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Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)

Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)

Titel: Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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16, Tito und Jackie so gut wie erwachsen. Letztere sonnten sich im Erfolg und nahmen sich während der Touren, was sie kriegen konnten. Und sie bekamen alles. Es gab kein Mädchen, das sich ihnen verweigerte. Sie alle wollten Sex mit einem Jackson und gingen mit ins Hotelzimmer. Die Geräusche waren durchdringend und klangen manchmal nach etwas nicht so Schönem, manchmal, als ob es den Mädchen wehtäte, und Mike fragte sich einmal mehr, warum sie das machten.
    Etliche Mädchen kamen ins Zimmer und hatten noch etwas um sich, das ihr Kindsein bezeugte, aber sie schienen es in einer einzigen Nacht zu verlieren. Michael beobachtete das genau. Es schien mit dem Erwachsenwerden zu tun haben.
    War es vorbei, wurden die Mädchen ohne eine weitere, liebevolle Geste aus dem Zimmer bugsiert. Meistens weinten sie. Und Mike litt mit ihnen.
    Und dann waren da noch all die anderen Erwachsenen: Leute, die sich gegenseitig bekriegten, betrogen, ausstachen. Michael registrierte, wie Erwachsene logen und sich dabei anlächelten, wie es nur darum ging, dem anderen eins auszuwischen, um selbst vornedran zu stehen.
    Das bekam er auch bei den Reportern und Journalisten mit. Motown hatte ihnen beigebracht, dass alles „verkauft“ werden müsse, dass man mit einem Mikro vor der Nase nicht einfach drauflos reden könne. Es gab Standardantworten auf Standardfragen. Aber Michael wollte ehrlich sein und antwortete anfangs mit dem, was er auf dem Herzen hatte. Er war zutiefst verletzt, wenn er las, was dann hinterher in der Zeitung über ihn und seine Brüder stand. Dinge, die im Mund herum gedreht worden waren, um eine gute Story daraus zu machen. Er notierte, dass Reporter auch „verkauften.” Dass sie sich erst einschmeichelten, um ein Interview zu bekommen, um dann etwas Fetziges zu schreiben, das ihrer Karriere nützte.
    Schon in dieser Zeit fing er an, sich zu weigern, mit Journalisten zu reden und wenn, dann nur mit gründlicher Vorbereitung oder, wenn er wusste, der Typ war okay.
    Sein innerer Zwiespalt wuchs. Einerseits wollte er sein, was er war: quirlig und lebensfroh. Aber das schien in der Welt, in der er lebte, nicht möglich zu sein. Neben der kindlichen entwickelte sich eine zweite Seite: Die misstrauische und schüchterne Variante und er war obendrein oft unsicher, welche angebracht war.
    „Und doch wurde ich erwachsen“, erzählte Michael, „mein Körper wurde erwachsen und ich konnte den Prozess nicht aufhalten. Ich hatte immer den Eindruck, es ginge zu schnell. Ich hatte den Eindruck, meine Kindheit noch gar nicht gelebt zu haben... das Gefühl, etwas zu verpassen... es war ein so unklares, dumpfes Empfinden und damals konnte ich überhaupt nicht damit umgehen. Meine Berufserfahrung wurde erwachsen. Unser Erfolg wurde erwachsen. Mein Gesicht wurde anders ... alles veränderte sich. Es war die schlimmste Zeit in meinem Leben. Ich war so verunsichert, ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, ich hatte nur Bühne, Studios und Hotels kennengelernt... ich kannte keine Normalität. Und plötzlich war ich nicht mehr der kleine Kerl, den alle mochten.
    Meine Haut war fleckig und schmierig, ich bekam Akne, die Nase wurde immer breiter. Ich sah so hässlich aus.“
    Das war für ihn, der um die Macht der Schönheit wusste, besonders bitter.
    Und jeden Abend musste er auf die Bühne, in das Spotlight, vor Tausende, Millionen von Leuten treten und sich im Scheinwerferlicht anstarren lassen. Aber das ging sogar noch. Auf der Bühne konnte er Makeup tragen, dem Techniker sagen, er möge das Licht günstig stellen.
    Doch das tägliche Leben zermürbte ihn. Komplett auf sich gestellt, war er oft verzweifelt, weil er merkte, dass die Leute ihn mit einem Mal anders wahrnahmen.
    „Einmal“, erzählte er mir, „waren wir am Flughafen und da kam eine Frau, die uns erkannte und auf uns zustürmte. Sie rief: ‚wo ist der kleine Michael, wo ist dieser süße Kerl?’ Und meine Brüder zeigten auf mich, ich war 13 oder 14, ging schon auf die 1.70 zu und sie…sie machte ein angewidertes Gesicht, als sie mich sah und stieß einen Laut des Ekels aus. Ich hab drei Tage lang geweint. Als mein Vater das mitbekam, fing er an, mich zu hänseln. Er machte die Leute auf meine dicke Nase und die Pickel aufmerksam. Er tat alles, um mich zu demütigen.“
    Diese Kränkungen erfüllten den Zweck, Michaels Selbstbewusstsein am Boden zu halten. Michael hörte immer wieder, dass er nichts wert sei, dass er hässlich sei, dass er ohne die Familie

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