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TS 04: Das endlose Schweigen

TS 04: Das endlose Schweigen

Titel: TS 04: Das endlose Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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Tür fand er frische Spuren. Sie konnten erst nach Beendigung des Schneefalls in der Nacht entstanden sein. Ihm fiel auf, daß sie viel kleiner waren als jene, die er draußen auf der Ebene gesehen hatte, und er wußte auch gleich, warum: sie waren von nackten Füßen verursacht worden.
    Er kroch noch einmal um das ganze Haus und hielt bei dem Kamin an, der eine merkliche Wärme ausströmte. Lauschend entdeckte er ein neues Geräusch, dessen Bedeutung ihm schon fast unbekannt war, das aber gute Erinnerungen in ihm wachrief: kochendes Wasser!
    Wer kochte sich da mitten in der Nacht ein Mahl? Wer zündete ein verräterisches Feuer an, und wer stellte sich barfuß in der Nacht vor ein Haus, ungeachtet der Tatsache, daß sein Körpergeruch vom Wind davongetragen wurde?
    Mit äußerster Vorsicht erhob er sich und preßte seine Nase gegen die Spalte eines geschlossenen Fensterladens. Wärme spürte er und roch das kochende Wasser und – seltsam – wieder jenen undefinierbaren Duft, der ihn an eine Welt erinnerte, die längst versunken war:
    Eine Frau und Parfüm!
    Plötzlich hörte er Geräusche von innerhalb des Hauses und ließ sich blitzschnell zu Boden fallen.
    Ganz langsam nur öffnete sich die Haustür, und er wußte, daß wieder die nackten Füße im Schnee standen. Ihr Besitzer würde vielleicht sogar ein wenig weiter hinausgehen als vorher, um einen besseren Überblick zu gewinnen. Der Jäger wußte, daß ihm das Wild gefolgt war, und er würde sich dementsprechend verhalten.
    Vorsichtig schob Gary sich der Hausecke zu, um etwas sehen zu können. Aus dem Gürtel zog er sein langes Messer. Er würde warten, bis seine Beute sich umdrehte, um ins Haus zurückzugehen, ehe er sie von hinten ansprang.
    Er sackte in sich zusammen. Die Tür war mit einem leisen Knacken geschlossen worden, und er hörte die Tritte nackter Füße auf Holzboden.
    Gary sprang auf .und eilte mit schnellen Sprüngen zur Tür, das Messer wurfbereit in der Hand. Er hielt es bei der Schneide, denn er beabsichtigte nicht, die Frau zu töten. Wäre es ein Mann gewesen, hätte er keine Sekunde gezögert …
    Er stieß die Tür auf und befand sich in dem einzigen Raum. Sie stand, mit dem Rücken zu ihm, dicht vor dem lodernden Feuer.
    Das Messer flog durch die Luft und traf mit dem harten Griff ihren Hinterkopf. Ohne einen Laut von sich zu geben, sank sie zu Boden.
    Er ging zu ihr, nahm das Gewehr auf und entfernte die Munition daraus. Dann löschte er das Feuer im Kamin mit dem Wasser, das kochend in einem Kessel darüber hing.
    Dann erst betrachtete er die am Boden liegende Frau. Ihre Kleider lagen säuberlich geordnet neben dem Kamin auf einem Schemel, darunter standen ihre Schuhe und ein großer schwarzer Sack, vollgepackt mit irgendwelchen unbekannten Dingen. Dieser Sack erregte seine Neugier wesentlich mehr als die Bewußtlose. Er nahm sein Messer vom Boden auf und schlitzte ihn auf.
    Die halbgefrorenen Reste eines Kaninchens kamen zum Vorschein. Er überlegte nicht lange, sondern schlug seine Zähne in das kalte, rohe Fleisch. Hastig verschlang er die Reste des Tieres und spürte, wie sein Magen das Knurren einzustellen begann. Dann suchte er weiter.
    Mit verdutzten Augen betrachtete er die Glassplitter, die er dann zutage förderte. Der halbe Sack war voll solcher Splitter, zum Teil säuberlich geschliffen und im Glanz des durch die übrigen Fenster scheinenden Schnees hell glitzernd. Oder war es kein Glas?
    Er ließ plötzlich das schimmernde Zeug fallen, bückte sich und drehte die Frau um, um sich ihr Gesicht genauer anzuschauen.
    Nach einer langen Zeit stand er auf, ging zur Tür und holte eine Handvoll Schnee herein. Damit rieb er ihre Wangen ein und beschleunigte somit den Wiederbelebungsprozeß. Er saß auf dem Holzboden, ihren Kopf auf seinem Schoß und massierte automatisch. Dabei begann er bereits, Pläne für eine gemeinsame Zukunft zu schmieden.
    Sie konnte ihm eine unschätzbare Hilfe beim Kampf ums Dasein bedeuten, oder würde es je einen besseren Lockvogel als sie geben, wenn es galt, Männer zu überlisten? Hatte sie das nicht selbst heute nacht bewiesen? Eine Idee, die zu überlegen wäre.
    Ihre Augen waren noch genauso blau wie damals, als sie ihn das erste Mal angestarrt hatten. Sie war sogar genauso erschrocken wie damals, als er sie beim Plündern des Diamantengeschäftes überraschte.
    Nur ihr Körper hatte sich in den vergangenen zehn Jahren erheblich verändert. Sie war größer und kräftiger geworden. Zehn Jahre

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