ihn losgegangen war. Sie musste sich im Drogenrausch befunden haben, so wie Oliver es behauptet hatte.
“Jane?”, flüsterte Noah. Er wusste, ihr ging es schrecklich, aber sie konnte ihn nicht ansehen. Sie schaffte es nicht.
Sie hob die Hand, um ihm zu bedeuten, dass er warten sollte, bis das Gespräch mit Oliver
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