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TS 15: Der Unheimliche

TS 15: Der Unheimliche

Titel: TS 15: Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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mehr das lustige, unbekümmerte Mädchen, das er vor Jahren kennengelernt hatte. Sie saß auf seinem Schoß und hatte Sorgen – und Angst.
    „Nacheinander verlassen dich alle deine Freunde“, sagte Karen. „Erst Peter und jetzt Carnell. Ich brachte ihn in der Nacht, als er nach Tokio abflog, zum Flughafen.“ Ihre Stimme klang mutlos.
    „Sein Flugzeug fiel in den Pazifik“, sagte Paul verbittert. „Motorschaden.“
    „Und ich?“ sagte Karen leise und unterbrach sich.
    „Du wirst nach London geschickt.“
    „Wann muß ich fahren?“
    „Kommenden Montag.“
    „So bald schon?“ sagte sie traurig. „Dann haben wir nur noch vier Tage.“ Sie drehte den Kopf und sah ihm in die Augen. „Paul, ich möchte dir etwas sagen.“
    „Ich weiß es bereits.“
    „Ich werde es dir trotzdem sagen. Paul, ich weiß alles über dich. Alles.“
    „Wenn dir dein Leben lieb ist, sage das zu niemand anderem. Zu niemand, hörst du? Vor allem nicht hier in Washington.“
    „Ich werde schweigen, Paul. Jemand machte einen schweren Fehler, als er mich mit dir allein ließ, damals nach deinem – Unfall, als du im Bett lagst und schliefst. Ich hatte Zeit, mich im Zimmer umzusehen, und fand das Buch. Telekinetische Studien von Dr. Roy. Ich wußte, daß Dr. Roy nach Washington gekommen war. Zu Slater. Und mir ging ein Licht auf, warum man dich von der Außenwelt abschloß. Warum man dich wie einen fürstlichen Gefangenen hielt.“
    „Der Jemand, der den Fehler machte, kann gefährlich werden. Nimm dich in acht.“
    „Ich werde vorsichtig sein.“ Sie dachte einen Augenblick nach. Dann sagte sie: „Warum werde ich nach London geschickt?“
    „Damit wir voneinander getrennt werden, wie Peter und Carnell von mir getrennt wurden und wie auch Emily von mir getrennt worden wäre, wenn sie nicht von sich aus gegangen wäre, damals nach Peters Tod, der sie so hart traf, daß sie eine Woche im Krankenhaus liegen mußte.“
    „Peter weg, Mr. Carnell weg, Emily weg – und Karen im Begriff zu gehen“, fügte sie leise hinzu.
    „Du sollst nicht immer daran denken. Dadurch wird es nicht besser. Wir haben noch vier volle Tage – für uns.“
    „Nein“, widersprach Karen. „Wir werden immer beieinander sein, in unseren Gedanken …“

 
13. Kapitel
     
    Der leise Frühlingsregen hatte die Fahrbahn seifig und rutschig gemacht. Vorsichtig glitt der Packard über sie hinweg, spritzte das Wasser zur Seite, wenn die Räder durch eine Pfütze rollten. Ringsum dehnten sich die fruchtbaren Felder Marylands in ihrem ersten zarten Grün. Washington lag weit zurück, mehr als hundert Meilen.
    Der Wagen bog von der Asphaltstraße in einen Kiesweg ein. Er durchfuhr eine langgestreckte Kurve und hielt vor einer Schranke. Aus den Schilderhäusern beiderseits der Straße traten Militärpolizisten heran.
    „Ihre Pässe und Ausweise, bitte.“
    Paul reichte seine Papiere zum Fenster hinaus. Der MP-Mann studierte sie aufmerksam, verglich Pauls Gesicht mit dem Paßbild und reichte die Papiere zurück. Der zweite Posten kontrollierte den Fahrer.
    „Danke, Sir.“ Die beiden wandten sich den Männern auf dem Rücksitz zu. Nachdem sie abgefertigt waren, kniete sich der eine auf den Boden nieder und schaute unter den Wagen. Der andere forderte die Wagenschlüssel, überzeugte sich, daß der Kofferraum leer war, und gab die Schlüssel dem Fahrer zurück.
    „Danke, Sir. Sie können passieren.“ Er winkte mit der Hand, und die Schranke schwang in die Höhe. Der Packard fuhr an.
    Nachdem sie eine knappe Meile gefahren waren, kamen sie zu einer hohen Steinmauer mit einer zweiten Sperre. Die Zeremonie der Kontrolle wurde von vorn wiederholt. Als sie auch diese passiert hatten, sagte Paul: „Die müssen hier irgendwas versteckt halten. Ein Raketenschiff oder so was Ähnliches.“
    Der Fahrer grunzte nur und gab keine Antwort. Er und die beiden schweigenden Männer auf dem Rücksitz waren Fremde. Paul hatte sie nie zuvor gesehen. Seine alte Leibwache, die Telefonistinnen und das übrige Personal, waren in dem Haus am Columbia Pike zurückgeblieben.
    Die Straße führte durch einen dichten, schattigen Baumbestand. Dann tauchte der Packard unvermittelt wieder in den hellen Sonnenschein. Ringsherum erstreckte sich zarter grüner Rasen, und in dessen Mitte stand das Haus, das Paul über die Augen und Gedanken eines anderen bereits gesehen hatte. Ein prächtiger, dreistöckiger Herrensitz im Kolonialstil, ganz in weiß gehalten, mit einem Säulenvorbau. Paul

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