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TS 30: Die Söhne der Erde

TS 30: Die Söhne der Erde

Titel: TS 30: Die Söhne der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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seine Faust zielte nach der Adlernase. Maclarens Kopf wich zur Seite. Seine Hände kamen, hoch, packten Sverdlovs Arm und nahmen ihn in einen Hebelgriff. Sverdlov keuchte, riß sich unter Anstrengung aller seiner Kräfte los und holte zu einem zweiten Schlag auf Maclarens Brustkorb aus. Maclaren stoppte die Faust mit einem Handkantenschlag auf das Gelenk; fast glaubte Sverdlov, den Knochen krachen zu hören. Sverdlov hob den linken Arm und Maclaren trat ihn in den Magen. Der Krasnier krümmte sich, und Maclaren versetzte ihm einen Nackenschlag. Sverdlov sackte auf ein Knie. Maclaren trat ihm die Fußspitze in den Solar Plexus. Sverdlov kippte nach vorn über und schlug hart auf dem Boden auf.
    Durch das kreisende Dunkel um ihn hörte er den Erdmann: „Packen Sie mal mit an, Dave.“ Er spürte, wie er über den Fußboden geschleift, auf eine Koje gewälzt und dort angeschnallt wurde.
    Sein Denkvermögen kehrte zurück. Schmerzen brannten in seinem Körper. Er versuchte, sich aufzurichten. „Das war eine schmutzige Art zu kämpfen“, krächzte er durch angeschwollene Lippen.
    „Ich prügele mich nicht gerne“, erwiderte Maclaren von seiner Koje. „Ich wollte es so schnell wie möglich hinter mir haben.“
    „Sie …“ Der Krasnier hob schwer die Arme und arbeitete an seinen Gurten. „Ich gehe jetzt hoch zu Nakamura. Wenn Sie mich diesmal abhalten wollen …“
    „Es ist zu spät, Bruder Sverdlov“, sagte Maclaren kühl. „Was immer es war, was Sie verhindern wollten, es ist geschehen und läßt sich nicht mehr rückgängig machen.“
    Die Worte trafen ihn wie ein Fausthieb.
    „Es ist … ja“, murmelte der Ingenieur. „Zu spät.“ Wie ein Schrei brach es aus ihm heraus. „Für uns alle ist es zu spät!“
    „Beruhigen Sie sich“, entgegnete Maclaren. „Offen gesagt, Ihr Benehmen ist keineswegs geeignet, besonderes Vertrauen in Ihr Urteilsvermögen zu wecken.“
    Es polterte im Schiff. Das durfte nicht sein, dachte Sverdlov. Selbst bei voller Motorenleistung sollte kein Geräusch zu hören sein. Schweißtröpfchen prickelten auf seiner Haut. Zum erstenmal in seinem Leben wurde ihm so richtig bewußt, daß er sterben könnte.
    „Es tut mir leid, daß ich Sie vorhin beleidigt habe“, sagte Maclaren. „Ich mußte Sie zurückhalten, aber jetzt entschuldige ich mich.“
    Sverdlov gab keine Antwort. Er starrte empor zu der kahlen Decke über ihm. Seltsam, das erste Gefühl, nachdem seine Wut verraucht war, war das einer überwältigenden Trauer. Jetzt würde er niemals erleben, wie Krasna frei wurde.

 
8. Kapitel
     
    Stille und Gewichtslosigkeit herrschten. Aus Gründen, über die er sich selber nicht klar war, hatte Maclaren die Leuchtröhren im Beobachtungsdeck abgedämpft, so daß die wissenschaftlichen Geräte auf den Regalen und Bänken im Zwielicht wie eine Herde langhalsiger Ungeheuer aussahen. Der stählerne Glanz der Sterne kam ungehindert durch die Fensterluken.
    Maclaren sah die Sonne draußen vorbeihuschen. Die exzentrische Kreisbahn führte die Kreuz in siebenunddreißig Minuten einmal um die Dunkelsonne. Hier, bei größter Annäherung, waren sie nur noch eine halbe Million Kilometer entfernt, und die Sonne besaß den scheinbaren Durchmesser dreier Vollmonde. Ihr Umriß war merkwürdig verschwommen: in der Mitte absolute Schwärze, die an den Rändern zu einem tiefen Grau überwechselte, wo das Licht der Sterne eine Atmosphäre aufhellte, die brutaler zusammengepreßt war als das Wasser im tiefsten Abgrund der irdischen Ozeane. Durch das Teleskop waren Streifen und Flecken erkennbar und eine Andeutung von Farbe, zu schwach, um mit bloßen Augen unterschieden zu werden … als wanderten die Geister längst verloschener Feuer noch immer über ihre Oberfläche.
    Die Stille war wie ein dickes Tuch.
    Nakamura kam von seiner Kanzel herunter. Er hing in der Luft und wartete.
    „Nun?“ fragte Maclaren.
    „Sverdlov ist immer noch draußen und schaut sich den Schaden an. Er will nicht zugeben, daß keine Hoffnung mehr besteht.“
    „Das werde ich auch nicht“, sagte Maclaren.
    „Im Grunde genommen ist die ganze Anlage zerstört. Dreißig Meter fehlen total, der Rest ist beschädigt, zerschmolzen, bis zur Unkenntlichkeit verbogen … ein Wunder, daß die Beschleuniger noch so lange funktionierten, bis ich eine Umlaufbahn gefunden hatte.“ Nakamura lachte höflich. Maclaren dachte für sich, daß dieses hohe, Entschuldigung heischende Lachen auf die Dauer schwer zu ertragen sein würde.

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