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TS 04: Das endlose Schweigen

TS 04: Das endlose Schweigen

Titel: TS 04: Das endlose Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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entsann sich der Bilder, die er vor acht oder zehn Jahren drüben in Europa gesehen hatte. Hauswände waren eingefallen und die Fensterscheiben zersplittert. Die Stadt war bombardiert worden, während er in dem Hotel seinen Rausch ausgeschlafen hatte.
    Bomben? Hier in Illinois? Wer konnte das getan haben?
    Darum also war das Hotel verlassen, darum also hatte er die tote Frau im Bett liegen sehen. Die Überlebenden hatten die Stadt verlassen.
    Die Überlebenden?
    Gary begann zu laufen, er wollte einen lebenden Menschen finden. Aber er fand nur Trümmer, ineinander verkeilte Fahrzeuge, einige Leichen – und eine Zeitung. Er hob sie auf und suchte nach einem Hinweis. Aber von Krieg stand nichts darin. Das Datum der Ausgabe war: 30. Juni, ein Mittwoch.
    Er ließ die Zeitung fallen und begann zu laufen. Er fand einen Wagen mit einem Radio.
    Fieberhaft versuchte er, eine Station zu bekommen, aber nur ein totes Summen kam aus dem Lautsprecher.
    Es wurde nicht mehr gesendet. Vielleicht geschah es aus taktischenGründen, um den Gegner keinen Hinweis zu geben. Gary ließ sich gegen die Polster fallen und überlegte.
    Technisch gesehen war er nichts anderes als ein Deserteur. Seine Abwesenheit von der Truppe mußte nach drei Tagen festgestellt worden sein. Er mußte also unbedingt eine militärische Dienststelle finden und sich zurückmelden. Aber wo? Vielleicht in Chikago. Züge würden nicht mehr fahren, denn die Bahnlinien wurden immer zuerst bombardiert, also mußte er einen Wagen finden. Und Schuhe.
    Und natürlich einige Lebensmittel.
    *       *
    *
     
    Corporal Gary saß auf dem Rand des Bürgersteigs und verzehrte seine Mahlzeit. In einem verlassenen Laden hatte er genügend Konserven gefunden. Da es kein Wasser gab, begnügte er sich mit Fruchtsaft und Sodawasser.
    Als er sich gesättigt fühlte, warf er die leeren Dosen weit hinaus auf die Straße, zog eine Packung Zigaretten aus der Tasche und zündete sich eine an.
    „Hol mich der Teufel!“ sagte er in den beginnenden Abend hinein.
    Das Auto stand nicht weit entfernt und wartete auf ihn. Das Radio war eingestellt und summte. Bis jetzt hatte es sonst noch keinen Ton von sich gegeben.
    Den ganzen Nachmittag hatte er damit zugebracht, die Stadt von einem Ende zum andern zu untersuchen. Sie schien von allen Menschen verlassen, und nur die Toten waren zurückgeblieben. Er dachte daran, daß sich vielleicht noch Lebende vor ihm versteckten, Plünderer und Mörder, aber er sah niemand. Außer ihm lebte keiner mehr in dieser Stadt, außer vielleicht jenem Hund, den er am Morgen gesehen hatte.
    Dann kam ihm plötzlich ein schrecklicher Gedanke.
    Er hatte bereits viele bombardierte Städte in seinem Leben gesehen, aber noch niemals eine so vollständig tote. Dabei fand er nicht allzuviel Bombenkrater. Sicher, es konnte eine Panik ausgebrochen sein, denn noch nie in der Geschichte war eine amerikanische Stadt bombardiert worden. Aber die vielen Toten, die in den Straßen herumlagen?
    „Gas! Natürlich, sie haben Gas geworfen!“
    Aber dann stockte er. Nein. Gas konnte es nicht gewesen sein, denn das hätte auch ihn im Hotel erwischt, selbst wenn er im dritten Stock wohnte. Er versuchte, einen fremdartigen Geruch zu entdecken, aber es war vergeblich. Außerdem hatte ja der Hund auch noch gelebt.
    Radioaktivität? Bakterien? Davon wußte er nicht allzuviel und konnte daher auch nicht bestimmen, welche dieser beiden Möglichkeiten in Betracht kam. Aber die vielen Toten? Wo kamen die her?
    Man müßte einen Geigerzähler haben!
    Aber woher sollte man einen bekommen? Und wenn es Bakterien waren, so konnte er auch nichts machen. Wenn seine Schutzimpfung ihm nicht half, war er verloren – falls es Bakterien waren.
    Er lebte noch, also war er immun. Er war der einzig Lebende in einer toten Stadt.
    Irgendwo wurde geräuschvoll eine Schaufensterscheibe zerschmettert. Er war also doch nicht der letzte Überlebende!
    Von links war das Geräusch gekommen, nicht weit entfernt. Für Sekunden verharrte er wie gebannt, dann aber sprang er auf und raste zu seinem Wagen. Dann aber dachte er an die Möglichkeit, daß er mit dem Geräusch des Motors den andern verscheuchen konnte, und er wollte endlich mal einen lebenden Menschen finden. Er ließ also das Auto stehen und lief vorsichtig weiter, dabei ständig nach allen Seiten Umschau haltend. Überall lagen Glasscherben, und es war unmöglich, zu bestimmen, welche soeben erst zerbrochen worden war.
    Er überquerte eine Kreuzung, und

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