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TS 16: Einer von Dreihundert

TS 16: Einer von Dreihundert

Titel: TS 16: Einer von Dreihundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. McIntosh
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sie ihr Baby nicht bekommen dürfe, sonst werde er es töten. Sie hatte geweint, gebettelt und geschrien, aber er hatte sie geohrfeigt, bis sie still war. Er hatte sie gefragt, ob sie wisse, wie man eine Fehlgeburt herbeiführe. Sie hatte es nicht gewußt.
    Er hatte sie zu Boden geworfen, sich auf ihre Brust gesetzt und ihren Leib mit einem runden Stein bearbeitet. Betty wußte nicht, wie lange das gedauert hatte. Sie war wohl eine Weile bewußtlos gewesen, aber als sie zu sich kam, schlug er sie immer noch mit dem Stein. Schließlich sagte er: „Das wird wohl genügen“, warf den Stein fort und ließ sie aufstehen, als sie dazu imstande war.
    „Aber warum, Betty“, fragte Leslie. „Hat er gesagt, warum?“
    Mit einem neuen Tränenstrom schluchzte Betty: „Er hat gesagt, er will Aileen Ritchie haben. Er sagt, er will mich und mein Kind nicht am Halse haben. Nun werde ich es verlieren und …“
    „Das wirst du nicht“, sagte ich, „solange du dich vor Morgan hütest.“
    Ihre Tränen versiegten plötzlich. „Ich werde mein Kind nicht verlieren?“ fragte sie ungläubig.
    „Ich glaube es nicht. Morgan versteht überhaupt nichts davon – zum Glück. Geh ihm aus dem Wege, und du wirst dein Kind behalten.“
    „Aber ich kann ihm nicht aus dem Wege gehen. Ich liebe ihn.“
    Ich wußte es und seufzte: „Dann sieh zu, daß er keine Gelegenheit mehr hat, so etwas zu tun.“
    Betty sah fast glücklich aus. „Dann können wir die Sache einfach vergessen?“ fragte sie hoffnungsvoll.
    Leslie warf mir einen Blick zu. „Nein, Betty“, sagte ich traurig. „Wir können es nicht vergessen. Wenn ein Mann einer Frau so etwas antut, geht es alle an.“
    „Bitte“, flehte Betty, „laß Morgan und mich …“
    „Nein, Betty“, wiederholte ich geduldig. „Willst du, daß Morgan dich und das Baby umbringt?“
    Als Morgan an diesem Abend erschien und sein bezahlter Vertreter gegangen war, rief ich die ganze Gruppe in dem Rohbau des Hauses zusammen, das wir gerade errichteten. Es war keine dramatische Szene. Ich sagte ihnen einfach, was bevorstand und warum. Morgan wurde aschfahl und versuchte fortzulaufen, aber Sammy war schneller als er.
    Ich zwang Betty, allen zu zeigen, was Morgan ihr angetan hatte. Es mußte sein, denn Betty war imstande, später abzuleugnen, daß Morgan sie jemals angegriffen hatte. Nachdem alle ihrer Empörung Ausdruck gegeben hatten, forschte ich in Morgans Gesicht nach irgendwelchen Zeichen von Reue. Aber er zeigte nichts als Furcht.
    Ich verlangte von den anderen nicht, dabeizubleiben, als ich Morgan auspeitschte. Nur Sammy blieb.
    Bei jedem Schrei, den Morgan ausstieß, zogen sich mir die Eingeweide zusammen. Ich verstand nicht, daß es jemandem Vergnügen machen konnte, anderen Menschen wehzutun. Mich machte es krank.
    Ich mußte mir ständig vor Augen halten, wie ich auch zu Morgan wieder und wieder gesagt hatte, daß dies keine Strafe für das Vergangene, sondern eine Warnung für die Zukunft war. Wenn er sich wieder wie ein Vieh benehmen wollte, mußte er sich überlegen, ob es sich lohnte, dafür nachher halbtot geschlagen zu werden.
    Als es vorbei war, stöhnte und heulte Morgan zu gleicher Zeit. Ich konnte es ihm nicht verdenken, denn er hatte soviel bekommen, wie er vertragen konnte.
    „Wenn du noch ein bißchen weitergemacht hättest“, sagte Sammy, „wäre er vielleicht so fertig gewesen, daß er sich das Leben genommen hätte.“
    Ich starrte ihn überrascht an.
    „Das wäre doch viel besser gewesen“, sagte Sammy verdrießlich. „Morgan wird nie zu irgendwas nutze sein.“
    Bald darauf wurden die Leutnants zusammengerufen, um über einige wichtige Fragen abzustimmen. Ohne Zweifel war es an der Zeit, daß eine ordnungsgemäße Regierung gebildet wurde.
    Es war eine große Versammlung mit fast zweitausend Teilnehmern, die in dem großen Saal der Forschungsstation und Dutzenden von anderen Räumen stattfand.
    Als erstes stimmten wir Leutnants dafür, unserer Posten enthoben zu werden. Manche von uns hatten sowieso längst genug davon. Wir hatten wenig Macht und viel zusätzliche Arbeit. Manche fanden, daß sie zwar zum Kommandanten eines Rettungsschiffs, aber nicht für ihre jetzige Aufgabe geeignet waren. Es wurde beschlossen, daß für den Moment die Rettungsschiffmannschaften zusammenbleiben sollten, aber daß jede sich ein neues Oberhaupt zu wählen habe. In der gleichen Weise sollten die Besatzungen der großen Schiffe und die Mitglieder der ursprünglichen Kolonie ihre

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