TS 43: Der Zauberer von Linn
sehr wohlvorbereitet an, aber er verstand den Sinn nicht. Es sah nach einer weiten Reise aus.
„Wohin fliegen wir? Zu den äußeren Monden?“
„Das kann ich dir noch nicht sagen.“ Clane stand auf. „Genug jetzt. Du hast deine Instruktionen. Ich selbst habe noch eine wichtige Aufgabe in Linn zu erledigen. Du hast eine Woche Zeit, deine Armee zu verladen. Nach Ablauf dieser Frist muß alles zum Abflug bereit sein. Und noch eins: wenn dein gesunder Verstand in dieser Zeit die Oberhand gewinnen sollte, dann bringe die Kugel mit an Bord.“
Czinczar starrte ihn an.
„Du unterliegst zu sehr deinen Gefühlen“, lächelte er. „Es wird immer Intrigen geben. Das liegt in der menschlichen Natur. Jeder, der dieses ungeschriebene Gesetz nicht beachtet, wird untergehen und von der Zeit vergessen. Nimm dich in acht, Clane!“
Und automatisch fügte er hinzu:
„Ich habe die Kugel nicht.“
8. Kapitel
Der Pfeil kam aus der Dunkelheit der Nacht, schwirrte dicht über Clanes Kopf hinweg und traf einen Posten in die Schulter.
Der Mann schrie überrascht auf, griff nach dem Schaftende und versuchte, den Pfeil aus der Wunde zu ziehen. Die anderen Soldaten sprangen auf und liefen auf den Schützen zu, der keine Anstalten machte, ihnen zu entkommen. Sie ergriffen ihn und brachten ihn näher zum Feuer.
„Es ist eine Frau!“ rief jemand erstaunt. Der Posten, dem es endlich gelungen war, den Pfeil aus der harmlosen Fleischwunde zu ziehen, fluchte darob um so wütender.
„Laßt mich los!“ schrillte nun die helle Stimme des Attentäters.
„Ich will Lord Clane sprechen.“
Clane erkannte die gepflegte Sprache der gebildeten Schicht von Linn. Die Neugierde überwand seinen Ärger über den Versuch, ihn zu ermorden. Die Soldaten hatten die Frau inzwischen zu ihm gebracht. Sie leuchteten mit Fackeln.
Es war ein Mädchen, nicht älter als achtzehn.
„Wer bist du?“
„Ich gebe Ihnen hier vor den Männern keine Antwort“, entgegnete sie und schüttelte die Hände ihrer Bezwinger ab.
„Deinen Namen will ich wissen.“
Sie zögerte. Dann hauchte sie:
„Madelina Corgay.“
Ein alter und berühmter Name in Linn, wußte Clane sofort. Generale und Patrone hatten diesen Namen getragen. Der Vater dieses Mädchens war vor einem Jahr auf dem Mars im Kampf gegen die Rebellen gefallen. Er konnte sie unmöglich so bestrafen, wie es bei weiblichen Attentätern üblich war. Diese wurden meist den Soldaten übergeben. Morgen würde der neue Lordführer Calaj in die Stadt einziehen. Wenn er von der Sache erfuhr …
„Nehmt sie mit“, befahl er. „Es darf ihr nichts geschehen. Ich werde sie ausfragen, wenn wir unser Ziel erreicht haben.“
Niemand murrte. Man setzte sich wieder in Marsch.
*
Seit der Eroberung des Riss-Schiffes waren einige Wochen vergangen, bereits sechs Monate seit dem Sieg über die Barbaren. Die Gefahren, fast vergessen, wurden von Clanes Gegnern als übertrieben hingestellt, um seine Position zu schwächen.
Seine Freunde hingegen planten in dieser Nacht, ihn noch vor der Ankunft des neuen Lordführers in das Amt des verstorbenen Jerrin zu erheben. Clane hatte von diesen Absichten erfahren und kam nun in der Nacht nach Linn, um den Staatsstreich zu verhindern.
Die heimliche Versammlung tagte im Palast des Patron Saronatt. Clane versuchte, seinen Freunden klarzumachen, daß seine Machtergreifung ungesetzlich sei und außerdem unklug. Er habe die Aufgabe, das Reich gegen den Angriff der Riss vorzubereiten und somit keine Zeit für die Geschäfte des Lordführers, der sich nur mit Intrigen und dergleichen abzugeben habe.
Sie antworteten ihm heftig und mit scharfen Vorwürfen. Nur er sei in der Lage, die Regierung zu übernehmen und das Reich zu halten. Es waren fast die gleichen Argumente, die auch Czinczar hervorgebracht hatte.
Es war bereits drei Uhr morgens, als sich einer der Patrone erhob und sagte:
„Ich wurde eingeladen, die Gruppe hinter Lilidel zu unterstützen. Ich werde das Angebot nun annehmen. Clane ist ein Feigling und überläßt uns der schwachen Hand eines Knaben.“
Das war der Beginn.
Die Ratten verließen das scheinbar sinkende Schiff. Einer nach dem anderen gingen sie. Als Clane gegen vier Uhr versuchte, seine Absichten zu erklären, waren nur noch wenige Männer anwesend, meist Offiziere, die mit ihm gegen Czinczar gekämpft hatten. Kurz und sachlich machte er ihnen klar, wann mit dem Angriff der Riss zu rechnen sei. Seinen eigentlichen Plan aber behielt er
Weitere Kostenlose Bücher