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TS 16: Einer von Dreihundert

TS 16: Einer von Dreihundert

Titel: TS 16: Einer von Dreihundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. T. McIntosh
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schien halb Winant in einer schwarzen Wolke über die Ebene zu fegen – hilflose Tiere, Männer und Frauen, die verzweifelt nach einem Halt suchten, Steine, Kleidungsstücke und Tausende von kleinen Gegenständen, die ich nicht erkennen konnte. Während ich beobachtete, wurde die ganze schwarzeWolke auf den Boden geschmettert, zerstob wie ein bombardiertes Haus und raste in Dutzende von kleinen Wölkchen aufgelöst weiter.
    Ein Jüngling, der anscheinend den Verstand verloren hatte, flog, die Arme graziös auf- und abschwingend wie Flügel, mit ekstatischem Lachen vorbei, als hätte er das Geheimnis des Vogelfluges entdeckt.
    Aus der Richtung von Winant sah ich drei Menschen in meiner Nähe wie Akrobaten in einer Grotesknummer über das Feld heranrollen. Ich zuckte zusammen, als ich in einem Moment klarer Sicht in der mittleren Gestalt Aileen Ritchie erkannte. Staub blendete meine Augen sekundenlang. Als ich wieder sehen konnte, waren zwei von den drei Menschen verschwunden, aber Aileen klammerte sich an das gleiche Felsenriff wie ich, vierzig Meter von mir entfernt. Als ich sie sah. verlor sie fast ihren Halt. Sie schien verletzt zu sein, was mich nicht überraschte.
    Menschen, die ich nicht kannte, hatte ich ignorieren können wie Marionetten in einer wilden Tollhausszene. Aber mochte es auch ein Wahnsinn sein, mich von meinem verhältnismäßig sicheren Platz wegzubewegen, ich mußte doch versuchen, einem Menschen zu helfen, den ich kannte. Ich begann, mich zu Aileen hinzuarbeiten.
    An zwei Stellen war der Fels gebrochen, und der Wind pfiff durch die Lücken. Wie ich sie überquerte, weiß ich nicht genau. Bestimmt bin ich nicht gegangen, und ich bin auch nicht gekrochen. Ich muß mich wohl einfach hinübergeworfen und nach dem Felsen gegriffen haben.
    Ich erreichte Aileen und hielt sie fest. Ich hatte sie oft gesehen und ihr zugenickt, aber außer den wenigen Worten im Krankenhaus hatte ich nie mit ihr gesprochen.
    „Danke“, keuchte sie, „ich hätte es nicht viel länger ausgehalten.“
    „Kommen Sie fünf Meter weiter zurück“, sagte ich. „Da ist ein sicherer Platz für uns beide.“
    Wir schafften es mit Mühe. Der Fels hatte hier einen Spalt, in den wir uns beide hineinzwängen konnten. Wir standen Brust an Brust wie zwei Tänzer im Ballsaal. Aileen konnte sich etwas gegen den Felsen zurücklehnen. Die Situation schien ihr ziemlich peinlich zu sein, während ich an so etwas überhaupt nicht dachte.
    „Wo sind Sie verletzt?“ fragte ich.
    „Am Arm, an der Seite und am Kopf“, sagte sie.
    Ich sah nach, aber die Verletzungen waren nicht schwer, selbst die fünfzehn Zentimeter lange klaffende Wunde in ihrer Seite bedeutete nicht viel, wenn man bedachte, daß ringsherum Hunderte von Menschen zermalmt wurden.
    „Was ist aus den anderen von Gruppe 92 geworden?“ fragte ich.
    „Sie sind in Sicherheit. Nur ich habe es nicht mehr ganz geschafft. Wie ist es mit Ihrer Gruppe, Leutnant Easson?“
    „In der Grube“, sagte ich. „Ich glaube. Aileen, unter den Umständen könnten Sie mich Bill nennen.“
    Sie lächelte. „Ich glaube auch, Bill. Wie lange wird das wohl noch dauern?“
    „Ich habe noch nie so etwas erlebt und kann es nicht beurteilen. Ich hätte gedacht, es müßte längst vorüber sein.“
    Aber stattdessen hüllte uns plötzlich eine Staubwolke ein, wie wir noch keine gesehen hatten. Wir schlossen die Augen, nicht nur um sie zu schützen, sondern weil wir sowieso nichts sehen konnten.
    Der fliegende Staub und Sand durchdrang unsere Haut wie Tausende von feinen Nadeln. Ich fühlte einen scharfen Schmerz im Nacken, der mit Sandkörnern wie mit Schrotkugeln beschossen wurde. Als ich mit der Hand hinfaßte, klebte Blut an meinen Fingern.
    Dann peitschte und hämmerte Regen auf uns ein.
    Aileens Stimme kam wie aus großer Entfernung. „Haben Sie etwas dagegen, wenn ich …?“ Sie schlang ihre Arme um mich.
    „Ich habe bestimmt nichts dagegen“, sagte ich und drückte sie fest an mich.
    Nach wenigen Sekunden waren wir durchnäßt; das Wasser troff uns von den Schultern bis zu den Knöcheln hinunter.
    Aileen weinte.
    Der Regen dauerte nur etwa zwei Minuten. Dann änderte sich der Charakter des Windes. Er kam in plötzlichen, unglaublich heftigen Stößen, denen verhältnismäßig ruhige Pausen folgten.
    Aileen gewann endlich ihre Fassung zurück. Sie drückte sich immer noch an mich und warf mir einen kurzen, beschämten Blick zu.
    „Machen Sie sich nichts draus“, sagte ich. „Sowas

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