TS 35: Die Waffenhändler von Isher
Unsere Geschichte ist einfach. Sie haben Pech gehabt und all Ihr Geld beim Kartenspiel verloren.“ Er lachte und stand auf. „Mehr Glück das nächste Mal.“
Die anderen beiden Männer erhoben sich ebenfalls, und die drei verschwanden hinter der Tür zur vorderen Cocktail-Bar. Cayle blieb bekümmert in seinem Stuhl hocken.
Mit geschlossenen Augen versuchte er, sich seine Ankunft in der Kaiserlichen Stadt zu vergegenwärtigen. Seine erste Nacht dort, von der er sich so viel erwartet hatte, würde er jetzt auf der Straße zubringen müssen …
Er konnte nicht stillsitzen. Dreimal durchwanderte er das Schiff und grübelte dabei verzweifelt über seine Lage. Und zerbrach sich dabei den Kopf, wieso die drei gerade auf ihn als Opfer verfallen waren. Vor einem der großen Energiespiegel blieb er stehen und betrachtete seine blutunterlaufenen Augen. Und plötzlich sah er das Mädchen aus dem Waffenladen. Sie ging hinter ihm vorbei, doch der Blick, mit dem sie ihn streifte, verriet kein Zeichen des Erkennens, und er hatte nicht das Herz, ihr zu folgen.
Müde ließ er sich in einen Stuhl sinken, fast gleichzeitig mit einem Mann, der am Nebentisch Platz nahm. Der Mann trug die Uniform eines Obersten in Ihrer Kaiserlichen Majestät Armee und war so betrunken, daß er sich kaum noch aufrecht halten konnte. Wie es ihm überhaupt gelungen war, bis zu seinem Sitz vorzudringen, war Cayle schleierhaft. Er schien gemerkt zu haben, daß Cayle ihn betrachtete, denn er wandte den Kopf und musterte Cayle blinzelnd.
„Kleiner Spion, was?“ Seine Stimme wurde lauter. „Steward!“
Einer der Kellner kam herbeigeeilt. „Ja, mein Herr?“
„Den besten Wein für meinen Schatten und mich.“ Der Offizier winkte Cayle zu. „Können sich genauso gut hierher setzen.“ Sein Ton wurde vertraulich. „Ich trinke, wissen Sie. Ich habe versucht, es vor der Kaiserin zu verbergen. Sie sieht’s nicht gern.“ Er schüttelte den Kopf. „Nein, sie sieht’s gar nicht gern. Na, worauf warten Sie noch?“ rief er mit erhobener Stimme. „Kommen Sie endlich her.“
Cayle folgte hastig der Einladung, den betrunkenen Narren innerlich verfluchend. Aber vielleicht hatte diese Begegnung auch ihr Gutes. Das Mädchen aus dem Waffenladen hatte gemeint, er solle versuchen, bei der Kaiserlichen Armee unterzukommen. Vielleicht konnte ihm dieser Oberst dabei behilflich sein, ihm zumindest ein paar gute Tips geben, und dann wäre der Verlust seines Geldes schon nicht mehr so schlimm.
Er nippte an seinem Wein und ließ ergeben den Wortschwall unzusammenhängender Vertraulichkeiten über sich ergehen, mit dem der andere ihn überschüttete. Der Name seines Gegenübers war Laurel Medlon. Oberst Laurel Medlon, wie er Cayle ausdrücklich zu verstehen gab. Vertrauter der Kaiserin, Intimus der Palastbewohner, Vorsteher eines Steuerdistrikts.
„Und ein verdammt guter außerdem“, sagte er mit Nachdruck.
Er grinste Cayle hämisch an. „Sie möchten wohl auch gern Ihren Schnitt machen, wie?“ Er stieß auf. „Na schön, kommen Sie morgen in mein Büro.“
Seine Stimme wurde undeutlich und verlor sich in einem Murmeln. Als Cayle ihm eine Frage stellte, nuschelte er, daß er in die Hauptstadt gekommen war „… als ich so alt war wie Sie. Junge, war ich damals noch grün.“ Die neuerliche Verärgerung, die ihn bei der Erinnerung überkam,ließ ihn zittern. „Sie wissen schon, diese verdammten Bekleidungsmonopole schicken verschiedene Arten von Stoffen aufs Land. Man erkennt seinen Mann schon an dem Anzug, den er trägt. Na, und ich wurde sehr schnell erkannt …“
Seine Stimme verlor sich in einer Reihe von Flüchen, und sein Ärger übertrug sich auf Cayle.
Also das war der Grund – seine Kleider! Nun, es war gut, das zu wissen, selbst zu dieser späten Stunde.
Der Oberst bewegte sich unruhig, und Cayle kam auf seine Frage zurück. „Aber wie sind Sie in die Armee gekommen? Und wie wurden Sie Offizier?“
Es dauerte etwas, bis Cayle die Antwort auf seine Frage bekam. „Fünftausend Kredit hab ich für mein Patent bezahlt – ein Verbrechen …“ Er schwatzte ein paar unverständliche Worte und fuhr dann klarer fort: „Die Kaiserin besteht darauf, sie kostenlos abzugeben. Verdammter Unsinn. Ich habe schließlich auch blechen müssen.“
„Sie meinen“, erkundigte sich Cayle, „im Moment kann man ein Patent auch ohne Geld bekommen? Meinen Sie das?“ In seinem Eifer packte er den anderen am Ärmel.
Die halbgeschlossenen Augen des Offiziers
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