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Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)

Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)

Titel: Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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laufen hatte. In Michael entwickelte sich Abneigung. Abneigung gegen diese Ungerechtigkeit und diese Autorität, die diese wunderbare Magie zu verhindern schien, sie weder verstand, geschweige denn wahrnahm und die das Leben grau machte.
    Er war ein kleines Kind. Er konnte nicht sehen, wie Joseph sich abschuftete, um die Familie zu ernähren. Er konnte nicht wissen, dass Joe sie vor der wachsenden Kriminalität Garys schützen wollte, wo Banden jeden Tag Mitbewohner umbrachten. Er konnte nicht ermessen, was es ihn abverlangte, zwei Schichten zu arbeiten. Wie gern hätte sich Joe der Musik verschrieben... wäre die Verpflichtung der Familie nicht gewesen. Joe war ein einfach gestrickter Mensch. Er handelte, wie er fühlte. Und wenn er zornig war, schlug er eben zu. Das hatte er so kennen gelernt und nur das konnte er weitergeben. Er konnte aber auch unglaublich zärtlich und charmant sein. Er liebte seine Frau und er liebte seine Kinder. Und er wollte ihnen auf Teufel komm raus ein besseres Leben bieten. Das war sein selbstauferlegter Schwur, über den er jede Sensibilität verlor.
    Dann kam der Tag, der ihr Leben verändern sollte. Seine Brüder hatten wieder mal das Heiligtum des Vaters stibitzt und machten Musik. Michael war immer dabei, wenn die Gitarre in den Händen der Brüder war und mit seinen kleinen Fingern entlockte er einer Saite ehrfürchtig einen Ton, dem Klang lauschend, bis er in die Ewigkeit entschwand.
    „Hey, Mike!“, rief Tito. „Gib das Ding her, jetzt machen wir mal ordentlich Musik!“
    Tito nahm das Instrument in seine Hände und spielte einen Blues. Die anderen sangen dazu, wippten mit den Füßen, fanden automatisch die Zweitstimme, formten den Backgroundgesang... es hörte sich verdammt gut an.
    „Noch mal, noch mal!“, schrie Klein-Michael, als das Lied zu Ende war und patschte in die Hände. Jackie lachte und stimmte einen neuen Song an. Seine Finger zupften an den Saiten, dann machte es „Pling!“ und die Saite war gerissen. Geschockt sahen sich die Brüder an.
    „Ach, du Scheiße“, flüsterte Jermaine und hielt sich erschrocken die Hände vor den Mund. „Wo kriegen wir jetzt eine neue her?“
    Tito atmete kaum. „Und selbst wenn... weiß jemand von euch, wie man die spannt?“
    Er erntete Schweigen.
    „Mann“, meldete sich Jackie. „So schwer kann das nicht sein. Stell das Ding zurück, wenn wir Glück haben, merkt er es nicht und wir können morgen nach der Schule eine kaufen. Wir müssen Mom einweihen.“
    Zitternd stellte sein Bruder die Gitarre zurück.
    Am Abend kam Joe nach Hause. Geladen, weil er auf der Arbeit angemacht worden war und er ging zum Entsetzen der Kinder gleich nach dem Abendessen die Gitarre holen.
    Kurze Zeit später gellte ein Schrei durchs Haus und Joe zog den Gürtel aus der Hose.
    Michael hielt sich die Ohren zu. Dieser Missklang! Wie sehr er die Ordnung im Universum störte – wie disharmonisch plötzlich alles war! Alles war von dieser Angst beseelt! Michael hasste diese Zerstörung seiner Weltordnung. Und er hasste es, vor jemanden Angst haben zu müssen. Jemanden, dem er ausgeliefert war.
    Die Brüder schrien um eine Chance. Sie schrien, dass sie spielen könnten, dass sie in der Lage seien, Musik zu machen und dann geschah das Wunder: Der Vater ließ den Gürtel sinken, drückte ihnen die Gitarre in die Hand und forderte sie auf, zu beweisen, was sie gesagt hatten.
    Und sie spielten. Und sangen. Die Mimik im Gesicht des Vaters veränderte sich. Auf einmal war ihm alles klar.
    In seinem Kopf formten sich die dickflüssigen Träume einer eigenen Musikkarriere zu einer konkreten, andersgerichteten Vision. Wenn er offensichtlich nicht genug Talent hatte – seine Kinder hatten es! Damit hätte die gesamte Familie ausgesorgt! Er würde seinen Traum erfüllen. Von einem besseren Leben. Für sich und seine Kids. Sie würden es schaffen. Da war er sicher.
    Für Michael hatte dieses Erlebnis noch eine weit tiefere Bedeutung, er war danach aufgekratzt und froh. Er dachte an das Gesicht seines Vaters, wie es sich verändert hatte, als die Musik erklang. Als sie alle gesungen hatten. Musik heilt die Welt, dachte er. Sie spielen und sie singen und alles ist gut. Sie verändert selbst Joe. Musik macht alles wieder gut.
    Joe hingegen stürzte sich wie ein Besessener auf seine neue Aufgabe und auf seine Weise war er brillant. Er studierte andere Bands mit der Lupe, war in der Lage, Fehler und Stärken zu analysieren und machte sich schlau über die Szene,

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