Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
dachte, wir sind verabredet.“
„Michael!“, rief ich und mir fiel der Unterkiefer noch ein paar Zentimeter weiter nach unten. „Das ist ... das bist du? Das ist ja unglaublich! Wie hast du das gemacht?“
So oft ich auch um ihn herum ging – ich konnte nicht erkennen, dass es eine Maske war. Michael lachte sich einen ab, weil ihm der Gag gelungen war. Er hüpfte herum wie ein dreijähriges Kind und zeigte quietschend und kichernd mit dem Finger auf mich. Ein Bild für Götter – ein ältlicher Herr, der wie Rumpelstilz durchs Zimmer hopst. Lachend schüttelte ich den Kopf.
„Also, mein Herr, was hast du vor?“, fragte ich.
„Wir gehen aus“, erklärte mir Michael.
„Okay... und wohin?“
„Ich kenne ein uriges, kleines Lokal mit perfekten Nischen.“
„Aber warum ein Lokal?“
„Weil da definitiv keiner mithören kann“, antwortete er. „Keiner weiß, wo wir hingehen. Da sind dann nur du und ich.“
Aber Brother Michael, sein Bodyguard, klopfte mich dennoch ab, bevor ich mit Michael ins Auto stieg. Meine Handtasche ließ er mir und ich sah, wie Michael das registrierte.
Das Restaurant war plüschig. Rote Polster, hohe Lederwände, die die Gäste voneinander abschirmten, gedimmtes Licht, dunkle Möbel. Es war wirklich perfekt.
„Schwitzt du nicht unter dieser Maske?“, wollte ich wissen.
„Ein bisschen, aber ich liebe es, mich zu verkleiden, das ist meine Freiheit. Damit kann ich ganz normale Dinge machen. Neulich war ich in einem Supermarkt und hab eingekauft. Gott sei Dank war Karen dabei. Ich hatte nämlich vergessen, Geld einzustecken. Keiner schreit, keiner stürmt auf mich zu, ich bin in der Masse...und trotzdem frei – das ist ...Wahnsinn!“
„Ist schon paradox“, lächelte ich. „Dass Leute berühmt werden und all das erleben wollen, was du vermeiden möchtest. Und dass die, die berühmt sind, gerne das tun möchten, was die Nichtberühmten tun. Wärst du gern lieber nicht berühmt geworden in deinem Leben?“
Michael dachte nach. „Doch“, gab er zu, „ich liebe es, auf der Bühne zu sein. Ich hätte es nur gern ohne diese Scheiße gehabt.“
„Aber wie ist das heute?“, fragte ich. „Willst du wieder zurück?“ Ich konnte nicht umhin, es mir selbst zu wünschen – ein Auftritt von Michael...das hatte schon etwas Magisches. Aber er seufzte auf meine Frage.
„Manchmal will ich es...weil ich einfach die Bühne vermisse. Aber es gibt zu viele Gründe, die dagegen sprechen. Eine Tour würde mich umbringen. Du ahnst nicht, wie anstrengend das ist. Ich esse nichts, weil mein Magen wie zugeschnürt ist, ich trinke auch nichts. Es geht einfach nichts rein. Innerhalb kürzester Zeit bin ich dehydriert und geschwächt. Oft hab ich Fieber. Dann kommt hinzu, dass ich nachts nicht schlafen kann. Ich konnte nie gut schlafen. Aber nach Konzerten ist es extrem. Mein Adrenalinspiegel ist so hoch gepeitscht – ich komme einfach nicht mehr runter. Dann verbringe ich die Nächte mit Videospielen, mit dem Computer, mit irgendwas... ich kann nicht schlafen.“
„War das schon immer so?“
„Es ging sehr früh los. Als wir unsere erste Welttournee machten... spätestens da fing es an, glaube ich.“
„Ist man nicht nach einer solch immensen Anstrengung todmüde?“, hakte ich nach. „Vielleicht ist der Adrenalinspiegel noch ein paar Stunden oben nach dem Konzert...aber...“
„Glaub mir“, antwortete Michael, „das fährt nicht runter. Du bist voller Testosteron und Adrenalin. Wenn ich heute auf Tour gehen müsste, wäre ich danach tot. Mein Körper... ist ...ich meine, ich bin keine 25 mehr.“
„Und was hast du vor?“
„Singen. Komponieren. Filme machen. Charity, Menschen zusammenbringen, die Positives in der Welt bewirken.“ Er schwieg.
„Das... hört sich doch machbar an“, sagte ich. „Ich habe gelesen, dass du für jedes Album 120 Songs produziert hast...ist es naiv zu fragen, ob du nicht davon leben könntest?“
„Normalerweise könnte ich schon längst von dem leben, was ich erworben und aufgebaut habe“, antwortete er, „schon längst.“
„Aber?“
„Das wird verhindert. Systematisch. Ich...werde ... ich soll zerstört werden.“ Seine Stimme war extrem leise, ich musste mich vorbeugen, um ihn zu verstehen und seine Hände zitterten, als er sein Glas nahm. Dann sagte er eine Weile gar nichts. Hilfesuchend sah er mich dann an.
„Michael“, sagte ich vorsichtig, „wir müssen das hier nicht machen...das weißt du.”
„Das weiß ich,
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