TS 16: Einer von Dreihundert
Fehler war, Morgan mitzubringen“, sagte ich, „dann habe ich ihn gemacht. Wir haben uns über diese Dinge schon auf der Erde unterhalten und konnten uns nicht einigen. Du dachtest, die Größten, Besten und Klügsten sollten mitkommen. Ich dachte …“
„Du hattest recht, Bill. Du solltest zehn ganz alltägliche anständige Menschen auswählen, und Morgan sah aus wie ein alltäglicher anständiger Mensch.“
Ich nickte, und wir sprachen nicht mehr über die Angelegenheit. Aber ich dachte weiter nach, während wir zu den anderen zurückgingen und ich mir ansah, was wir zu arbeiten hatten.
Die Katastrophe war eine großartige Gelegenheit gewesen, eine wirklich wertvolle Gemeinschaft aufzubauen. Auf der Erde hatten wir immer die Ausrede gehabt, daß wir nicht die Verbrecher, die Geistesgestörten, die Psychopathen und die Charakterlosen ausrotten konnten. Als das Unglück geschah, hatten wir Leutnants die große Gelegenheit gehabt. Wir konnten einfach die Verbrecher, die Geistesgestörten und die Charakterlosen ignorieren und dafür sorgen, daß wir, wenn wir auch keine Heiligen waren, doch wenigstens die schlimmsten Sünder ausgemerzt hatten. Anscheinend hatte ich diese Gelegenheit verpaßt.
15. Kapitel
Im großen und ganzen ging alles recht gut. Es lohnt nicht, alle Arbeiten aufzuzählen, die die Gruppe 94 leistete; es waren ihrer zu viele, und wir sahen selten etwas von dem, was wir eigentlich taten. Es war schade, daß die Arbeitsgruppen nicht mehr an der Planung teilnehmen und einen Überblick darüber gewinnen konnten, was mit ihrer Hilfe geleistet wurde. Es arbeitet sich besser, wenn man ein festes Ziel vor Augen hat.
Aber für Erklärungen war keine Zeit. Es gab lange, schwere Arbeitstage, ohne daß ein sichtbarer Fortschritt erzielt wurde, und heiße, stickige, unruhige Nächte in einem Korridor der Forschungsstation.
Die Nächte waren schlimmer als die Tage. Bezüglich der Temperatur gab es keinen goldenen Mittelweg. Draußen war Frost, und drinnen bemühte sich das für 7000 Menschen erbaute Ventilationssystem vergeblich, für die dreifache Anzahl frische, reine und kühle Luft zu liefern.
Wir schliefen getrennt. Sammy und Harry Phillips lagen in einem der Anbauten mit nicht weniger als achtundneunzig anderen alleinstehenden Männern. Bessie schlief in einem und Jim in einem anderen Kinderschlafsaal. Leslie und ich, die Stowes und drei andere Ehepaare bewohnten zusammen einen kleinen Raum, der einst Lesezimmer gewesen war. Betty und Morgan schliefen mit fünf anderen Ehepaaren irgendwo in einem anderen kleinen Raum.
Ich fragte mich manchmal, wie wohl die Angestellten der Forschungsstation, die schon vor der Katastrophe dagewesen waren, über diese Invasion dachten. Damals traf ich selten einen von ihnen, den ich hätte fragen können, und wenn ich einen traf, so wußte ich es nicht. Denn wir waren ja nun alle nichts als ein Paar Hände und ein schmerzender Rücken, ob wir nun im Raumschiff oder im Rettungsschiff gekommen oder schon vorher dagewesen waren.
Die Hauptschwierigkeit bezüglich der Wohnungsfrage war die, daß die Verhältnisse keine provisorischen Bauten zuließen. Zelte und Baracken würden die Stürme fortblasen. Leicht gebaute Häuser waren hier so leicht, daß kein starker Wind dazu gehörte, sie von der Marsoberfläche wegzuwehen. Beim Hausbau waren tiefe, starke Fundamente die erste Voraussetzung. Weiter unten gab es Lehm, aber die Oberfläche bestand aus rieselndem Sand oder feinem Staub.
Die Leute, die schon länger da waren als wir, sagten, das Wetter beginne sich nun tatsächlich zu beruhigen. Wenn es auch fast jeden Tag regnete, so war der Regen doch wenigstens einigermaßen sauber.
Bald sah ich den Grund ein, weshalb fast jeder das einfache, einteilige Kleidungsstück trug. Es war an meinem ersten Tag im Freien.
Leslie und ich überprüften die Lagervorräte. Plötzlich regnete es. Ich hielt Ausschau nach einem schützenden Dach.
„Man stellt sich auf dem Mars nicht unter, wenn es regnet“, belehrte mich Leslie. „Nur vor dem Wind suchen wir Schutz.“
Zweifellos waren wir, bevor wir uns hätten unterstellen können, schon so naß, daß es nicht mehr darauf ankam. Ich wunderte mich, warum ich so schnell derartig naß wurde, und dann verstand ich es. Ich sah Leslie fragend an.
Sie nickte. „Ja, der Regen ist oft fast horizontal.“
Bei nur zwei Fünfteln der Erdschwerkraft und fast der gleichen Windgeschwindigkeit fiel der Regen nicht von oben herab,
Weitere Kostenlose Bücher